Neue Studie: Warum sich Kaffeetrinken in den Morgenstunden am meisten lohnt

Kaffeeliebhaber:innen profitieren von einem Gesundheitsschub – aber nur, wenn sie die schmackhafte, braune Brühe vormittags trinken. Warum es auf den richtigen Zeitpunkt ankommt, erklärt diese Kolumne.

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Draufsicht: Vor mittelblauen Hintergrund alter schwarzer Wecker links, daneben eine weiße Kaffeetasse, die gefüllt ist mit schwarzem Kaffee.

Hallo, sind Sie schon richtig wach? Hat Ihnen der morgendliche Kaffee mit einer Portion Koffein – so wie mir – heute dabei geholfen? Dann habe ich eine gute Nachricht für Sie: Menschen, die ihren Kaffee am Vormittag genießen, profitieren offenbar von großen gesundheitlichen Vorteilen.

Was wurde dem beliebtesten Getränk in Deutschland in der Vergangenheit nicht alles angehängt: Kaffee entziehe dem Körper Wasser, Kaffee verursache Herz-Krankheiten, Kaffee sei grundsätzlich ungesund. Nichts von dem stimmt – sofern Sie es mit der Menge nicht übertreiben: Maximal 400 Milligramm Koffein am Tag empfiehlt die Wissenschaft Erwachsenen.

Eine große Studie hat nun erstmals Auswirkungen des beliebten Getränks zu verschiedenen Zeitfenstern untersucht. Konkret verglichen die Wissenschaftler:innen diejenigen, die nur vormittags zu zum Kaffeebecher griffen mit jenen, die den Kaffee über den Tag verteilt konsumierten. Dafür wertete das Forscherteam Daten von mehr als 40.000 Erwachsenen in den USA über einen Beobachtungszeitraum von zehn Jahren aus.

Warum vormittags die beste Zeit für den Kaffeegenuss ist

Das Ergebnis: Um den größten Nutzen aus Ihrem Kaffeegenuss zu ziehen, sollten Sie diesen vor die Mittagsstunden legen. Kaffee nur vormittags ist gesünder, als wenn Sie diesen über den ganzen Tag verteilt trinken, schreiben die Forschenden im European Heart Journal.Jede Tasse zwischen 4 Uhr und 11:59 Uhr zählt dabei zum Vormittag.

Die gute Nachricht zuerst: Im Vergleich zu Menschen, die gar keinen Kaffee zu sich nahmen, hatten morgendliche Kaffeetrinker:innen ein um 31 Prozent geringeres Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben. Auch lag in dieser Gruppe das Sterberisiko insgesamt („all-cause mortality risk“) um 16 Prozent unter dem von Kaffee-Abstinenten.

Unerheblich war laut der Studie, ob die die Kaffee-Trinker:innen nur zwei bis drei Tassen oder mehr genossen. Der gesundheitliche Nutzen war jedoch geringer für diejenigen, die morgens nur eine Tasse tranken.

Und jetzt die schlechte Nachricht für diejenigen unter Ihnen, die gern den ganzen Tag lang zum Koffein greifen: Die Ganztags-Kaffeetrinker:innen hatten das gleiche Risiko wie jene, die komplett auf das koffeinhaltige Getränk verzichteten.

Wie die Uhrzeit unsere Gesundheit beeinflusst

„Es ist nicht nur wichtig, ob und wie viel Kaffee Sie trinken, sondern auch, zu welcher Tageszeit Sie Kaffee trinken“, sagte Prof. Lu Qi, Ernährungsepidemiologe an der Tulane University in New Orleans in einer Pressemitteilung. „Normalerweise geben wir in unseren Ernährungsratschlägen keine Ratschläge zum Zeitpunkt des Kaffeetrinkens, aber vielleicht sollten wir in Zukunft darüber nachdenken.“

Aber warum ist der Zeitpunkt so entscheidend? Eine mögliche Erklärung ist, dass das spätere Kaffeetrinken unseren natürlichen 24-Stunden-Rhythmu -den zirkadianen Rhythmus - und den Spiegel von Hormonen wie Melatonin stören kann. Dies wiederum wirkt sich auf Schlaf, auf Entzündungsprozesse und Blutdruck aus, was wiederum der Herzgesundheit schaden kann.

In einem begleitenden Leitartikel des European Heart Journals weist Thomas Lüscher, ein Zürcher Kardiologe, darauf hin, dass viele Menschen, die den ganzen Tag Kaffee trinken, schlecht schliefen. Mir geht es da nicht anders, wenn ich einmal zu spät noch einen Kaffee schlürfe. Denn: Kaffee scheint Melatonin zu unterdrücken – und das Hormon ist wichtig, um unser Gehirn auf Schlaf einzustellen.

Trinken Sie also Ihren Kaffee, aber tun Sie es morgens!

Thomas Lüscher, Kardiologe

Spannend finde ich, welchen Zusammenhang mit unserem biologischen Rhythmus das Forscherteam noch vermutet. Den nicht nur das Koffein zahlt auf unsere Gesundheit ein. Kaffee enthält auch Hunderte anderer bioaktiver und entzündungshemmender Verbindungen. Einige entzündungsfördernde Zytokine und Entzündungsmarker in unserem Blut erreichen typischerweise morgens die höchsten Werte und nehmen im Laufe des Tages allmählich ab, bis sie gegen 17 Uhr ihren niedrigsten Stand erreichen.

Die Forschenden meinen deshalb, dass die entzündungshemmende Wirkung eines auf den Morgen konzentrierten Kaffeekonsums vorteilhafter ist. Diese Erklärung gelte sowohl für koffeinhaltigen als auch für entkoffeinierten Kaffee. Eine Tasse mit 150 Millilitern Filterkaffee kommt etwa auf 50 bis 100 Milligramm Koffein, ein starker Espresso (50 Milliliter) auf bis zu 150 Milligramm. Auch entkoffeinierter Kaffee darf in der EU noch 0,1 % Koffein beinhalten.

Auch der Lebensstil könnte eine Rolle spielen

Natürlich hat eine solche Studie Schwachstellen, die das Forscherteam auch benennt. So könnte auch der jeweilige Lebensstil eine Rolle spielen. Trinkt jemand den ganzen Tag über Kaffee, könnte das auf einen insgesamt ungesunden Lebensstil hinweisen, der etwa mit wenig Bewegung und dem Konsum von Fast Food einhergeht.

Wie also umgehen mit diesen Studienergebnissen? Entspannt bleiben und den Kaffee, sofern sie diesen sowieso überwiegend am Vormittag genießen, weiter trinken. So mache ich das jedenfalls: Wasser und grüner Tee am frühen Morgen, und - meistens! – noch am Vormittag meinen Kaffee trinken.

Und die „All-day-long“-Kaffeetrinker:innen? Bringt die Koffein-Dosis in den späten Nachmittagsstunden Ihren nächtlichen Schlaf durcheinander, lohnt es, das Zeitfenster peu à peu nach vorn zu schieben.

Denn eins ist klar: Wer nicht gut schläft, mit dem ist auch nicht gut Kaffeetrinken am nächsten Morgen.

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