Europa baut Rolle als Führungsmacht in der wissenschaftlichen Erdbeobachtung aus

Die Europäische Weltraumorganisation ESA setzt sich mit neuen, hochmodernen Satelliten wie EarthCARE an die Spitze der Erdbeobachtung aus dem All. Während die NASA in diesem Bereich wichtige Satelliten verliert, baut Europa seine Vormachtstellung mit Milliardeninvestitionen in die Umweltforschung weiter aus

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Querschnitt mit Satellit und Erdoberfläche, dazwischen die Atmosphäre mit Wolken, für die das Bild eine vielfarbige Struktur des Inneren darstellt.

Es klingt nach verkehrter Welt. Traditionell gelten die USA als die unangefochtene Supermacht bei allem, was mit dem Weltraum zu tun hat. Die Europäer dagegen treten in aller Regel dahinter als deutlich kleinerer Player zurück. Nun scheinen sich aber ausgerechnet bei einem der wichtigsten Bereiche der Raumfahrt – der Beobachtung von irdischen Umweltveränderungen aus dem All mithilfe von Satelliten –, die Machtverhältnisse umzudrehen. Zur Zukunft der Erdbeobachtung durch die US-amerikanische Weltraumbehörde NASA kommen aus der US-Forschergemeinde derzeit hauptsächlich düstere Töne, während gleichzeitig die Europäische Weltraumagentur ESA ihren langjährigen Aufstieg zur Führungsmacht in diesem Bereich fortsetzt. Jüngster Beleg ist der nagelneue, zu Höchstleistungen fähige Satelliten namens „EarthCARE“, den die ESA Ende Mai im Orbit positioniert hat und der nun erste Analysen der Erdatmosphäre gesendet hat. Was ist da los?

Anlass für die große Missstimmung ist das absehbare Ende von drei traditionsreichen US-amerikanischen Erdbeobachtungssatelliten namens „Terra“, „Aura“ und „Aqua“. Sie umkreisen die Erde seit rund zwanzig Jahren und sind zu wichtigen Datenquellen für die Klima- und Umweltforschung geworden. Während die NASA ihren Blick gen Mond und Mars richtet und dafür riesige Summen investiert, droht Kritikern zufolge die wissenschaftliche Erdbeobachtung in den kommenden Jahren ins Hintertreffen zu geraten.

US-Forscher fürchten Ende von drei Satelliten

Die „New York Times“ warnte Anfang Mai vor einem drohenden Desaster für die Wissenschaft: „Schon jetzt driften die Satelliten ab und verlieren Stück für Stück an Höhe“. Das unvermeidliche Verglühen in der Erdatmosphäre sei ein „Moment, den Wissenschaftler fürchten“. Ein Großteil der von Terra, Aqua und Aura gesammelten Messreihen werde mit ihnen enden, neuere Satelliten würden etwa zur Entwicklung der Ozonschicht nicht mehr alle Daten liefern können, weil ihnen die passenden Instrumente fehlten. In ein paar Jahren werde unser Bild von der Erde „viel unschärfer“ sein als heute. Der Verlust der Satelliten sei „einfach tragisch“, zitierte das Blatt Susan Solomon, eine Atmosphärenchemikerin vom Massachusetts Institute of Technology. „Gerade dann, wenn es der Planet am nötigsten braucht, dass wir verstehen, wie wir ihn beeinflussen, sieht es so aus, als würden wir auf katastrophale Weise am Steuer schlafen.“

Die freundlich dreinschauende Frau auf einer Konferenz vor einer Wand mit der Aufschrift „Living Planet Symposium“.
Simonetta Cheli
Satellit mit vielen Einzelteilen, eine Box mit einer Art Schnauze vorne und einem Segel hinten.
Modell des Satelliten „EarthCARE“.
Übersicht der früheren, aktuellen und geplanten Erdbeobachtungsmissionen der ESA in den Bereichen Wissenschaft, Erdbeobachtung und Wetter
Die ESA-Erdbeobachtungsflotte.
Zwei Satelliten über der Erde, Modell.
Die Satelliten TerraSAR-X und TanDEM-X.