Gletscherschmelze in den USA: Flüsse sind bedroht, die Wasserversorgung von Millionen gefährdet

In den Rocky Mountains schwindet das Eis der Gletscher. Das verändert den Lauf von Flüssen und führt zu Wetterextremen wie Dürren oder Überflutungen. Aber wie kann Wissenschaft ein Problem vermitteln, das die breite Bevölkerung erst in Jahren deutlich spüren wird?

vom Recherche-Kollektiv Flussreporter:
11 Minuten
Zu sehen ist ein mit Eis und Schnee betupfter Berg in der Gebirgslandschaft der mächtigen Rocky Mountains.

Wo Weißfichten eine Lücke lassen, kann man die Berge sehen: Vereiste Gipfel bilden ein Gebirge, so gewaltig und grenzenlos wie die Heimat von Riesen. „Dieses Panorama holt einfach immer ein Wow raus“, sagt Lisa McKeon über den Ausblick in das 4100 Quadratkilometer große Wildnisgebiet – den Glacier Nationalpark im US-Bundesstaat Montana. McKeon ist ganz in der Nähe aufgewachsen, keine Stunde Autofahrt entfernt. Später ging sie raus in die Welt, studierte Biologie, kehrte zurück als Wissenschaftlerin. Sie sagt, das Eis der Gletscher beeinflusse hier seit Jahrtausenden das Leben. Aber nicht mehr lange.

Bevor sie das genauer erklärt, will sie erstmal runter vom Hauptwanderweg. Also ab auf einen Seitenpfad und weiter auf der alten Holzbrücke über einen Gebirgsbach, der dem Tal entgegen lärmt. McKeon kennt den Park gut, schon als Kind erkundete sie seine Wege. Und die Wanderroute zum Grinnell-Gletscher würde sie sowieso niemals vergessen. Ihre Eltern hatten sie dorthin mitgenommen, um das Eis kennenzulernen. Drei, vier Stunden lang mussten sie gehen. Dann stand sie vor einem 70 Meter hohen, kalten Wall. „Es war absolut unwirklich“, erinnert sich McKeon. „Eine magische Atmosphäre.“

Vor ein paar Jahren nahm sie ihre Tochter an diesen Ort mit. McKeon war inzwischen 50, ihr Kind 13, so alt wie sie selbst damals. Das Eis aber war ein anderes. Tropfen für Tropfen, Liter für Liter war der Wall ihrer Kindheit geschmolzen. Als sie angekommen waren, konnte sie ihrer Tochter nur noch ein Mäuerchen zeigen, gerade kniehoch. Der einst mächtige Grinnell war inzwischen mehr Bergsee als Gletscher.

Die Wissenschaftlerin Lisa McKeon steht im Glacier Nationalpark und lächelt in die Kamera.
Lisa McKeon ist Wissenschaftlerin im Northern Rocky Mountain Science Center. Ihr Arbeitsplatz ist der Glacier Nationalpark.
Seit Jahrzehnten dokumentieren Wissenschaftler im Glacier National Park das Vergehen der Gletscher. Auf dem Foto ist ein Schwarzweiß-Bild mit viel Schnee in den Bergen zu sehen, daneben dieselbe Landschaft auf einem Schwarzweißfoto, der Schnee fehlt völlig.
Seit Jahrzehnten dokumentieren Wissenschaftler im Glacier National Park das Vergehen der Gletscher.
Der MIssouri River schlängelt sich durch ein Steppental in den USA im Bundesstaat Montana.
Das Wasser der Gletscher speist auch den Missouri River. Der längste Fluss der USA ist die Lebensader des nördlichen Montana.
Wasser aus dem Missouri River bewässert über Kilometer angelegte Felder in Steppenland.
Die Landwirtschaft im Norden des US-Bundesstaats Montana ist auf Wasser aus dem Missouri angewiesen. Aber diese Ressource schwindet mit dem Vergehen der Gletscher.
Der Missouri River biegt um eine Rechtskurve und leuchtet tiefblau gegen das goldene Abendlicht der umgebenden Felsformationen.
Der Missouri River trägt wegen des vielen Schlamms in seinem Flussbett auch den Spitznamen »Big Muddy«.
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