Klima-Kolumne: Wie der Klimawandel den US-Wahlkampf einholt

Der beiden jüngsten Hurrikane in den USA zeigen deutlich: Die Strategie, die menschengemachte Erderwärmung zu ignorieren, wird nicht länger aufgehen. Die Realität holt uns alle ein, ob wir es wollen oder nicht. Eine Kolumne.

vom Recherche-Kollektiv Klima & Wandel:
4 Minuten
Eine amerikanische Flagge weht über Trümmern, die nach dem Hurrikan Helene in der Gegend verstreut sind.

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Je näher die US-Wahl am 5. November rückt, desto mulmiger wird mir zumute. Denn die USA sind nicht irgendein Akteur auf der Weltbühne, wenn es um Klimaschutz geht. Die Vereinigten Staaten sind einer der größten CO2-Produzenten – und damit ein Schlüsselakteur im globalen Klimaschutz. Der Ausgang der US-Wahl hat weitreichende Konsequenzen.

Das Klima war kein Thema – bis Hurrikan Helene kam

Zu Beginn des US-Wahlkampfs schienen Klimaziele und Emissionsreduktionen kaum eine Rolle zu spielen. Als ich die TV-Debatte der beiden Präsidentschaftskandidat:innen Donald Trump und Kamala Harris sah, musste ich lange warten, bis das Wort „Klimawandel“ überhaupt fiel. Und als es endlich zur Sprache kam, blieb es bei einer einzigen Frage.

Doch zwei Hurrikane haben nun alles geändert. Erst wütete Hurrikan Helene Ende September in sechs US-Bundesstaaten, tötete mehr als 220 Menschen und hinterließ Schäden von über 100 Milliarden US-Dollar. Nur knapp zwei Wochen später folgte schon der nächste verheerende Hurrikan Milton, der – als er am 9. Oktober auf die Küste Floridas traf – wieder Häuser, Existenzen zerstörte und auch Leben kostete.

Hurrikane: Was der Klimawandel damit zu tun hat

Und ja, die Klimakrise spielt eine bedeutende Rolle. Die Wissenschaftler-Initiative World Weather Attribution (WWA) zeigt in einer aktuellen Studie: Ohne die menschengemachte Erderwärmung wäre Helene schwächer gewesen – weniger Wind, weniger Regen, weniger Zerstörung. Denn: Tropische Stürme werden durch die Erwärmung der Ozeane gefährlicher, da wärmere Luft mehr Feuchtigkeit speichern kann. Im Golf von Mexiko lagen die Temperaturen in den vergangenen Wochen 2 Grad über dem vorindustriellen Niveau, und das hat Helene befeuert. Und Milton? Der Sturm wurde nach Angaben der Organisation Climate Central durch die aufgeheizten Wassertemperaturen sogar bis zu 800-mal wahrscheinlicher gemacht.

Und auf einmal hat die Realität den US-Wahlkampf eingeholt. Die Kandidat:innen müssen auf die beiden Hurrikane reagieren. Während der demokratische Vizekandidat Tim Walz in einer TV-Debatte klar den Zusammenhang zwischen Hurrikan Helene und dem Klimawandel betonte, zweifelte der republikanische Vize JD Vance an, ob CO2 wirklich den Klimawandel antreibt. Kamala Harris versprach Unterstützung für die Betroffenen, während Trump Falschmeldungen in Zusammenhang mit der Katastrophenschutz-Behörde FEMA verbreitete.

Donald Trump will fossile Brennstoffe fördern

Donald Trump verschließt weiterhin die Augen vor der Realität, bezeichnet den menschengemachten Klimawandel als Schwindel, verteufelt den Klimaschutz. Sein Plan als US-Präsident? Mehr fossile Brennstoffe fördern, ganz nach seinem Mantra: „Drill, Baby, Drill“, zu Deutsch: Bohren, Baby, bohren. Bereits während seiner Amtszeit als Präsident war Trump aus dem Pariser Klimaabkommen ausgestiegen. Das will er erneut tun, sollte er wiedergewählt werden. Und Kamala Harris? Sie hat zwar angekündigt, bis 2050 Netto-Null-Emissionen in den USA zu erreichen. Gleichzeitig verteidigt sie weiterhin das Fracking – eine Methode, bei der Öl und Gas aus tiefen Gesteinsschichten gewonnen wird. Gerade im Swing-State Pennsylvania, wo Fracking besonders wichtig ist, versucht sie so die Wähler:innen auf ihre Seite zu ziehen.

Was die beiden Hurrikane deutlich zeigen: Einen Wahlkampf zu führen, ohne das Klima zu thematisieren, gleicht im Jahr 2024 einer Wette gegen die Realität. Auch in Deutschland hat es der Klimawandel trotz Starkregen, Hochwasser und Hitzewellen in diesem Jahr kaum auf die politische Agenda geschafft – weder bei der Europawahl noch bei den Landtagswahlen in Thüringen, Brandenburg und Sachsen.

Klimaschutz ist eine Chance, keine Bedrohung

Dabei könnte sich ein klares Bekenntnis zum Klimaschutz und die Loslösung von der fossilen Industrie politisch sogar auszahlen. Es ist die Aufgabe der Politik, die Vorteile des Klimaschutzes klar auf den Tisch zu legen: geringere Kosten durch Naturkatastrophen, sichere Ernten, Kosteneinsparungen durch Energieeffizienz (wie z. B. Wärmepumpen), Schaffung neuer Arbeitsplätze, bessere Gesundheit durch saubere Luft, Stärkung der Lebensqualität, Sicherung des Wohlstands und eine lebenswerte Zukunft für kommende Generationen. Klimaschutz ist keine Bedrohung, sondern eine Chance – entgegen dem, was Trump und andere Politikergerne behaupten.

Das Thema Erderwärmung in der politischen Debatte zu meiden, kann strategische Gründe haben, wird Klimaschutz doch oft – fälschlicherweise – mit höheren Kosten und Verzicht assoziiert. Doch je mehr Naturkatastrophen wie die beiden verheerenden Hurrikane in den USA auftreten und je mehr Existenzen dadurch zerstört werden, desto deutlicher wird: Es gibt einen Unterschied zwischen leeren Versprechungen und echtem Schutz für uns Menschen. Am Ende werden diejenigen belohnt, die die notwendigen Schritte gegangen sind. Die Strategie, den Klimawandel zu ignorieren, wird langfristig nicht aufgehen. Die Realität holt uns alle ein – ob wir wollen oder nicht.

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