Unter der Erde bewässern, Energie sparen und gleichzeitig mehr produzieren?

Ein innovatives System zur Unterflurbewässerung aus Tunesien will die Folgen der Klimakrise für die Landwirtschaft abmildern. Doch die Resonanz ist (noch) gering.

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
15 Minuten
Junge Olivenbäume mit tiefgrünen Blättern

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Dieser Artikel erscheint im Rahmen unsererSerieüber nachhaltige Entwicklungsziele und Tech-basierte Lösungen aus Afrika, die wir mit einer afrikanisch-deutschen Community diskutieren.

„Ein bisschen merkwürdig war es am Anfang schon, dass ich so gar nichts gesehen habe“, gibt Sami Chabir zu. Auch seine Nachbarn gucken immer wieder mit einer Mischung aus Neugier und Skepsis auf den trocken wirkenden Acker am Rande der Autobahn in Amarat, im Südosten Tunesiens nahe der Küstenstadt Gabes. „Sie wollen Ergebnisse sehen.“ Denn weder Chabir noch seine Nachbarn sehen das Wasser, mit denen die Olivenbäume auf dem 20 Hektar großen Feld versorgt werden. Deutlich zu erkennen ist allerdings, dass diese inmitten der ockerfarbenen, kargen Landschaft bestens gedeihen. „Ich kann ihnen quasi beim Wachsen zuschauen.“ Groß sind die erst vor zwei Jahren eingepflanzten Setzlinge geworden. Ihre Blätter sind sattgrün und glänzen, ganz anders als die fahlen Bäume des Nachbarn, denen Hitze und Wassermangel deutlich zu schaffen machen. Im Herbst konnte Chabir schon die ersten Oliven ernten.

Und das, obwohl die 2700 Olivenbäume, um die Chabir sich für seinen Cousin kümmert, weniger Wasser bekommen als die auf dem angrenzenden Feld. Doch sie bekommen es unterirdisch, und das, ist der Tunesier überzeugt, macht den Unterschied. Er hat sogenannte burried diffusers, vergrabene Verteiler auf dem Gelände installiert, ein System zur Unterflurbewässerung in der Landwirtschaft, bei dem den Pflanzen in regelmäßigen, aber großen Abständen unter der Erde große Mengen Wasser zugeführt werden.

Ein Mann hält die Zweige eines kleinen Olivenbaums auseinander
Sami Chabir überprüft regelmäßig, dass bei den jungen Pflanzen auch alles in Ordnung ist
Ein junger Olivenbaum, der an einem Ast angebunden ist, damit er stabil und gerade wächst.
Die neugepflanzten Oliven sind fast ausnahmslos angegangen
Ein Mann, von schräg hinten zu sehen, zeigt auf einen noch unbepflanzten, ockerfarbenen Acker
Er plant schon für die Zukunft.
Ein großes Feld mit Olivenbäumen. Im Hintergrund führt eine Autobahn entlang, dahinter ist ockergelbes Brachland zu sehen.
Das erste Feld ist fast fertig angelegt. Bald soll noch ein zweites gleicher Größe hinzukommen

Überzeugende Erfolgsquote bei den jungen Oliven

Aufgetan hatte das noch wenig verbreitete tunesische System Chabirs Cousin Souhail Othmane, dem das Gelände gehört. Er lebt im Ausland und sieht die Olivenplantage als Investition in seine Heimat. Er war von Anfang an vom unterirdischen Verteiler überzeugt und hat ihn auf dem ganzen Gelände installiert. Nach zwei Jahren ist das auch Chabir, der im Alltag für die Bäume sorgt, sich um Bewässerung und Ernte kümmert. Am Anfang sei es noch ein bisschen schwierig gewesen, zu wissen, was genau nicht funktioniert, wenn bei dem eigentlich sehr wartungsarmen System doch irgendwann mal etwas nicht so lief wie geplant. „Wenn zum Beispiel die Oberfläche feucht ist oder dort Unkraut wächst, weiß ich, dass da irgendwas verstopft sein muss.“

Inzwischen habe er den Dreh raus. Das zahlt sich aus: Nach den gut zweitausend Bäumen, die sie anfangs im Alter von zwei Jahren gekauft und eingepflanzt hatten, haben sie im Frühjahr mehrere hundert weitere Bäume gepflanzt. Davon sind gerade einmal drei oder vier nicht angegangen. Eine hervorragende Quote, freut sich Chabir, der schon den nächsten Abschnitt des Feldes vorbereitet, um in den kommenden Monaten noch weitere Bäume zu pflanzen.

Eine flaches neongrünes, quadratisches Plastikgehäuse mit halbkreisförmiger Aussparung und einem schwarzen Wasserschlauch
Dieser auf den ersten Blick eher unscheinbare Plastikbehälter soll die Bewässerung revolutionieren
Unterseite des Plastikgehäuses, das mit einem Netz versehen ist.
Ein Quartzgranulat soll die Infiltration des Wassers erleichtern und verhindern, dass das Gerät verstopft.

Von Jahrhunderte alter Technik inspiriert

Erfunden hat den unterirdischen Diffusor Bellachheb Chahbani. Nach einem Studium in Belgien und an der Sorbonne in Paris arbeitete er seit den 1980er Jahren am staatlichen Institut der ariden Regionen in Medenine in Südtunesien. Dort forschte er damals schon zur Nutzung von Wasserressourcen – auch wenn die Klimakrise und langanhaltende Dürreperioden zu Beginn seiner Karriere noch längst nicht so eine große Rolle gespielt haben. Heute gehört Tunesien zu den 25 Ländern der Welt mit den geringsten Trinkwasservorkommen. Mehr als drei Viertel davon fließen in die Landwirtschaft.

Die Idee zu Chahbanis Bewässerungssystem gründet in einer Kindheitserinnerung. „Ich komme aus Djerba und habe gesehen, wie mein Großvater Tonamphoren neben den Olivenbäumen vergraben und sie mit Wasser gefüllt hat.“ Nach und nach gaben diese das Wasser auf Höhe der Wurzeln an die umliegende Erde ab.

Ein älterer Mann mit Schnurrbart und Halbglatze schaut in die Kamera
Die Bewässerungstechnik seines Großvaters hat Bellachhab Chahbani inspiriert.

Diese alte Bewässerungstechnik, die in vielen Ländern der Region so oder ähnlich genutzt wird, hat über Jahrhunderte bewiesen, dass sie funktioniert. Doch sie ist anfällig und die Wassermenge lässt sich nicht regulieren. „Die Amphoren zerbrechen oder die Poren des Gefäßes verstopfen durch Salzablagerungen. Dann funktioniert das System nicht mehr.“ Am Forschungsinstitut entwickelte Chahbani daher eine moderne Variante davon, den vergrabenen Verteiler, wie er ihn nennt. Vor dem Ruhestand kaufte er dem Institut das Patent seiner Erfindung ab, entwickelte die Technik weiter und brachte sie auf den Markt.

Weniger Wasser, weniger Energie, höherer Ertrag

Im Vergleich mit der weit verbreiteten Tröpfchenbewässerung habe der vergrabene Verteiler eine ganze Reihe an Vorteilen. Da das Wasser zielgerichtet dort ankommt, wo es hin soll, nämlich direkt an den Wurzeln, und nicht die Hälfte verdunstet wie bei oberirdischer Bewässerung, ist der Wasserverbrauch im Vergleich bis zu zwei Drittel niedriger. Das spart nicht nur Wasser, sondern auch Energie. Und auch die Erträge sind ersten Studien nach deutlich höher.

Ein weißer, quadratischer Wasserturm, vor dem ein roter Traktor mit grünem Anhänger steht.
Der kleine Wasserturm reicht aus, um die 20 Hektar zu bewässern

Sami Chabirs Pumpe hat gerade einmal zwei PS. „Bei der Tröpfchenbewässerung reicht das für hundert Bäume. Bei uns für 5000.“ Das Wasser wird aus dem Brunnen in eine kleine Entsalzungsanlage gepumpt und von dort in einen Wasserturm von 50 Kubikmetern Volumen. Aus drei Metern Höhe fließt es, rein von der Schwerkraft getrieben, zu den Verteilern unter der Erde. Da das Gelände abschüssig ist mit einer Höhendifferenz von sieben Metern, geht dies ohne weitere Pumpen – und spart so Energie. „Wir haben allein durch das Gefälle einen Wasserdruck von 1, 1 bar. Dabei würden 0, 3 oder 0, 4 völlig ausreichen“, erklärt Chabir. Im Vergleich zur Tröpfchenbewässerung ist der benötigte Wasserdruck niedriger, was es ebenfalls erlaubt, Energie einzusparen, selbst wenn auf flachem Gelände eine Pumpe benötigt wird. „Demnächst kommt noch eine Photovoltaik-Anlage, dann sind wir ganz unabhängig.“

Wenn es regnet, dann zu spät und zu stark

Wenn Sami Chabir auf den Acker seiner Nachbarn schaut, zu den Oliven aus den 1980er Jahren, dann sieht er nicht nur die Folgen des Wassermangels, sondern auch einen Kreis von Unkraut am Fuß jedes Baumes – Folge der Tröpfchenbewässerung. Er dagegen muss kein Unkraut jäten, hat keine Schädlinge. Das spart Pestizide und Arbeitskraft. Dann dadurch, dass die Oberfläche trocken bleibt, wächst dort nichts. Und noch einen Vorteil hat das unterirdische System: Da nicht ständig Wasser durch die Schläuche fließt, überleben diese länger. „Bei über vierzig Grad im Schatten kommen sonst im Sommer immer wilde Hunde oder Wildschweine, die Durst haben. Sie können das Wasser riechen und zerbeißen dann die Schläuche.“

Rund vierzig Jahre alte Olivenbäume, mit fahl-grünen Blättern und leuchten grünem Unkraut am Fuß des Baumes
Viel Unkraut und müde Bäume bei den Nachbarn: Folgen der Tröpfchenbewässerung
Vertrocknete Olivenbäume stehen auf einem Feld
Früher wurden Oliven in Tunesien nicht extra bewässert. Heute reicht die Niederschlagsmenge für die traditionelle Anbauweise nicht mehr aus.

Als Ahmed Ayed auf seinem Stück Land auf der Cap Bon-Halbinsel im Nordosten Tunesiens steht, gut 300 Kilometer nördlich von Chabirs Olivenplantage, fängt es an zu schütten. Ein kalter Wind fegt über den noch freiliegenden Hang. Es ist Mitte November. „Viel zu spät. Das ist erst der zweite Regen seit März.“ Normalerweise gibt es in Nordtunesien spätestens im September die ersten Starkregenfälle, doch seit einigen Jahren leidet das kleine nordafrikanische Land zunehmend unter wiederkehrenden, langen Dürreperioden. Ein Hitzesommer folgte zuletzt dem nächsten.

Aus Fehlern lernen

Ayed hat während des ersten Lockdowns in der Corona-Pandemie entschlossen, sein Leben zu ändern. „Vielleicht ein bisschen spät, erst mit Fünfzig zu verstehen, dass man so nicht weitermachen kann. Aber immerhin lernen es dann meine Kinder.“ Der Textilingenieur aus der zwei Stunden Fahrt entfernten Hauptstadt Tunis will sich hier bei dem Weiler Aksar ein neues Leben aufbauen und autark werden, seine eigene Energie und Lebensmittel produzieren. Angefangen hat er mit einem kleinen Stück seines Landes, das er abgezäunt hat, und dem unterirdischen Verteiler.

„Nicht alles hat so funktioniert, wie erwartet. Ich bin Autodidakt, Anfänger.“ Er hat Mandeln, Apfel- und Birnbäume gepflanzt, Oliven und Guaven, und natürlich verschiedene Zitrusfrüchte, die typisch sind für die Region. „Die Kiwi habe ich nicht tief genug gepflanzt, das hat nicht funktioniert. Ich versuche es gerade zu Hause im Topf nochmal.“ Außerdem seien die Bäume über den Sommer so schnell gewachsen, dass die ursprüngliche Wassermenge bei der nächsten Bewässerung drei Monate später nicht ausgereicht habe. „Ich hatte im Juni 50 Liter pro Baum gegeben, das war zu wenig.“ Da habe er außer der Reihe hundert nachlegen müssen, weil er ursprünglich falsch kalkuliert habe. „Ich hätte den Oliven von Anfang an 150 und den Zitrusfrüchten 450 Liter geben müssen.“

Ein junger Guavenbaum auf einem Feld
Neben Oliven und Zitrusfrüchten baut Ahmed Ayed auch verschiedene Obstsorten wie zum Beispiel Guaven an.
Ein Mann Anfang Fünfzig mit blauer Jacke und Brille steht bei Regenwetter auf einem Acker
Er ist vom Bewässerungssystem überzeugt.
Ein junger Mandarinenbaum
Auf dem Cap Bon werden traditionell vor allem Zitrusfrüchte angebaut

Abholzen wird günstiger als Bewässern

Erfahrungswerte zu den Bewässerungsmengen für Obstbäume gibt es, im Gegensatz zu Oliven, beim unterirdischen Verteiler noch wenige. „Zitrusfrüchte brauchen sehr viel Wasser. Ich habe im Internet recherchiert, wie viel sie bei welcher Größe brauchen, und diese Menge dann jeweils um zwei Drittel reduziert, weil ja nichts verdunstet. So wie Herr Chahbani es erklärt hat“, der das System erfunden hat. Und so habe es dann auch geklappt: Die Pflanzen, die seine Anfängerfehler überlebt haben, gehen inzwischen gut an.

Mit zunehmenden Extremwetterlagen wächst der Markt für den unterirdischen Verteiler: In Tunesien funktioniert der traditionelle Regenfeldbau immer weniger. Dies betrifft landesweit rund 800.000 Hektar, fast die Hälfte der Fläche für Obst- und Olivenanbau. „Die Bauern fällen hier am Cap Bon teilweise schon ihre Oliven und Zitrusbäume, “ erzählt Ahmed Ayed. Für sie ist es rentabler, das Holz zu verkaufen, als die Bäume zu bewässern. Unterdessen steigen die Preise für Olivenöl rasant an. „14, 16, 18 Dinar pro Liter. In ein paar Jahren können es 30 werden“, fürchtet er. Auch die Winterernte für Erbsen fällt dieses Jahr wohl aus. Diese müssen eigentlich nach den ersten Regenfällen bis zum 20. Oktober gesät werden. Doch dieses Jahr hat es erst im November zum ersten Mal geregnet. Nach dem Hitzesommer mit Ernteausfällen wollen zwei von Ayeds Nachbarn jetzt ebenfalls die Verteiler nutzen.

Wenn es dann doch mal regnet, führt dies oft zu Überschwemmungen, denn das Erdreich ist so trocken, dass es das Wasser gar nicht aufnehmen kann. Zwar gibt es in Nord- und Zentraltunesien hunderte Kleinstspeicherbecken. Doch im Winter wird nicht bewässert und das überschüssige Wasser ins Meer abgeleitet. Sobald es dann wärmer wird und man es brauchen könnte, ist es schnell verdunstet. „Tunesien verliert so große Mengen an verfügbarem Süßwasser“, erklärt Bellachhab Chahbani. Es möge zwar auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, aber am besten sei es, während der Regenzeit zu bewässern. Würde man die überschüssigen Niederschläge auffangen und zur unterirdischen Bewässerung mit dem Verteiler nutzen, könnten die Bäume mit den vorhandenen Wasserkapazitäten problemlos den Sommer überstehen. Dies könnte auch in anderen Regionen, zum Beispiel in Subsahara-Afrika praktiziert werden, wo sich Überschwemmungen und Dürreperioden abwechseln.

Ausschnitt aus einer Landkarte von Afrika. Das Land Nigeria ist farblich hervorgehoben.
Ausschnitt aus einer Landkarte von Afrika. Das Land Uganda ist farblich hervorgehoben.
Ausschnitt aus einer Landkarte von Afrika. Das Land Tunesien ist farblich hervorgehoben.
Ausschnitt aus einer Landkarte von Afrika. Das Land Tansania ist farblich hervorgehoben.
Ausschnitt aus einer Landkarte von Afrika. Das Land Nigeria ist farblich hervorgehoben.

„Vor ein paar Jahren, als hier eine Dürre herrschte, bekam ich die Auswirkungen zu spüren, denn Lebensmittel waren knapp und sehr teuer. Ich musste mich um viele Kinder mit Unterernährung kümmern.“ Aishatu Muhammad Jibril, Kinderärztin / Community-Mitglied, Nigeria

„In Uganda herrschte eine schreckliche Dürre, vor allem im Nordosten des Landes, in Karamoja, wo Berichten zufolge über 200 Menschen an den Folgen gestorben sind.“Mpindi Abaas, Journalist / Community-Mitglied, Uganda

„Da es immer weniger regnet und die Dürren immer schlimmer werden, will man nach anderen Methoden wie zum Beispiel der Entsalzung suchen. Aber das ist immer noch teuer und nicht in allen Regionen möglich.“Nour Trabelsi, Studentin / Community-Mitglied, Tunesien

„Derzeit leidet Tansania unter einem Mangel an Regenfällen, was sich auf die Wasserressourcen auswirkt. Das Problem hat sich auch auf die Stromversorgung ausgeweitet, da unsere Produktion größtenteils aus Wasserkraftwerken stammt.“Robert Katikiro, Mitarbeiter einer NGO / Community-Mitglied, Tansania

„Die Sicherheitsprobleme, mit denen wir konfrontiert sind, lassen sich auf die Dürre in Nordnigeria zurückführen. Sie führt dazu, dass Bauern und Hirten um fruchtbares Land kämpfen.“Aishatu Ella-John, Policy and Advocacy Development Worker / Community-Mitglied, Nigeria

Schleppende Subventionierung

Im Landwirtschaftsministerium werde er als Bastler, als Tüftler abgetan, erzählt Bellachhab Chahbani, halb belustigt, halb wütend. „Dabei habe ich den unterirdischen Verteiler ja entwickelt, als ich an einem staatlichen Institut geforscht habe. Und das Institut hat ihn patentiert.“ Also müsse das Ministerium die Technik eigentlich automatisch anerkennen. Dass er trotzdem Jahre habe kämpfen und intervenieren müssen, damit der Staat den Landwirten den Einsatz seines Systems subventioniert und die Hälfte der Kosten trägt, wie er es auch bei der Tröpfchenbewässerung tut, ärgert ihn. Doch inzwischen habe er mehrere Anträge durchgekriegt. Er hofft, dass es dadurch für künftige Nutzerïnnen des Systems einfacher werde.

Eine Hand mit einigen prallen, schwarzen Oliven in der Handfläche
Ein paar Oliven konnte Sami Chabir dieses Jahr schon ernten. Qualität und Ertrag lassen ihn hoffen

„Unser Antrag wurde schon lange bewilligt“, erzählt Sami Chabir zwischen seinen Olivenbäumen in Amarat. Die Inspektoren des Ministeriums seien sehr angetan gewesen vom Ergebnis. „Nur ausgezahlt wurde die Subvention immer noch nicht.“ Er lacht schulterzuckend. Wirklich verwundert scheint er darüber nicht zu sein und im Gegensatz zu anderen Bauern konnte sein Cousin das System vorfinanzieren. Chabir nimmt einige übriggebliebene Oliven von den Bäumen ab. Sie sind schwarz und klein, aber prall. Die erst im Frühjahr gepflanzten Bäumen haben sie im Herbst zum ersten Mal geerntet und Öl gepresst, zur Probe quasi. Schon jetzt liefern die jungen Oliven so viel Öl, wie es normalerweise die eines ausgewachsenen Baumes tun, freut er sich.

Ein Mann kniet auf dem Boden und hält zwei verbundene schwarze Bewässerungsschläuche in der Hand
Sami Chabir überprüft die bereits verlegten Systeme für den nächsten Abschnitt
Ein Mann kniet vor eine kleinen Graben mit einem Ast als Platzhalter und einem Bewässerungssystem
Die Pflanzlöcher für die nächsten Olivenbäume sind schon vorbereitet

Absatzmärkte außerhalb Tunesiens

Preise für den unterirdischen Verteiler hat Bellachheb Chahbani in den letzten zwanzig Jahren zur Genüge erhalten, sowohl in Tunesien als auch auf höchstem internationalen Niveau, zum Beispiel von der Weltbank, USAID oder der Unesco. Doch in reges Interesse an der Nutzung haben diese sich bis heute nicht übersetzt.

In Tunesien dominiert die Tröpfchenbewässerung den Markt und wegen der Wirtschaftskrise, die sich seit Jahren zunehmend verschärft, schrecken viele Landwirte vor Investitionen zurück. Von seiner Produktionskapazität von fünf Millionen Teilen pro Jahr ist die Fabrik von Chahbani heute weit entfernt. „Im Moment produzieren wir rund 30 000 Stück pro Jahr.“

In Kalifornien nutzen Olivenbauern seinen Verteiler schon seit Jahren erfolgreich. Im Frühjahr hat er in einem Pilotprojekt in Usbekistan die Mitarbeitenden des dortigen Innovationszentrums in der Nutzung geschult. Finanziert wurde das ganze durch das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP). Die ersten Ergebnisse der Feldversuche seien vielversprechend. Ein erfolgreicher Abschluss des Projekts nach zwei Jahren könne ihm international Türen öffnen, hofft Chahbani, der sich auch in Richtung der Golfstaaten und ins Afrika südlich der Sahara orientiert. Am liebsten würde der Rentner den kaufmännischen und administrativen Teil der Arbeit des Familienbetriebs abgeben und sich ganz auf die Weiterentwicklung des Systems konzentrieren. In zwei Jahren soll die smarte Version marktreif sein. Dann können zum Beispiel Bodenfeuchtigkeit gemessen und Fehlerquellen im System erkannt und direkt aufs Handy ausgespielt werden.

Auf dem Gelände in Amarat hat Sami Chabir schon weitere Pflanzlöcher ausgehoben. Ein Streifen am Rande des Ackers ist noch leer. Am Ende sollen hier insgesamt 5000 Olivenbäume stehen. Wo einmal die Setzlinge hinkommen, stehen im Moment noch Holzstöcke als Platzhalter. Die Wasserschläuche sind schon verlegt, so dass er nur noch die jungen Bäume und die Verteiler selbst einsetzen muss. Er zeigt auf die andere Seite der Autobahn, über die eine schmale Brücke führt. In der Ferne ist ein ockerfarbenes, leeres Feld zu sehen. „Das sind auch noch einmal 20 Hektar.“ Platz für 5000 weitere Bäume. Sobald das aktuelle Feld fertig bepflanzt ist, geht es dort weiter.

Das Projekt wurde gefördert von dem European Journalism Center, durch das Programm Solutions Journalism Accelerator. Dieser Fonds wird unterstützt von der Bill und Melinda Gates Foundation.

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