Zwölf Millionen Bäume für Tunesien

Wie junge Freiwillige den von Waldbränden verwüsteten Norden des Landes aufforsten wollen

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
8 Minuten
Eine Hand mit Handschuhen drückt Erde um einen Setzling herum an

Es ist kalt und neblig an diesem Sonntag im Februar, kurz nach sechs Uhr morgens. Das Thermometer zeigt drei Grad Celsius an. An der Avenue Bourguiba, der Hauptstraße im Zentrum von Tunis, sitzen ein paar verschlafene Gestalten in Wanderbekleidung. Einige halten sich an Kaffeebechern fest. Nach und nach kommen immer mehr meist junge Männer und Frauen dazu. Als zwei Reisebusse vorfahren kommt Bewegung in die Gruppe. Zwei junge Frauen stellen sich an die Türen der Busse, eine lange Liste in der Hand, und rufen die Teilnehmenden auf. Wer keine Maske hat, bekommt an der Tür noch eine in die Hand gedrückt. Mehr als hundert Namen stehen heute auf der Liste.

Sie sollen sich beeilen, treibt Houssem Hamdi einige Nachzügler an. Denn heute steht ein straffes Programm an. Das Ziel: die Bergkette oberhalb von Ghar El Melh, einer Kleinstadt rund eine Stunde nördlich von Tunis. Dort hatten Waldbrände im Sommer 2017 den Baumbestand zerstört. Bis heute hat sich der Wald nicht erholt. Immer noch stehen verkohlte Baumstümpfe in der Gegend. Hier wollen die Freiwilligen heute auf fünf Hektar Land fünftausend neue Bäume pflanzen.

Als die Busse ankommen sind auch die Letzten aufgewacht. Die Stimmung erinnert an einen Schulausflug, es wird gelacht und gesungen. Die meisten Freiwilligen sind nicht zum ersten Mal dabei, sondern kennen sich schon. Zu Fuß geht es das letzte Stück den Hügel hoch. Inzwischen ist die Sonne rausgekommen. Nach einer knappen Dreiviertelstunde eröffnet sich vom Bergrücken aus ein atemberaubender Blick aufs Mittelmeer. Das Wasser glitzert, in der Ferne ist der Golf von Tunis zu sehen.

Jedes Wochenende in den Wald

Houssem Hamdi erklärt denen, die zum ersten Mal dabei sind, wie es jetzt weitergeht. „Das Gelände ist ein bisschen steinig, und es fehlen uns noch einige Pflanzlöcher. Die müssen wir also als Erstes graben.“ Ein Mitarbeiter der Forstverwaltung werde ihnen gleich zeigen, wie es geht. „Die Löcher müssen tief genug sein. Der Humus an den Setzlingen muss dranbleiben, der wird mit eingepflanzt. Und wenn ihr das Loch zumacht, dann macht da eine kleine Kuhle, so dass das Regenwasser gut aufgefangen wird.“

Eine Gruppe junger Menschen in bunter Wanderbekleidung läuft einen Hügel hinunter. Sie sind von hinten zu sehen, vor ihnen das Meer
Für den Blick übers Mittelmeer lohnt sich das frühe Aufstehen
Ein Mann mit Bart und Käppi schaut in die Ferne, im Hintergrund ist das Meer zu sehen.
Houssem Hamdi koordiniert die Freiwilligen
Ein Pinien-Setzling in der Erde
Die Freiwilligen pflanzen nur heimische Baumarten an.
Verkohlte Baumstümpfe
Auch nach mehr als fünf Jahren hat sich der Wald von Ghar El Melh nicht von den Bränden erholt.
Eine Gruppe junger Leute mit Werkzeug und Setzlingen posiert für ein Foto.
Dorra Ghabri (u.r.) wurde von Freunden zu den Aufforstungsaktionen mitgenommen. Jetzt ist sie regelmäßig dabei.
Ein Mann und eine Frau knien vor einem Pflanzloch. Vor ihnen stehen Töpfe mit Setzlingen.
Aida und Belhassen sind schon seit Jahren dabei.
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