Wissenschaftsakademien: Kernfusion wird keinen Beitrag zu den Klimazielen bis 2050 leisten können

Expertengremium warnt vor hohen technischen Hürden, großen Versprechungen von Start-ups und langen Bauzeiten für Großkraftwerke. Qualitätsmängel und Managementprobleme verzögern erstes ITER-Experiment zur Energiegewinnung bis ins Jahr 2039. Deutsche Fusionsforscher zeigen sich dennoch optimistisch

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Eine riesige Halle mit komplizierten Bauteilen.

Strom in Hülle und Fülle den Weg zu bereiten – ohne CO₂-Emissionen, ohne stark strahlenden Atomabfall und ohne den Flächenbedarf erneuerbarer Energien – ist das große Versprechen der Kernfusion. In den vergangenen Monaten haben vor allem Start-ups von sich reden gemacht, die dieses Ziel mit privaten Geldern und staatlicher Förderung verfolgen. Die weltweit etwa mehr als dreißig Unternehmen konnten in jüngster Zeit Milliarden Dollar einwerben. Manche von ihnen versprechen, schon binnen zehn Jahren die erste funktionstüchtige Anlage zu errichten. Auch Nachrichten über neue Rekorde bei der sogenannten Laserfusion schufen Aufwind für die Kernfusion. Die deutsche Forschungsministerin Bettina Stark-Watzinger machte die Fusion zu einem Schwerpunkt ihrer Arbeit und stellte in Aussicht, dass schon bis Anfang der 2030er Jahre der erste Strom aus einer deutschen Fusionsanlage ins Netz fließt.

Doch nun warnen die deutschen Wissenschaftsakademien vor zu großem Optimismus und erheblichen Hürden: „Mit dem von Fachleuten als möglich erachteten Umsetzungszeitraum von 20 bis 25 Jahren wird die Kernfusion keinen relevanten Beitrag zum Erreichen der Klimaziele für 2045 in Deutschland beziehungsweise 2050 in Europa leisten können“, heißt es in einem sogenannten „Impulspapier“, das Expertinnen und Experten aus der Nationalen Akademie der Wissenschaften (Leopoldina), der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech) und der Union der deutschen Akademien der Wissenschaften veröffentlicht haben. Zudem müssten sich Fusionskraftwerke als wettbewerbsfähig gegenüber Erneuerbaren Energien erweisen.