Patentschutz in der Pandemie

Südafrika kämpft für Impfgerechtigkeit

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
6 Minuten
Das Bild zeigt Medikamente und eine Spritze in einem Labor

Südafrika und Indien haben bei der Welthandelsorganisation einen Antrag auf eine zumindest zeitlich begrenzte Aussetzung der Patente für Covid-19-Impfstoffe eingebracht. Hintergrund ist die ungerechte Verteilung der Impfstoffe auf der Welt. Doch die Initiative scheitert bislang am Widerstand wohlhabender Staaten, darunter die USA, die EU, Großbritannien und auch Deutschland.

Schon zu Beginn der Corona-Pandemie, als ein Impfstoff noch lange nicht in Sicht war, hat Menschenrechtsanwältin Fatima Hassan vor dem gewarnt, was in ihrer Heimat Südafrika als Impf-Apartheid oder „health colonialism“, Gesundheits-Kolonialismus, bezeichnet wird: Einer Situation, in der der Zugang zu Impfungen davon abhängt, in welchem Land man lebt und wieviel Geld man hat.

Es sei zunächst ermutigend gewesen, dass in kürzester Zeit von einem öffentlichen Gut die Rede gewesen sei, von Wissensaustausch, Zusammenarbeit und Solidarität. „Bei Epidemien wie HIV-Aids hat das wesentlich länger gedauert“, sagt Hassan, die in Südafrika als Vorkämpferin für bezahlbare HIV-Medikamente bekannt ist. Aus ihrer Erfahrung wusste sie jedoch auch, dass sich derartige Zusagen oft als Lippenbekenntnisse erweisen.

„Auf Wohlwollen allein können wir uns nicht verlassen“

„Meine Kollegïnnen und ich warnen schon seit März 2020 vor leeren Versprechungen“, sagt Hassan als Gründerin der Health Justice Initiative, einer Organisation, die sich für Gerechtigkeit im Gesundheitswesen engagiert. Auf Wohlwollen und Wohltätigkeit allein könne man sich in Bezug auf lebensrettende Medikamente und Impfungen nicht verlassen. „Das einzige was wirklich zu einem bedeutsamen, fairen und gleichberechtigten Zugang führt, sind einklagbare Garantien“, so die Juristin.

Die Realität heute, gut ein Jahr nach Beginn der Pandemie, bestätigt ihre Prognose. Denn von einem gerechten Zugang kann nicht die Rede sein. Trotz aller Solidaritätsbekundungen. Trotz der frühzeitigen Forderung nach einem „People’s Vaccine“, einer kostenlosen Impfung für Menschen in aller Welt, für die sich über 140 Staats- und Regierungschefs bereits im Mai 2020 in einem offenen Brief ausgesprochen haben. Trotz Initiativen der Weltgesundheitsorganisation, wie Covax oder C-Tap, die einen gerechten Zugang zu Impfstoffen und Technologien sichern sollten.

Ein „katastrophales moralisches Versagen“

Das Resultat ist mittlerweile bekannt: Covax und C-Tap waren wenig erfolgreich. Etliche Industriestaaten schlossen Verträge mit Impfherstellern, gingen in Vorkasse und bestellten Impfstoffe in rauen Mengen, bevor diese überhaupt zugelassen waren. Nach dem Motto: Mehr hilft mehr. Denn die Zahl der bestellten Impfdosen reicht in Ländern wie Kanada dazu aus, ihre Bürgerïnnen gleich mehrfach zu impfen. Ländern im globalen Süden fehlten dafür meist die Mittel und so müssen sie nun mühsam zusammenkratzen, was übrig bleibt. WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus warnte bereits vor einem „katastrophalen moralischen Versagen“.

Neben Hamsterkäufen führt auch der Patentschutz dazu, dass Impfstoffe nicht in der Menge und Geschwindigkeit hergestellt werden, die notwendig wäre, um alle Menschen zu schützen und der Pandemie Einhalt zu gebieten.

Für Fatima Hassan ist das wie ein Déjà-Vu, das sie an den Patentstreit um HIV-Medikamente in den späten 1990er Jahren und den Weg zur WTO-Erklärung von Doha im Jahr 2001 erinnert. Meilensteine im Engagement der Menschenrechtsanwältin für einen gerechteren Zugang zu Medikamenten. Aber, sagt sie heute: „Offenbar hat nicht jeder gelernt, was passiert, wenn man Milliarden von Menschen auf der Welt lebensrette Maßnahmen verweigert.“

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