Denise Hardesty jagt in Tasmanien Plastikmüll – auch mit Hilfe Künstlicher Intelligenz

Australiens Bundesstaat New South Wales verbietet ab November Einwegplastik. In Tasmanien ist man ein Stück weiter. Die CSIRO-Forscherin und ihr Team sind dem Müll mit artifizieller Intelligenz auf der Spur.

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Denise Hardesty, Forscherin bei Australiens Wissenschaftsbehörde CSIRO steigt im Neoprenanzug aus den Wellen in Dodges Ferry in der Nähe von Tasmaniens Hauptstadt Hobart. Sie hat Maske und Schnorchel in der Hand.

Der Strand vor Dodges Ferry leuchtet weiß zwischen Dünen, Gras und Meer. 40 Kilometer östlich von Tasmaniens Hauptstadt Hobart schiebt eine Brise, die direkt aus der Arktis zu wehen scheint Wellen in die Bucht. Der Sand wirkt makellos rein. Denise Hardesty bückt sich beim Gehen trotzdem oft und fischt hier einen zerbrochenen Deckel dort einen Tütenzipfel aus dem Sand. „Spazierengehen mit mir ist immer etwas langsam“, lacht die Wissenschaftlerin und stopft die Plastikschnipsel in ihre Hosentasche. Dabei ist „Müllsammeln am Strand“ eigentlich nicht ihre Liga. Die Wahl-Australierin arbeitet zwar auch daran, dass weniger Kunststoffabfälle im Meer landen, allerdings nicht nur vor ihrer Haustür in Australiens südlichstem Bundesstaat, sondern auf dem gesamten Planeten: von Tasmanien bis Bangladesh, von Südafrika bis in ihr Heimatland, die USA.

Eine gewaltige Aufgabe angesichts der Ausmaße des Problems: Jedes Jahr werden von den weltweit 90 Milliarden Tonnen Primärmaterial für Kunststoffe nur neun Prozent recycelt. Acht Millionen Tonnen Kunststoff landen in den Weltmeeren. Hardesty und ihr Team von Australiens Wissenschaftsbehörde CSIRO werden das Problem nicht allein lösen. Aber sie haben ein ambitioniertes Ziel: Ihre Mission „Ending Plastic Waste“ – das Ende des Plastikmülls – will Plastikabfall in Australiens Natur bis 2030 um 80 Prozent reduzieren. Bis dahin, schätzen Forscher, wird sich die globale Kunststoffproduktion verdoppelt haben.

Ein Elsternscharben-Paar hockt auf den Felsen an der Küste in der Nähe von Tasmaniens Hauptstadt Hobart. Die Kromoran-Art hat ein schwarze Kappe, dunkle Rückenfedern und einen weißen Hals und Bauch.
Ein Elsternscharben-Paar rastet auf den Felsen in der Nähe von Tasmaniens Hauptstadt Hobart. Wenn die Forscherteams tote Vögel sezieren, machen sie die erstaunlichsten Entdeckungen.

„Meine Arbeit mit Plastik ist vermutlich die wichtigste Station in meiner Laufbahn“, sagt Hardesty, und das will etwas heißen: Die Ökologin hat in den vergangenen 25 Jahren Albatrosse auf dem Midway Atoll im Nordpazifik studiert, und war perplex angesichts der Unmengen schwimmender Plastikfeuerzeuge. „Ein Tier hatte eine komplette Zahnbürste verschluckt.“ Sie lebte ein Jahr im Zelt bei den Baka-Pygmäen in Kameruns Regenwald, forschte in Süd-und Nordamerika ebenso wie in Asien, London und in der Antarktis. „Manche Kollegen halten meine Karriere für leicht schizophren oder zumindest etwas verrückt“, lacht sie und ihre meerblauen Augen strahlen. „Es stimmt, ich habe auf jedem Kontinent der Erde gelebt und gearbeitet. Aber für mich ist das nicht kurios, ich finde eher: hier schließt sich der Kreis.“ Was bei den Seevögeln auf dem einsamen Korallenriff begann, setzt sie mit anderen Mitteln in Australien fort: Die Arbeit an einer nachhaltigeren Welt. Inzwischen geschieht das auch mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz.

Denise Hardesty steht in einem weißen Kittel an einer Waage in ihrem Labor der australischen Wissenschaftsbehörde CSIRO
Denise Hardesty in ihrem Labor der australischen Wissenschaftsbehörde CSIRO
Auf einem kleinen Teller liegen Dutzende Plastikteilchen. Sie stammen aus dem Magen einer einzigen Dickschnabelmöwe.
Diese kleinen Plastikteile fanden die CSIRO-Forscherïnnen im Magen einer einzigen Dickschnabelmöwe.
Denise Hardesty hält eine tote Dickschnabelmöwe in der Hand. Der Mageninhalt des Vogels hilft bei der Forschung.
Eine Dickschnabelmöwe aus dem Gefrierfach des Labors. Ihr Mageninhalt hilft den Forschern.
Die Wissenschaftlerin Denise Hardesty steht unter einer Brücke in  Tasmanien und kontrolliert eine Kamera, die Daten über Plastikmüll liefert.
Denise Hardesty checkt unter einer Brücke in Tasmanien eine Kamera, die Daten über Plastikmüll liefert.
Denise Hardesty steht unter einer Fußgängerbrücke in Hobart in einem Bach. Sie kontrolliert eine Kamera, die Daten über den Plastikmüll liefert, der unten im Flüsschen vorbei schwimmt.
Denise Hardesty kontrolliert unter einer Fußgängerbrücke in Hobart eine Kamera, die Daten über den Plastikmüll liefert, der unten im Flüsschen vorbei schwimmt.
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