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Somalia: Die US-Armee kämpft mit bewaffneten Drohnen gegen Terrorgruppen und trifft oft Zivilisten
Somalia: Im Fokus US-amerikanischer Drohnen
Im Drohnenkrieg der USA spielt Deutschland eine wichtige Rolle. Kritikerïnnen halten die Angriffe für Völkerrechtswidrig.
Dahir Nur Ibrahim bringt nur Satzfragmente heraus. Gedanklich springt er von einer Schreckensszene zur nächsten und zurück. Ganz offensichtlich stehen ihm die Bilder, die er vor mehr als zwei Jahren mitansehen musste, wieder vor dem inneren Auge: Sein Bruder Abdulkadir zerfetzt, sein Bruder Mahad im Krankenhaus, der Oberkörper einer weiteren Leiche. 19 Tage kämpfte Mahad um sein Leben, ehe er starb.
Die Tränen zu verhindern kostet Dahir alle Kraft, aber er will sie keinesfalls laufen lassen, denn ein somalischer Mann weint nicht. Der kräftige Mann Anfang 40 möchte berichten, was er am Morgen nach dem Drohnenangriff auf seine beiden Brüder am Ort des Anschlags sah, dessen Opfer sie am 18. März 2019 wurden.
„Wir sind ja unschuldig“
Sein Cousin Muhudin Hussein Ibrahim ist etwas gefasster, obwohl er den beiden Verstorbenen zu Lebzeiten ebenfalls sehr nahestand. In den Stunden vor dem Angriff habe er mehrfach mit ihnen telefoniert. „Meine Cousins hatten mir davon erzählt, dass ihnen eine Drohne folgte“, erinnert sich Muhudin. „Sie sagten: ‚Aber wir sind ja unschuldig, die haben bestimmt jemand anders im Visier.’“
Somalia ist einer der globalen Schauplätze im US-amerikanischen „Krieg gegen den Terror“. Im verarmten Staat am Horn von Afrika wird er vor allem aus der Luft geführt, meist mit bewaffneten Drohnen. Ziel sind laut der US-Armee hochrangige Mitglieder der Al-Shabaab-Miliz, die zum Al-Kaida Netzwerk gehört. Sie verübt in der somalischen Hauptstadt Mogadischu und anderen Städten regelmäßig Terroranschläge, durch die jedes Jahr hunderte Menschen sterben. Im Norden des Landes operiert außerdem der sogenannte Islamische Staat.
Seit 2002 setzen die USA auf gezielte Drohnenangriffe, um Personen zu töten, die sie des Terrorismus verdächtigen – unter anderem in Afghanistan, Pakistan, im Jemen oder in Somalia.
Im Namen der Terrorismusbekämpfung
Dahir Nur Ibrahim und Muhudin Hussein Ibrahim sitzen im Studio eines privaten Radiosenders in Mogadischu. In der Hauptstadt des ostafrikanischen Landes ist es wegen der Bedrohung durch die Al-Shabaab-Miliz nicht einfach, einen halbwegs sicheren und ruhigen Treffpunkt zu finden. Das Gelände des Senders ist immerhin einigermaßen bewacht. Somalische Journalistïnnen sind häufig Ziel von islamistischen Terroranschlägen und versuchen, sich so gut wie möglich zu schützen.
Die beiden Angehörigen sind für das Gespräch extra nach Mogadischu gekommen. Sie leben knapp 15 Kilometer von der Hauptstadt entfernt, die Gegend wird von der Al-Shabaab-Miliz kontrolliert. Ein Treffen dort wäre für uns alle zu gefährlich gewesen: Wegen meiner weißen Haut bliebe die Begegnung nicht unbemerkt, sie könnten für Spione gehalten und getötet, ich von der Terroristengruppe entführt werden.
Der Cousin stand in Flammen
„Meine Cousins waren am Morgen zur Farm gefahren“, erzählt Muhudin Hussein Ibrahim über den 18. März 2019. „Unterwegs hatten sie noch einen Arbeiter mitgenommen, der ihnen an diesem Tag helfen sollte. Auf dem Rückweg hielten sie an einem Brunnen. Der ältere meiner Cousins stieg aus, holte Wasser, stieg wieder ein, schloss die Tür – und in dem Moment schlug die Rakete von hinten ins Auto ein.“ Durch die Explosion sei Mahad mitsamt seinem Sitz aus dem Auto geschleudert worden. „Mahad brannte, die Umstehenden versuchten, die Flammen mit Wasser zu löschen.“
Kurz darauf seien einige Al-Shabaab-Mitglieder aufgetaucht. Sie hätten überprüfen wollen, ob die Männer, die Ziel des Drohnenangriffs wurden, womöglich tatsächlich zu ihnen gehörten. Der tote Abdulkadir habe sie nicht mehr interessiert, aber den schwerstverletzten Mahad hätten sie immer wieder geschlagen, um ihn zum Reden zu bringen. Das hätten ihm später die Augenzeugen erzählt, berichtet der Cousin. „Sie wollten verhindern, dass er Informationen ausplaudert, falls er tatsächlich zu ihnen gehört und überlebt.“
Die Al-Shabaab-Miliz
Der Name bedeutet auf Deutsch „Die Jugend“. Die 2006 entstandene islamistische Terrorgruppe kämpft gegen die international anerkannte Regierung in Mogadischu und verübt immer wieder Attentate. Die Al-Shabaab-Miliz, die zum Al-Kaida-Netzwerk gehört, kontrolliert Teile Südsomalias, setzt dort eine strenge Auslegung der Scharia durch und schränkt die Freiheit der Bevölkerung massiv ein. Verstöße gegen Vorschriften werden u.a. mit öffentlichen Auspeitschungen, Amputationen und Hinrichtungen geahndet.
Ihr Ziel ist die Errichtung eines islamischen Staates im Osten Afrikas und die Beteiligung an einem globalen Dschihad.
Nach Angaben der unabhängigen Gruppe „Armed Conflict, Location and Event Data Project“ (ACLED) wurden durch Angriffe der Miliz zwischen 2010 und 2020 mehr als 4.000 Zivilistïnnen getötet. Die meisten davon in Somalia, wo die Bevölkerung fast ausschließlich muslimisch ist.
Verhör des Schwerstverletzten
Mahad habe mehrfach beteuert, dass er nur Bauer sei und nebenbei Holz geköhlert habe. Muhudin zufolge nahmen die Milizionäre ihn sogar mit, um ihn eingehender zu befragen. Schließlich ließen sie ihn frei, weil er offenbar kein Mitglied ihrer Gruppe war.
Erst dann konnte ein Augenzeuge den Schwerstverletzten nach Mogadischu ins Krankenhaus bringen. „Bei Gott, seine Verletzungen waren sehr schwer, nur sein Gesicht war halbwegs zu erkennen“, bringt Dahir hervor. „Sein Körper war schwarz, an manchen Stellen war das Fleisch bis auf die Knochen weg.“
Die Cousins beteuern, die beiden Verstorbenen hätten zu der Terrorgruppe keine Verbindung gehabt. Abdulkadir habe für das somalische Telekommunikationsunternehmen Hormuud gearbeitet, Mahad sei Landwirt gewesen. „Die Farm, auf der sie den Tag über gewesen waren, haben wir von unserem Großvater geerbt“, erzählt Dahir.
US-Militär bestätigte Drohnenangriff
Auf die Frage, wer ihrer Meinung nach die tödliche Rakete gezündet habe, sagt Muhudin: „Die Amerikaner haben nach dem Drohnenangriff gemeldet, sie hätten in der Gegend drei Al-Shabaab-Mitglieder getötet.“ Daran sehe man schon, wie schlecht sie informiert seien: „Sie hatten ja zunächst gar nicht drei Menschen getötet, sondern zwei, und einen tödlich verletzt.“
Drohnenangriffe via Deutschland
Das Afrika-Kommando der US-Streitkräfte namens Africom hat seinen Sitz in Deutschland. Das Regionalkommando für Afrika wurde 2007 aufgestellt. Die Piloten der Drohnen sitzen in den USA, die Daten für die Steuerung der unbemannten Flugzeuge werden mittels einer Relaisstation auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein bei Kaiserslautern verstärkt. Ohne diese Relaisstation wäre der US-amerikanische Drohnenkrieg in Somalia, dem Jemen oder Afghanistan in der heutigen Form nicht möglich. Zwei Pressesprecherïnnen der US-Armee haben einem Interview über den Drohnenkrieg in Somalia zugestimmt. Andrew Caulk ist Pressesprecher des Special Operations Command Africa, das für alle Spezialeinsätze auf dem Kontinent verantwortlich ist. Darunter fallen auch Einsätze gegen bewaffnete Terrorgruppen. Seine Kollegin Christina Gibson ist Africom-Sprecherin.
Der globale US-Drohnenkrieg
Mitte September gab das US-Verteidigungsministerium zu, in Afghanistan kurz vor dem endgültigen Abzug Ende August durch einen Drohnenangriff zehn Zivilistïnnen getötet zu haben, darunter sieben Kinder. Das jüngste Mädchen war zwei Jahre alt. Die USA hatten die Opfer zunächst als Kämpfer des sogenannten Islamischen Staates bezeichnet. Das US-Verteidigungsministerium sprach später von einem tragischen Fehler.
Ein solcher sei allerdings keine Ausnahme, sagen Kritikerïnnen: Sie werfen den Vereinigten Staaten vor, im „Krieg gegen den Terror“ seit 2001 weltweit durch gezielte Drohnenangriffe mindestens 22.000 Zivilistïnnen getötet zu haben, davon mindestens 4.800 in Afghanistan.
Die in London ansässige Organisation Airwars spricht sogar von bis zu rund 48.300 zivilen Opfern US-amerikanischer Luftangriffe. Airwars unterscheidet allerdings nicht zwischen Angriffen durch bemannte oder unbemannte Flugzeuge.
Tödliche Angriffe
Vor meiner Fahrt zur US-Kaserne in Stuttgart habe ich den beiden Details zu den Opfern dreier Drohnenangriffe geschickt, die ich in Somalia gründlicher recherchiert habe. In diesen Fällen konnten die Angehörigen der Toten das Datum und eine ungefähre Uhrzeit benennen und in etwa beschreiben, wie der Drohnenangriff abgelaufen ist. Fünf andere Zeugïnnen oder Angehörige von mutmaßlichen Drohnenopfern, mit denen ich in Mogadischu gesprochen habe, wussten zu wenige Details, um ihre Geschichte überprüfen zu können.
Einer der drei tödlichen Angriffe, über die ich mit Caulk und Gibson reden möchte, ist der auf die drei Männer am Brunnen. „Ich habe mir Ihre Fälle angesehen“, sagt Africom-Sprecherin Gibson. „Sie sind alle nicht bewiesen.“ Sie weist allerdings darauf hin, dass „unbewiesen“ nicht bedeute, jeder Zweifel sei ausgeschlossen. „Wir sagen nur, dass wir die Vorwürfe auf Grundlage der uns vorliegenden Beweise nicht bestätigen können.“
Untersuchungen der Angriffe durch USA-Armee
Nach Meldungen über mutmaßliche zivile Opfer kommt die US-Armee bei ihren Untersuchungen in fast allen Fällen zu dem Ergebnis, die Behauptungen seien unbegründet. Bis April 2019 gab es nach US-amerikanischer Darstellung überhaupt keine zivilen Opfer des Drohnenkriegs in Somalia – sondern über 800 getötete Terroristen, durch 110 Luftangriffe seit 2017. Wobei der erste Drohnenangriff vermutlich sechs Jahre früher erfolgte.
Von Menschen zu Zielobjekten
Im März 2019 veröffentlichte Amnesty International einen Bericht. Die Menschenrechtsorganisation hatte fünf der Luftangriffe zwischen 2017 und 2019 genauer untersucht und war zu dem Ergebnis gekommen, allein durch diese Angriffe seien 14 Zivilistïnnen getötet worden.
Der Bericht machte international Schlagzeilen und schreckte auch den US-Kongress auf. Seitdem gibt die US-Regierung immerhin ein paar zivile Opfer zu. „Wir haben fünf Todesfälle und acht Verletzte verzeichnet, sie ereigneten sich im Rahmen von vier Luftangriffen“, erklärt Gibson.
Umgang mit Verdachtsfällen ziviler Opfer
Menschenrechtsorganisationen halten der US-Armee zugute, sie sei in jüngster Zeit offener geworden, was Verdachtsfälle ziviler Opfer angeht: Auf seiner Internetseite berichtet Africom nun regelmäßig über entsprechende Vorwürfe und die Ergebnisse ihrer Untersuchung. Über die Internetseite können außerdem weitere Verdachtsfälle gemeldet werden. Sie würden dann geprüft, versichert Gibson. Ebenso wie entsprechende Berichte, die in den sozialen oder anderen Medien veröffentlicht oder der US-Botschaft gemeldet würden.
Wie die US-Armee anschließend prüft, ob unbeteiligte Menschen zu Opfern wurden, erklären die beiden Sprecher nicht im Detail, diese Angaben seien vertraulich. Nur so viel sagt Gibson: „In manchen Fällen ist es einfach und wir können sagen: Wir haben an dem und dem Tag und zu dieser Zeit keinen Luftangriff durchgeführt.“ In anderen Fällen sei es etwas komplizierter, „da brauchen wir dann eine Menge nachrichtendienstliche Informationen“.
„Nachrichtendienstliche Erhebungen“
Ihr Kollege Andrew Caulk vom Special Operations Command ergänzt, die US-Armee prüfe grundsätzlich nicht erst im Nachhinein, ob es sich tatsächlich um ein Al-Shabaab-Mitglied gehandelt hat. Das wird gemacht, „lange bevor der Luftangriff genehmigt wird“. Das geschehe in der Regel Wochen oder gar Monate vor dem Angriff, abhängig davon, um was für ein „Ziel“ es sich handele.
„Wir stellen das anhand von Lebensmustern, nachrichtendienstlichen Erhebungen und anderen stichhaltigen Einschätzungen fest, die uns sagen, dass diese Person direkt mit Al-Shabaab in Verbindung steht und daher nach US- und internationalem Recht ein rechtmäßiges militärisches Ziel ist.“ Soweit die Perspektive des US-Militärs.
Recht auf Entschädigung
Eine wichtige Frage ist die nach Entschädigungszahlungen – zumindest für die wenigen zivilen Opfer, die die US-Armee in Somalia einräumt. Viele Juristïnnen sind davon überzeugt, dass zivile Opfer nach dem Völkerrecht Anrecht auf Entschädigung hätten. Die US-Armee hat für solche Zahlungen eine Reihe von Voraussetzungen, wie Gibson ausführt. Dazu gehört, „dass die Zahlungen nicht für ruchlose oder illegale Aktivitäten verwendet werden dürfen“. Es müsse also sichergestellt sein, dass sie von Mitgliedern der Al-Shabaab-Miliz nicht besteuert oder beschlagnahmt werden.
„Außerdem muss es möglich sein, dass sich Vertreter der USA mit einem potenziellen Empfänger der Zahlung in einer sicheren und angemessenen Umgebung trifft, um die damit verbundene Beileidsbekundung, das Mitgefühl oder den guten Willen auszudrücken.“
Keine Entschädigungszahlungen
In den Gebieten, die von der Al-Shabaab-Miliz kontrolliert werden, sind diese Kriterien faktisch nicht erfüllbar, bestätigt die Africom-Sprecherin. Dort aber finden die meisten Drohnen-Angriffe statt. Das Ergebnis: „Wir haben für US-Africom in Somalia überhaupt keine freiwillige Zahlung geleistet“, räumt Gibson ein.
Aber: Kann die niedrige Zahl ziviler Opfer überhaupt stimmen? Chris Woods beschäftigt sich damit seit Jahren. Der ehemalige Investigativ-Journalist der BBC hat 2014 die Organisation Airwars gegründet, die in London ansässig ist. Sie zählt die zivilen Opfer von bewaffneten Konflikten weltweit, in die internationale Mächte wie die USA, aber auch Russland oder die Türkei verwickelt sind: in Afghanistan oder dem Irak, im Jemen, in Somalia oder Syrien.
Kämpfer oder Zivilist?
„Nach unseren Schätzungen wurden durch Aktionen des US-Militärs in Somalia, die bis ins Jahr 2007 zurückreichen, wahrscheinlich zwischen 70 und 140 Zivilisten getötet“, sagt Woods. In dieser Zeit habe die US-Armee eigenen Angaben mindestens 1.900 Kämpfer getötet.
In der Zählung der Luftangriffe unterscheidet Airwars nicht zwischen bemannten oder unbemannten Flugzeugen, allerdings setzt die US-Luftwaffe in Somalia ganz überwiegend Drohnen ein. Mitgezählt sind auch einige Opfer von militärischen Operationen am Boden. Trotzdem ist der Unterschied in den Opfer-Zahlen erheblich.
Illegale Drohnenangriffe?
Hinzu kommt die Frage nach dem Charakter der militärischen Operationen in Somalia. Nach eigener Darstellung führt die US-Regierung in Somalia Krieg, und zwar gegen den Terror der Al-Shabaab. Die US-Armee betont außerdem, dass sie auf Bitten der somalischen Regierung in Somalia im Einsatz ist. Aber ist das wirklich ein Krieg? Ist es keiner, müssen die USA die restriktiveren Menschenrechte respektieren, und nicht nur das Kriegsvölkerrecht.
Andreas Schüller, Jurist mit Spezialisierung im Völkerstrafrecht, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Drohnenkrieg der USA. Er ist Programmdirektor für Völkerstraftaten und rechtliche Verantwortung beim European Centre for Constitutional and Human Rights, dem ECCHR, einer Menschenrechtsorganisation in Berlin. „Häufig ist es in der Terrorismusbekämpfung so, dass es keinen bewaffneten Konflikt gibt, in dem sich die USA und die terroristische Vereinigung in einem Krieg befinden“, fasst er zusammen. Stattdessen gehe es um Terrorismusbekämpfung, und das sei auch rechtlich von einem bewaffneten Konflikt zu unterscheiden. „In einem bewaffneten Konflikt ist humanitäres Völkerrecht anwendbar. Das heißt, unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Menschen auch getötet werden.“ Außerhalb eines bewaffneten Konfliktes gelten die Menschenrechte. „Da ist eine Tötung von Menschen aus der Luft im Grunde genommen komplett ausgeschlossen.“
Gibt es einen „globalen“ Krieg?
Bewaffnete Konflikte müssten zeitlich und räumlich eingegrenzt und bestimmt werden – ein „globaler Krieg“, der seit fast 20 Jahren weltweit an jedem Ort gegen jeden geführt werde, der mit Al-Kaida oder auch nur im entferntesten Verbündeten zu tun hat, falle nicht darunter. Schüller ist deshalb davon überzeugt, dass die USA mit ihrem ferngesteuerten Krieg gegen den Terror das Völkerrecht verletzten.
Fehler eingestehen
Währenddessen warten Dahir Nur Ibrahim und Muhudin Hussein Ibrahim darauf, dass die US-Armee ihre Brüder beziehungsweise Cousins doch noch als zivile Opfer anerkennt. Dieses Eingeständnis ist auch für Mohamed wichtig. Er ist Abdulkadirs ältester, 20-jähriger Sohn. „Ich möchte, dass die US-Armee ihren Fehler eingesteht und dass der Name meines Vaters rehabilitiert wird“, sagt der junge Mann. Er und die übrigen Familienmitglieder fühlten sich stigmatisiert und bedroht: „Nicht wenige denken vielleicht: Wie der Vater, so der Sohn.“
Aber Worte des Bedauerns allein reichen ihnen nicht, er und seine Verwandten hoffen auf Entschädigung. Als ältester Sohn hat Mohamed nun eine große Verantwortung für die Familie, „aber ich bin dafür noch zu jung, war darauf nicht vorbereitet“, sagt er. Zwar unterstützt die Großfamilie die Witwen und Halbwaisen der Verstorbenen, aber die zusätzliche wirtschaftliche Bürde ist für sie nicht einfach zu tragen. Ganz zu schweigen von der tiefen Trauer um die Toten.