Ost-Kongo: Überleben am Fuße des Vulkans

Nach dem Ausbruch des Nyiragongo in der Demokratischen Republik Kongo: Mehr als 500.000 Menschen sind geflüchtet, Kongolesïnnen und internationale Organisationen versuchen zu helfen.

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
7 Minuten
Zwei Menschen zeichnen sich als Silhouetten vor dem Nachthimmel ab, der durch den Ausbruch des Vulkans Nyiragongo am 22. Mai 2021 rot gefärbt ist.

Fast drei Wochen nach dem Ausbruch des Vulkans Nyiragongo im Osten der Demokratischen Republik Kongo scheinen sich die seismischen Aktivitäten in Goma zu beruhigen. Die Millionenstadt befindet sich in unmittelbarer Nähe des Vulkans. Der Evakuierungsbefehl des Gouverneurs ist aber weiterhin in Kraft, weil ein zweiter Ausbruch noch nicht auszuschließen ist. Nach UN-Angaben harren 514.000 Geflüchtete außerhalb der Metropole aus, darunter etwa 120.00 Menschen in Saké, rund 25 Kilometer von Goma entfernt. Freiwillige und Hilfsorganisationen versuchen, die Menschen mit dem Nötigsten zu versorgen und den Ausbruch von Krankheiten zu verhindern.

Noch bevor die Sonne aufgeht, ist Depaul Bakulu in der ostkongolesischen Stadt Saké unterwegs. Der 26-Jährige erzählt am Telefon, dass er derzeit jeden Morgen zusammen mit anderen Freiwilligen Krapfen und Getreidebrei zum Frühstück verteilt. Die Helferïnnen werden bereits hungrig erwartetet: Nach dem Ausbruch des Vulkans Nyiragongo am 22. Mai in der Nähe der Großstadt Goma und einem Evakuierungsbefehl des Gouverneurs sind zehntausende nach Saké geflohen. Dort campieren sie in Kirchen, Klassenräumen, bei Gastfamilien oder buchstäblich auf der Straße. Die medizinische Hilfsorganisation Ärzte ohne Grenzen schätzt die Zahl derer, die in dem 70.000-Einwohner-Ort Zuflucht gesucht haben, deutlich höher, als die Behörden und die Vereinten Nationen: auf bis zu 180.000 Menschen.

Depaul Bakulu trägt einen offenbar leeren, gelben Wasserkanister queer über dem Kopf, darauf eine Aufschrift, in der es um Corona geht.
Depaul Bakulu musste selbst aus Goma fliehen, hilft aber nun anderen Evakuierten.

Nahrung, Trinkwasser und Medikamente sind knapp, viele Flüchtlinge berichten, dass sie in den ersten Tagen gar nichts zu essen hatten. Das Frühstück, das Bakulu und andere verteilen, ist also hoch willkommen. Dasselbe gilt für das Abendessen, das die Freiwilligen 12 Stunden später bereitstellen: Reis und Bohnen oder Foufou, einen festen Maniokbrei. „Wir verteilten fertige Mahlzeiten“, erklärt Bakulu. „Die meisten haben ja noch nicht einmal Töpfe oder Holzkohle, sie können sich nichts kochen.“

Depaul Bakulu gehört selbst zu den Evakuierten: Der 26-Jährige lebt in einem der zehn Viertel von Goma, die als Hochrisiko-Gebiete gelten und deshalb innerhalb von 48 Stunden evakuiert werden mussten – das ist mehr als die Hälfte der Stadt. „Und wo ich schon mal in Saké bin, habe ich mir gesagt, dass ich mich am besten nützlich mache“, erzählt der Wirtschaftswissenschaftler, der nach dem Abschluss seines Studiums keine Stelle fand, so wie die meisten seiner Bekannten.

Der Nachthimmel über dem Krater des Vulkans Nyiragongo ist rot gefärbt, durch den Feuerschein, der von dem Lavasee aufsteigt. Der Lavasee sieht wie eine Landkarte aus, weil durch erkaltete, schwarzer Lava rote Streifen noch glühender Lava ziehen wie Adern.
Blick in den Lavasee des kongolesischen Vulkans Nyiragongo. Die Lava ist nicht nur bei einem Ausbruch zu sehen, sondern immer.
Man sieht viele Menschen auf der Straße, die Habseligkeiten wie Matratzen tragen, manche auch ihre Kleinkinder.
Bewohner der Millionenstadt Goma fliehen nach Saké, aus Angst vor einem weiteren Ausbruch des Vulkans Nyiragongo.
Menschen stehen Schlange für Trinkwasser, das sie dann in gelben 20-Liter-Plastikkanistern mitnehmen.
Verteilung von Trinkwasser in Saku, in der Nähe des Vulkans Nyiragongo.
Wie rote Adern scheint das heißt Magma durch die erkaltete Lava im Krater des Nyiragongo, In der Nacht scheint der Himmel im und über dem Krater rötlich.
Erkaltete Lava schwimmt auf dem heißen Magma im Krater des Nyiragongo.
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