Sesam, öffne uns! Israel gilt als LGBTQ-Mekka, kämpft aber auch mit Pinkwashing-Vorwürfen

Nicht alle sind glücklich, dass die Regenbogenfahne so plakativ über Tel Aviv weht. Während Touristen die Stadt als Schwulen-Paradies feiern, fühlen sich queere Palästinenser:innen doppelt in ihrer Identität zerrissen.

vom Recherche-Kollektiv Weltreporter:
6 Minuten
Tänzeri:innen auf der Gay Pride-Parade in Tel Aviv

„Israel – ein Symbol für Frieden und Offenheit“, so kündigte die ARD 1998 den Song „Diva“ an. In Glitzerrobe stand die Sängerin Dana International vor der Kamera, und bezirzte das Publikum mit ihrer Pop-Ode und der extravaganten Aussprache des Namen Kleopatra. Mit dem Auftritt gewann sie damals nicht nur den Eurovision Song Contest – als erste Trans-Gewinnerin inspirierte sie die Pop-Kultur international, und machte den Wettbewerb zum queeren Kult-Event.

Dabei gab es im Vorfeld derart heftige Proteste von ultraorthodoxen Juden und anderen israelischen Konservativen, dass die Sängerin während des gesamten Wettbewerbs unter Polizeischutz stand. Ihre Antwort auf die Kritiker:innen lautete: „Ich bin, was ich bin, und das bedeutet nicht, dass ich nicht an Gott glaube oder Teil der jüdischen Nation bin.“

In Israel wurde sie damit zur Ikone der LGBTQ-Community, einer Gemeinde, der sich im liberalen Tel Aviv gut ein Viertel der 400.000 Einwohner:innen zugehörig fühlt. Die Regenbogenfahne ist im Stadtbild fast so gegenwärtig wie der blaue Davidstern auf weißem Grund. Laut Stadtverwaltung haben 35 Prozent der Kinder in den Kindergärten queere Elternpaare. Ein ganzer Strandabschnitt gehört offiziell den Schwulen. Und die jährliche Gay Pride gilt als eine der größten und am wildesten gefeierten der ganzen Welt. Überall in der Stadt finden dann Partys statt, bei der Parade zogen im vergangenen Jahr 250 000 Menschen leichtbekleidet durch die Stadt zum Strand und tanzten in den Sonnenuntergang.

Die israelische Stadt Tel Aviv gilt als LGBTQ-Mekka des Nahen Osten..
Die israelische Stadt Tel Aviv gilt als LGBTQ-Mekka des Nahen Osten.
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