Eklat im Weißen Haus: Der Beginn einer russisch-amerikanischen Allianz gegen Europa?

Analyse: Mit brutaler Konsequenz brachten Donald Trump und sein Vize Vance das Treffen mit Selenskyj zum Scheitern. Europa wird nun von zwei Seiten in die Zange genommen. Für die von Merz angestrebte „Unabhängigkeit“ sind Billionen an Investitionen in Verteidigung, Digitalisierung und Energiewende nötig

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Bildmontage: Trump und Putin nehmen Europa in die Zange.

Wer noch Zweifel hatte oder in den Wochen seit dem Amtsantritt von Donald Trump in ungläubigem Staunen verharrte, konnte am Freitagabend europäischer Zeit live mitverfolgen, wie das westliche Bündnis zwischen den USA und Europa zerbricht. Als ein „explosives Schreigefecht, wie man es in modernen Zeiten im Oval Office zwischen einem amerikanischen Präsidenten und einem ausländischen politischen Führer noch nie gesehen hat“, beschrieb ein altgedienter Korrespondent der „New York Times“ anschließend, was sich, angestachelt vom US-Vizepräsidenten James D. Vance, zwischen Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj abspielte.

Die Stimmung kippte nach der rüde gestellten Frage eines Reporters des Fernsehsenders „Real America’s Voice“ an Selenskyj, warum er keinen Anzug trage und ob er wohl keinen besitze. Das bringe mangelnden Respekt vor den USA zum Ausdruck, sagte Brian Glenn, dessen Sender zum Maga-Lager zählt. Dass Selenskyj mit seinem Dresscode seit Kriegsbeginn seine Rolle als Oberkommandierender und seine Solidarität mit den Soldatinnen und Soldaten an der Front zum Ausdruck bringt, und dass er erst im Frieden wieder einen Anzug tragen will, interessierte weder den Journalisten noch Vance. Der Vizepräsident ging, als sei durch die Frage ein Schalter umgelegt worden, von der Rolle des freundlichen Beisitzers zu der des rhetorischen Aggressors über – und warf Selenskyj ebenfalls mangelnden Respekt vor.

Der Rohstoff-Deal als „payback“ ohne Sicherheitsgarantien

Von Seiten der US-Regierung war der Termin im Oval Office und die anschließend geplante Unterschriftzeremonie für ein Rohstoff-Abkommen von vornherein als öffentliche Demütigung Selenskyjs geplant gewesen. Der ukrainische Präsident sollte vor aller Augen einen „Deal“ absegnen, bei dem er einen großen Teil künftiger Rohstoffgeschäfte seines Landes an die USA überschreibt – nicht als Pfand für künftige Sicherheitsleistungen, sondern als „payback“ für die explizit ohne Gegenleistung gewährte humanitäre und militärische Hilfe der USA an die Ukraine seit dem russischen Überfall im Februar 2022. Trump verlangte von Selenskyj, die Rohstoffe herzugeben, aber im Gegenzug nichts zu bekommen als die vage Zusicherung, Putin werde sich schon an etwaige künftige Abmachungen über einen Waffenstillstand oder einen Frieden halten. Da bisher die Zukunft der Ukraine von den USA abhing, blieb dem ukrainischen Präsidenten nichts übrig als mitzuspielen. Doch ihm war klar, dass der Rohstoff-Deal seinem Land keinen Frieden bringen würde.

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