Wegen der Corona-Pandemie haben viele Kenianerïnnen weniger Geld – und bauen mehr Lebensmittel an

„Urban Gardening“ könnte Mangelernährung lindern, denn in den Gärten wird vor allem Gemüse angebaut. Dafür muss jedes Fleckchen Platz genutzt werden.

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
6 Minuten
Eine Mauer, die mit einem Gitter abgeschlossen ist, umfasst ein kleines Gartenstück. Das Gemüse wächst nicht am Boden, sondern in Säcken in die Höhe. So wirkt der Garten besonders üppig bewachsen.

Die Corona-Pandemie hat viele Menschen in Kenia wirtschaftlich hart getroffen, Hunger gehört für etliche zum Alltag. „Urban Gardening“ könnte etwas Erleichterung schaffen.

Vorsichtig holt Joshua Kiamba ein Spinatpflänzchen aus einem kleinen Anzuchttopf und setzt es in eine halbierte PET-Flasche voller Steine. Dann stellt er sie in ein ungewöhnliches Hochbeet: Die Pflanzen wachsen nicht in Erde, sondern stehen mitsamt den PET-Flaschen in einem Wasserbad. „Hydroponik“ heißt diese Art des Gartenbaus, bei der Pflanzen durch eine mineralische Nährlösung versorgt werden. „Das ist eine praktische Methode, weil wir hier so wenig Platz haben“, erklärt Kiamba, der sich als „leidenschaftlichen Bio-Bauer“ bezeichnet.

In einem weißen Tisch mit einer Vertiefung stehen lauter Töpfe mit Spinatpflanzen. Im Hintergrund ist zu sehen, dass weitere Pflanzen in aufgeschnittenen PET-Flaschen wachsen, die an den Stützen der Wellblechumrandung des Grundstücks befestigt sind. Vor dem Tisch steht ein Mann in einem Arbeitskittel, einen Topf mit einer Pflanze in der Hand.
Joshua Kiamba vor seinem Hydroponik-Beet im Slum Korogocho in Nairobi.

Dabei lebt er nicht auf dem Land, sondern in Korogocho, einem der Slums der kenianischen Hauptstadt Nairobi. In den von Wellblechhütten gesäumten engen Gassen ist Kiambas kleine Parzelle eine Oase: Hier wächst auf jedem verfügbaren Zentimeter Gemüse. In der einen Hälfte des Gartens stehen zwei Hydroponik-Beete, im anderen Bereich hat er einen Sack-Garten. Dort gedeihen Spinat, Pak Choi, Sukuma Wiki und andere lokale Blattgemüse-Sorten in mit Erde gefüllten Säcken. Der Clou daran ist, dass die Pflanzen nicht nur die horizontale Fläche nutzen, sondern aus Löchern auch an den Seiten der Säcke wachsen, so dass übereinander in die Höhe streben können. So kann auf wenig Platz vergleichsweise viel Gemüse reifen.

Eine schmale Gasse, gesäumt von verrosteten Wellblechhütten. Außer Rostrot und etwas blankem Wellblech ist keine andere Farbe zu sehen.
Eine Gasse im Slum Korogocho in der Nairobi.

Im Platzmanagement hat es Kiamba zur Meisterschaft gebracht: Er nutzt praktisch jeden Zentimeter auf seinem Grundstück und recycelt dafür auch noch Abfall: Der städtische Bauer sammelt PET-Flaschen, macht sie zu Pflanztöpfen, befestigt sie an seine Grundstücksumfassung aus Wellblech und den Stützen des lichtdurchlässigen Plastikdachs.

Was er erntet, verzehrt er mit seiner Familie und verkauft den Überschuss auf dem Markt. Da er am Ufer des Nairobi-Flusses, der durch Korogocho führt, auch etwas Mais anbaut, muss er keine Lebensmittel kaufen. Denn Mais ist, zu einem festen Brei namens Ugali verarbeitet, das wichtigste Grundnahrungsmittel in Kenia. „Ich bin Bauer“, sagt er stolz. „Wie meine Eltern, nur dass die auf dem Land lebten.“ Seit dem Beginn der Corona-Pandemie weiß er seinen Beruf noch mehr zu schätzen als vorher: „Meine Familie und ich hatten immer genug zu Essen. Wir sind ja in unserer Ernährung unabhängig.“

Ein Ausschnitt aus Kiambas Garten, das Blattgemüse steht dicht und kräftig, im Hintergrund sind bepflanzte Säcke und halbierte PET-Flaschen zu sehen.
Wo immer Platz ist, gedeiht in Kiambas Garten in Korogocho Gemüse.
Rund um einen hölzernen Träger sind etliche PET-Flachen mit Pflänzchen befestigt.
Auf kleinstem Raum hat Kiamba vertikale Beete.
Ein junger Mann mit medizinischer Gesichtsmaske, leicht über einen Sack mit Gemüsepflanzen gebeugt. Er trägt eine Kapuzenjacke und eine Trainingshose. Im Hintergrund ist der Qualm zu sehen, der über der benachbarten Müllhalde aufsteigt.
Charles Lukania begutachtet das Gemüse im Garten der katholischen Gemeinde St. John, direkt neben der Müllhalde von Dandora.
Zwischen hohen Bergen aus Müll zwei Menschen, einer trägt einen Sack, der andere schleift einen Sack hinterher. Die Luft ist von Rauch geschwängert. Auf der Spitze der Müllberge links im Bild sitzen einige Marabout genannte Vögel, es sind Aasfresser.
Müllsammler auf der Kippe von Dandora. Sie ist eine der größten Ostafrikas.
Aus einer metallenen Gießkanne wässert in Mann im braunen T-Shirt und mit Baseball-Kappe die Gemüsepflanzen in einem Sackbeet.
Laban Ndirangu, der Hausmeister der katholischen Gemeinde St. John in Korogocho, beim Gießen der Gemüsepflanzen.
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