Frankreich: Grande Nation oder Enfant Terrible des ökologischen Wandels?

Einerseits legen die Franzosen eine tadellose Anti-Plastik-Politik an den Tag, andererseits bauen sie neue Atomkraftwerke. Wie passt das zusammen? Eine Einordnung.

6 Minuten
Plastik, das sich im Sand gesammelt hat.

Plötzlich öko? Ja, sagen manche. Angeblich schwappt eine grüne Welle durch Frankreich und so manch beherztes Gesetz mag diesen Eindruck unterstützen. Doch dahinter steckt mehr als nur die Liebe zu Klima und Umwelt.

Laut Schätzungen des französischen Umweltministeriums werden 37 Prozent des Obsts und Gemüses in Supermärkten in Plastik verpackt – also etwa ein Drittel der gesamten Frischware. Doch damit ist in Frankreich bald Schluss: Ab Januar 2022 werden dreißig Obst- und Gemüsesorten nicht mehr in Kunststoffverpackungen vor sich hin rascheln. Komplett plastikfrei sollen unverarbeitete Lebensmittel bis 2026 werden. Das Antiwegwerf-Gesetz, das 2020 in Kraft trat und nun schrittweise umgesetzt wird, soll den Alltag Frankreichs nachhaltig verändern und bis 2040 eine solide Kreislaufwirtschaft in Schwung bringen: Man will mehr Reparaturen statt Neukäufe und die Einsparung von circa einer Milliarde unnötiger Verpackungen. Auf den Verpackungen, die dann noch bleiben, soll besser über die Herkunft des Produktes und dessen CO2-Emission informiert werden.

Die kommenden Veränderungen rennen bei einem Großteil der Bevölkerung bereits offene Türen ein: Flaschenpfand, Tempolimit und ein Verbot von Inlandsflügen sind nicht etwa Beschlüsse des Umweltministeriums, sondern Forderungen des Bürger-Klimarates „Convention Citoyenne pour le Climat“, den Staatschef Macron im Jahr 2019 aufstellen ließ, um Vorschläge zum Klimaschutz aus der Bevölkerung zu erhalten. Insgesamt 149 Empfehlungen richteten die Bürgerïnnen an das Gouvernement.

Tomaten, Salate, Kartoffeln und anderes Gemüse liegt in Plastikverpackung in einem französischen Supermarkt.
Schrittweise verabschiedet sich Frankreich vom Plastik des alltäglichen Gebrauchs und versucht auch andere unnötige Ressourcenverschwendung zu bekämpfen. Während in Deutschland seit 2020 die Kassenbon-Pflicht gilt, dürfen in Frankreich ab 2023 Kassenbons nur noch auf Nachfrage der Kundschaft ausgestellt werden.