Ab in den Sommer-Urlaub: Mit diesen Tipps reisen Sie nachhaltiger

Wie kann ich meinen Urlaub möglichst nachhaltig gestalten? Philip Heldt, Referent für Ressourcenschutz und Wasser von der Verbraucherzentrale NRW, gibt im Interview Tipps für ressourcenschonendes Reisen.

vom Recherche-Kollektiv Klima & Wandel:
5 Minuten
Eine Frau fährt Kayak. Sonnenuntergang.

Wenn ich möglichst nachhaltig reisen möchte, was sollte ich beachten?

Philip Heldt: Der wichtigste Punkt ist die An- und Abreise: Wie weit reise ich und wie komme ich da hin? Wenn ich Fernflüge vermeide, tue ich schon unglaublich viel für die Nachhaltigkeit. Aber ich verstehe auch diejenigen, die nicht auf Flugreisen verzichten möchten.

Ich muss das Fliegen also nicht bleiben lassen?

Manch einer möchte eben die indische Kultur oder die japanische Kultur kennenlernen oder einmal in seinem Leben einen Regenwald sehen. Es ist wichtig zu verstehen, wie andere Menschen leben, wie ihr Alltag aussieht und wahrzunehmen, wie unser Konsum das vielleicht bedroht. Wenn ich einmal einen Regenwald gesehen habe, ist mein Bedürfnis viel stärker, ihn zu schützen, als wenn ich denke: „Das ist alles ganz weit weg, habe ich noch nie gesehen, ist mir egal.“ Das sollten Sie gut gegeneinander abwägen. Einfach zu sagen „gar nicht mehr fliegen und dann ist alles fein“ – das finde ich zu kurz gegriffen.

Was muss ich beim Planen von langen Flugreisen beachten?

Überlegen Sie sich gut, wieviel Zeit Sie an dem Ort verbringen. Ein Beispiel: Wenn Sie die Wahl haben, ob Sie jetzt für zwei Wochen nach Japan fliegen und nächstes Jahr noch einmal oder ob Sie einfach einmalig vier Wochen nach Japan reisen: Das macht einen erheblichen Unterschied in der CO2-Bilanz aus.

Und was ist mit Kurztrips?

Auf Kurztrips mit dem Flugzeug und Inlandsflüge sollten Sie komplett verzichten. Gerade in Deutschland und in vielen Teilen Europas können Sie auch sehr gut mit dem Zug oder Auto hinfahren.

Oft werden für Fernreisen Zubringer-Flüge im Inland angeboten. Was sind bessere Alternativen?

Nicht das Flugzeug im Inland benutzen, sondern in die Bahn steigen. Gerade in der Start- und Landephase werden besonders viele CO2-Emissionen freigesetzt, deshalb sollten Sie Kurzstreckenflüge vermeiden.

Was bedeutet nachhaltiger Tourismus abgesehen von der klimafreundlichen An- und Abreise?

Dieser Begriff ist weit gefasst und kann alles Mögliche meinen. Einige Anbieter werben damit, dass sie zum Beispiel Ökostrom beziehen oder selbst Strom aus Solaranlagen gewinnen, dass sie Bio-Essen oder Nahrungsmittel aus der Region verwenden. Dass die Bettwäsche nicht sonderlich häufig gewechselt wird oder eben nur auf Verlangen. Das sind ganz viele kleine Bausteine, die eine Rolle spielen. In einigen Ländern des globalen Südens werden auch Sozialprojekte dazu gezählt, etwa wenn die Kinder der Angestellten dort in die Schule gehen. Wichtig ist auch, wie ich mich vor Ort verhalte, dass ich lokale Produkte kaufe und mich mit den Menschen vor Ort austausche.

Woran erkenne ich nachhaltiges Essen am Urlaubsort?

Daran, dass der Fisch von lokalen Betrieben stammt und dass das Restaurant auch lokale Länderküche anbietet. Dass die Strandbar eben keine Plastik-Einwegbecher verteilt, sondern Mehrwegbecher. Und dass kein „all inclusive“ auf dem Menü steht, um Überkonsum zu vermeiden.

Gibt es Siegel, mit denen ich die Nachhaltigkeit meiner Reise besser einschätzen kann?

Es existieren keine unabhängigen Siegel. Wie in anderen Bereichen auch, gibt es leider eine unglaublich große Siegel-Vielfalt in der Tourismus-Branche. Nicht alle sind sehr aussagekräftig, deshalb gilt es, auf die Details zu achten. Auf der Webseite www.label-online.de vom Bundesverband Die Verbraucherinitiative gibt es eine sehr gute Übersicht. Auch Viabono, eine Fachorganisation für Umwelt- oder Nachhaltigkeitszertifizierungen in der Freizeit- und Tourismusbranche, weist Dienstleister vor Ort aus, die im Sinne des nachhaltigen Tourismus arbeiten.

Wie kann ich auch ohne Siegel erkennen, ob beispielsweise meine Unterkunft Ressourcen schont oder nicht?

Das können Sie recht einfach feststellen. Als Faustregel gilt: Je luxuriöser ein Aufenthaltsort, umso höher der CO2-Ausstoß. Ein Hotel mit Pool, vielleicht noch mit einem Golfplatz, zieht immer mehr Energie und Ressourcen für Klimaanlagen und Bewässerung als beispielsweise ein Agriturismo in Italien, wo Sie bei den Betreibern am Hof wohnen.

Gibt es auch Reisen, die niemals nachhaltig sein können?

Kreuzfahrten! Die haben einen sehr hohen Ressourcenverbrauch, weil dort viel Luxus geboten wird. Zudem gehen einige dieser Touren in Regionen, in denen wir Menschen uns eigentlich nicht aufhalten sollten – etwa in die Antarktis.

Was ist an touristischen Reisen in die Antarktis problematisch?

Je mehr Kreuzfahrtschiffe dort hinkommen, desto mehr schwarzer Ruß legt sich auf den Schnee. Er schmilzt dann noch schneller als ohnehin schon.

Und wenn ich den „weißen Kontinent“ doch besichtigen möchte?

Eine mögliche Alternative wäre es, nach Nord-Kanada oder Grönland zu fliegen. Natürlich sehe ich vom Schiff aus mehr. Aber wenn ich umweltbewusster handeln will, lasse ich die Finger davon.

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Welcher Aspekt geht beim nachhaltigen Reisen vielleicht unter?

Ich finde es immer wichtig, sich selbst zu fragen: Wie viele Wochen im Jahr reise ich und wie viele Wochen bin ich zu Hause? Und wie bewege ich mich in meiner Region fort? Habe ich zwei Autos vor der Haustür stehen? Kann ich nicht nur eines oder wenigstens ein kleineres Auto fahren? Und wenn ich in der Stadt lebe: Kann ich nicht ganz aufs Auto verzichten? Wie kann ich mehr Strecken mit dem Rad fahren? Nachhaltigkeit sollte nicht nur im Urlaub wichtig sein, sondern jeden Tag im Jahr.

Wohin ging Ihre letzte Reise?

Ich war in Portugal in einem kleinen Hotel mit lokaler Küche. Ich bin geflogen, weil auch meine Urlaubszeit knapp ist. Die nächsten zwei Reisen werden wieder mit der Bahn sein.

Herr Heldt, vielen Dank für das Gespräch.

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