Ukraine-Krise: Warum der Krieg sogar im fernen Singapur tiefe Ängste weckt

Singapur ist weit weg von Kyiv. Die russische Invasion gilt hier aber als „existenzielle Frage“, weil sich der südostasiatische Inselstaat selbst von machthungrigen Nachbarn umgeben sieht.

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Skyline von Singapur mit Marina Bay Sands Hotel und dem Singapore River im Vordergrund.

8.726 Kilometer liegen zwischen Singapur und Kyiv. Ausreichend Distanz, um den Ukraine-Krieg als wenig relevant für die südostasiatische Metropole erscheinen zu lassen. Einzig unterbrochene Lieferketten und lokal steigende Preise sind als konkrete Folgen denkbar, ein globaler Cyberkrieg dagegen noch keine unmittelbare Bedrohung. Trotzdem schlägt der Konflikt in der Politik und den Medien Wellen, ist immer wieder von der Invasion als „existenzieller Frage“ für Singapur die Rede. Es ist ein Schulterschluss über geopolitische Distanzen hinweg: Als kleiner Inselstaat sieht sich Singapur von übermächtigen Nachbarstaaten in einer an Spannungen reichen Region umgeben. Nicht zuletzt aber hat ein anderer in Europa gezündeter Flächenbrand hier tiefe Spuren hinterlassen. Das „dunkelste Kapitel“ in Singapurs Geschichte war die brutale Besetzung der Stadt durch Japan im Zweiten Weltkrieg .

Der Fall der britischen Kolonie Singapur vor 80 Jahren traf das Empire schwer. Premierminister Winston Churchill sprach im fernen London sogar von der „schlimmsten Katastrophe und größten Kapitulation der britischen Geschichte.“ Singapur war für die Alliierten der wichtigste Militärstützpunkt in der Region sowie ein Handelszentrum – und damit auch für das gegnerische Japan von überragender Bedeutung. Dessen Überraschungsangriffe auf die amerikanische Pazifikflotte in Pearl Harbor und andere Ziele in Südostasien am 7. Dezember 1941 machten den Weg frei. Die Briten und anderen alliierten Verteidiger glaubten Singapur gut gerüstet, machten aber schwere Fehler bei der Planung. Dem japanischen Vormarsch hatten sie nach kurzer Zeit wenig entgegenzusetzen. Am 15. Februar 1942 kapitulierten sie und überließen Japan die Stadt mit anderen Gebieten in der Region. Die Übernahme war blutig und die Okkupation außerordentlich grausam.

Im auf Syonan-to oder „Licht des Südens“ umgetauften Singapur mussten die Uhren dann nach japanischer Zeit laufen. Es begann eine Ära von „Furcht, Tod, Entbehrung und Erniedrigung“. Die japanische Militärpolizei Kempeitai terrorisierte die einheimische Bevölkerung und folterte Gefangene. Nicht nur Erwachsene, sondern auch Kinder wurden einer Gewissensprüfung unterzogen, wobei schon ein Tattoo, eine Brille, weiche Hände oder Englisch-Kenntnisse als Zeichen einer „anti-japanischen“ Einstellung galten. Bis zu 50.000 als schuldig befundene Menschen in Singapur und in anderen besetzten Gebieten im heutigen Malaysia wurden in Massenexekutionen hingerichtet. Viele Kriegsgefangene mussten etwa beim Bau der Thailand-Burma-Eisenbahn Sklavenarbeit verrichten. Die Okkupation endete erst mit der Kapitulation Japans am 15. August 1945.

Meerenge mit malaysischen Hochhäusern am anderen Ufer.
Nur die etwa einen Kilometer breite Straße von Johor trennt Singapur vom nördlichen Nachbarn Malaysia.
Eine politische Karte von Südostasien und Umgebung. Singapur ist als zwinziger Inselstaat mit einem roten Pfeil markiert.
Singapur: Der winzige Inselstaat ist von großen Ländern umgeben.
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