Auf den letzten Drücker: Joe Biden erhebt den Weißkopf-Seeadler zum offiziellen US-Nationalvogel
Als eine seiner letzten Amtshandlungen unterzeichnet der scheidende US-Präsident am letzten Arbeitstag vor Weihnachten ein Gesetz, das den Greifvogel nach mehr als 200 Jahren auch formell zum symbolischen Repräsentanten des mächtigsten Landes der Erde erhebt.
Was macht eigentlich Joe Biden, haben sich in den vergangenen Wochen viele politische Beobachter in den USA gefragt. Biden absolvierte kaum öffentliche Auftritte und überließ seinem Nachfolger Donald Trump weitgehend die Schlagzeilen.
Zumindest für die letzten Stunden vor Weihnachten hat das Weiße Haus dieses Geheimnis jetzt gelüftet. Biden unterzeichnete ein Gesetz, das den Weißkopf-Seeadler nun auch offiziell zum Nationalvogel der USA erhebt.
Gefühlt war der Adler schon immer der Nationalvogel
Die wenigsten Amerikaner dürften wissen, dass der nahe Verwandte des europäischen Seeadlers nicht längst der offizielle Nationalvogel der USA ist. Die Annahme geht darauf zurück, dass er schon seit 1782 auf dem berühmten „Großen Siegel“ abgebildet ist, das die Souveränität der USA als Nation symbolisiert.
Der Adler ziert außerdem die Präsidentenflagge, den Amtsstab des Repräsentantenhauses, ungezählte militärische Abzeichen und die Ein-Dollar-Scheine. Doch um den formellen Status festzuschreiben, war es nötig, einen Kodex zu ändern – und das kann nur nach einer Einigung in beiden Häusern des Kongresses und einer Unterschrift des Präsidenten vollzogen werden.
Der Adler hatte prominente Fürsprecher
Für die diplomatische Aufwertung des Weißkopf-Seeadlers hat sich ein breites überparteiliches Bündnis engagiert. Neben demokratischen und republikanischen Abgeordneten aus Minnesota hatten sich die Senatorinnen Amy Klobuchar und Cynthia Lummis dafür stark gemacht. Klobuchar ist eine prominente Figur bei den Demokraten. 2020 bewarb sie sich um die Nominierung als Kandidatin ihrer Partei für die Präsidentschaftswahl. Sie zog die Kandidatur zurück, um den Weg für Kamala Harris als erste schwarze Vizepräsidentin freizumachen.
„Der Weißkopf-Seeadler ist ein Symbol für die Freiheit und Stärke unseres Landes“, erklärte Klobuchar nun gemeinsam mit ihren Kollegen.
„In Minnesota wissen wir, worüber wir sprechen, wenn wir über Adler sprechen: Wir beherbergen eine der größten Populationen von Weißkopf-Seeadlern in den Vereinigten Staaten und das Nationale Adlerzentrum.“ „Ich bin begeistert, dass unser parteiübergreifender Gesetzentwurf es geschafft hat“, sagte auch die republikanische Senatorin Lummis aus Wyoming.
Auch das Trump-Lager äußerte sich positiv. "Der Weißkopf-Seeadler ist ein beständiges Symbol für amerikanische Freiheit und Werte, betonte der republikanische Senator Markwayne Mullin aus Oklahoma, der für einen Kabinettsposten unter dem künftigen Präsidenten im Gespräch war.
Hoffen auf Naturschutz
Konkrete Maßnahmen sind mit dem Schritt nicht verbunden, Naturschützer hoffen aber, dass die Aufwertung dem Vogelschutz in den bevorstehenden Trump-Jahren dennoch zugutekommen wird. „Die offizielle Ernennung des Weißkopf-Seeadlers zu unserem Nationalvogel bekräftigt das Engagement unserer Nation für den Naturschutz und ehrt ein Symbol, das Amerikanern im ganzen Land am Herzen liegt“, sagt John Wodele, Co-Vorsitzender der National Bird Initiative.
Wenige Vögel stehen so symbolträchtig für das Auf und Ab der Natur in den USA wie der Adler. „Kein Vogel hat den Titel mehr verdient“, sagt Jack Davis, Autor eines Standardwerks über die Art. „Zweimal haben wir ihn an den Rand des Aussterbens gedrängt, doch der Weißkopf-Seeadler hat überlebt und uns letztlich gezeigt, dass ein friedliches Zusammenleben mit der Natur unsere Lebensqualität bereichert.“
Rachel Carters Buch „The Silent Spring“ brachte die Wende zugunsten des Adles
Lebensraumverlust, Abschuss und Vergiftung mit DDT waren die Ursache dafür, dass der Wappenvogel an den Rand des Aussterbens geriet. Zum Tiefpunkt der Population in der Mitte der 1960er Jahre waren es nur noch etwas mehr als 400 Paare. Heute gibt es nach Schätzungen wieder mehr als 70.000 Brutpaare. Wie für viele andere Arten hat auch für den Weißkopf-Seeadler das 1962 veröffentlichte Buch von Rachel Carson „Der stumme Frühling“ über die Gefahren der Chemikalie die Wende eingeläutet. Die USA waren 1972 das erste Land, das den Einsatz von DDT verbot.
Bill Clinton verkündete zum Nationalfeiertag das Comeback
Für jedermann sichtbar wurde der Erfolg im Artenschutz für den US-Wappenvogel im Juli 1999. Am Vorabend des Unabhängigkeitstages erklärte der damalige US-Präsident Bill Clinton die Art für gerettet. „Der Weißkopf-Seeadler ist dem Abgrund der Ausrottung entronnen und gedeiht in praktisch allen Bundesstaaten“, sagte Clinton.
„Ich kann mir keine bessere Art und Weise vorstellen, an die Geburt unserer Nation zu erinnern, als die Wiedergeburt unseres stolzesten lebenden Symbols zu feiern“, sprach er und entließ die Art aus der Roten Liste.
Biden ist dem Naturschutz verbunden
Der scheidende Präsident Biden hat bereits angekündigt, sich weiter für Naturschutz einzusetzen. Er hat sich oft fasziniert über den Adler geäußert. Im Wahlkampf 2020 hatte ihn ein überfliegender Weißkopf-Seeadler sogar zu sentimentalen Äußerungen über seinen verstorbenen Sohn Beau inspiriert. Trump posierte mit „Uncle Sam“ Auch der amtierende Präsident Donald Trump versuchte immer wieder, sich das stolze Tier zunutze zu machen. Das ging aber auch schon schief. Bei einem Fotoshooting für eine Titelgeschichte des Time Magazines schreckte Trump 2015 ängstlich vor einem in Gefangenschaft gehaltenen Adler namens „Uncle Sam“ zurück. Die Demokraten nutzen ein Video des Vorfalls im Wahlkampf.