Restitution und gefährliche Hexenmythen: Kenia-Schwerpunkt des Freiburger Filmforums

Die Dokumentarfilme „If Objects Could Speak“ und „The Letter“ eröffnen spannende Diskussionen

13 Minuten
Der Eingangsbereich des Nairobi National Museum

Restitution von Kulturgütern aus der Kolonialzeit, verschwörerische Hexenmythen, der gesellschaftliche Umgang mit alten Menschen, aber auch die Probleme und Herausforderungen junger Menschen – das Freiburger Filmforum – Festival of Transcultural Cinema beschäftigte sich in seinem Schwerpunktprogramm „#Junction_Nairobi“ am 15. und 16. Mai 2021 mit gesellschaftlich relevanten Debatten. Gezeigt wurde unter anderem der Dokumentarfilm „The Letter“, Kenias letztjährige Einreichung zu den Oscars. Mit „If Objects Could Speak“ feierte ein kenianisch-deutscher Dokumentarfilm Premiere, der sich dem Thema Restitution kolonialer Museumsobjekte widmet. Die große Stärke des Kenia-Schwerpunkts des Freiburger Filmforums lag in der Kombination der Screenings mit auf die Filme folgenden Gesprächsforen. Querverbindungen zwischen den Filmen wurden aufgegriffen und Debatten fortgeführt.

Lange hatten die Festival-Macherïnnen gehofft, in digital verbundenen Präsenzveranstaltungen in Freiburg und Nairobi zu ihrem Schwerpunktprogramm „Junction Nairobi“ einladen zu können, so Carsten Stark, der Kurator dieses Programms. Stark ist Ethnologe und Museologe, er forscht in Nairobi unter anderem zu Restitution.

Pandemiebedingt wurde es eine komplette Online-Veranstaltung – vielleicht sogar eine Stärke für diese Form eines kenianisch-deutschen Filmfestivals. Zoom kann demokratisierend wirken, der Zugang wird erleichtert, die Gespräche erhalten Nähe und Intensität. An den Gesprächen beteiligten sich Besucherïnnen aus Kenia und Deutschland, aber auch beispielsweise aus Tansania. Moderiert wurde aus Nairobi und Freiburg von einem kenianisch-deutschen Team.

Drei Filme, darunter zwei Premieren, und ausgehend davon geführte Debatten werden in dieser Rezension des Schwerpunktprogramms besprochen: If Objects Could Speak (Premiere), The Letter und Tales of The Accidental City (Premiere).

If Objects Could Speak– ein Film über Restitution von Objekten aus der Kolonialzeit

Zwei junge Filmemacherïnnen, Elena Schilling aus Deutschland und Saitabao Kaiyare aus Kenia trafen sich 2018 an der Filmakademie Baden-Württemberg. Der Beginn einer im wörtlichen Sinn Reise. In ihrem Dokumentarfilm „If Objects Could Speak“ thematisieren sie die Problematik der Sammlungen ethnologischer Museen. Sandra Ferracuti, die damalige Leiterin der Afrikaabteilung im Linden-Museum Stuttgart, gewährte den beiden Filmschaffenden Zugang zu den Lagerräumen, wenn auch für diesen Teil des Museums ohne Kamera.

Überwältigt von der schieren Menge an Objekten, die in den Lagern des Linden-Museums aufbewahrt werden, davon rund 500 von unterschiedlichen ethnischen Gruppen Kenias, kam es Saitabao Kaiyare so vor, als könnten die Objekte mit ihm kommunizieren, als versuchten sie ihm etwas zu sagen. Er fragte sich: „If the objects could speak? What would they say?” Was, wenn die Objekte sprechen könnten? Was würden sie sagen?

Gemeinsam mit Sandra Ferracuti suchten die beiden Filmemacherïnnen ein Objekt aus, einen besonders geschnitzten hölzernen Stab. Hiervon erstellten sie 3D-Scans, um den Menschen in Kenia das Objekt zu zeigen. Das Museumsobjekt wird der ethnischen Gruppe der Kikuyu zugeordnet, der auch Saitabao Kaiyare angehört. Gemeinsam mit Elena Schilling will er herausfinden, was die Menschen in Kenia über dieses Objekt wissen. Die Reise beginnt.

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