Ein (fast) perfekter Erstflug der Ariane 6

Ist die Krise der europäischen Raumfahrt überwunden? Der erste Start der neuen Trägerrakete Ariane 6 verlief wie im Bilderbuch. Doch ein neuer Steuermechanismus trübte die Freude: Statt kontrolliert über dem Pazifik abzustürzen, blieb die Oberstufe in der Umlaufbahn.

vom Recherche-Kollektiv Die Weltraumreporter:
6 Minuten
Aus der Froschperspektive ist eine startende Rakete zu sehen, die auf den Feuerstrahlen ihrer Triebwerke reitend in den teilweise bewölkten Himmel steigt. Rechts und links der Rakete sind Strukturen des Startplatzes zu erkennen, die zum Teil von Abgaswolken verdeckt sind.

Um 16:00 Uhr Ortszeit (21:00 Uhr MESZ) am 9. Juli 2024 hob eine Ariane 6 erfolgreich vom europäischen Raketenstartplatz in der Nähe von Kourou in Französisch-Guayana zu ihrem Jungfernflug ab. Der Start verlief völlig reibungslos, und die Oberstufe mit der Nutzlast erreichte ohne Zwischenfälle ihre Umlaufbahn um die Erde.

Die Erleichterung war dem gesamten Ariane-6-Team anzumerken. Mit vier Jahren Verspätung aufgrund komplexer Entwicklungs- und Nachbesserungsarbeiten war Europas neue Schwerlastträgerrakete endlich einsatzbereit. In einer ersten Stellungnahme zeigten sich die Leitungsspitzen der beteiligten Organisationen und Konsortien denn auch sichtlich erfreut. Joseph Aschbacher, der Generaldirektor der europäischen Weltraumorganisation ESA, sagte in einer ersten Reaktion: „Es kommt nicht oft vor, dass eine völlig neue Rakete gestartet wird, und ein Erfolg ist alles andere als garantiert. Ich darf mich glücklich schätzen, diesen historischen Moment miterlebt zu haben, als die neue Generation der Ariane-Raketenfamilie erfolgreich abhob und Europa wieder Zugang zum Weltraum verschaffte.“ Philippe Baptiste, Präsident der französischen Raumfahrtagentur CNES, die den Raketenstartplatz in der Nähe von Kourou betreibt, unterstrich ebenfalls: „Europa ist zurück im Weltraum!“

Die Freude ist berechtigt. Einerseits ist die Ariane-Serie, die im Auftrag der ESA als europäisches Trägersystem für Satelliten und Raumsonden von einem Industriekonsortium entwickelt und gebaut wurde, eine jahrzehntelange Erfolgsgeschichte. Andererseits drohte Europa im internationalen Wettbewerb zurückzufallen, insbesondere gegenüber den privaten Raumfahrtunternehmen, die inzwischen in den USA den Markt dominieren. Zu dieser misslichen Situation trugen auch zweifelhafte strategische Planungen und komplizierte Vorgaben für industrielle Aufträge bei.

In der Abenddämmerung hängt die Oberstufe einer Rakete in einem Krangestell und wird in den dahinterliegendenriesigen Prüfstand eingebracht.
Eine Oberstufe der Ariane-6-Rakete wird in den Prüfstand des DLR in Lampoldshausen eingebracht.
Aus der Vogelperspektive ist ein Raketenprüfstand zu sehen, in dem gerade eine Raketenstufe getestet wird und dabei riesige Wasserdampfwolken nach rechts ausbläst
Im Prüfstand des DLR in Lampoldshausen durchlief die neu entwickelte Oberstufe der Ariane 6 mehrere Heißlauftests.
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