In Australien geht die Evolution eigene Wege – über Känguru, Koala und viele andere Beuteltiere

Die meisten Beutler leben heute in Australien – und haben einen Beutel. Doch von jeder Regel gibt es Ausnahmen. Und das gilt ganz besonders bei dieser Tiergruppe, wie eine Reise durch die erstaunliche Welt der Beuteltiere zeigt.

vom Recherche-Kollektiv Tierreporter:
7 Minuten
Ein Numbat mit langer spitzer Zunge

In den Trockenwäldern Australiens klettert am frühen Morgen ein eigentümliches Tier aus seinem Bau: Der Numbat ist rötlichbraun, hat eine spitze Schnauze, einen buschigen Schwanz und auffällig helle Streifen auf dem Rücken. Ein bisschen ähnelt er dem Wiesel. Sein deutscher Name Ameisenbeutler ist etwas irreführend, denn der Numbat frisst in der Regel keine Ameisen, sondern Termiten. Hat er einen Termitenhügel gefunden, kratzt er mit kräftigen Krallen die Erde auf und sammelt die Insekten mit seiner klebrigen Zunge ein. Pro Tag schafft er bis zu 20.000 Termiten.

Für Vera Weisbecker ist der Numbat eines der spannendsten Tiere in Australien. Seit vielen Jahren erforscht die Zoologin Beuteltiere – zunächst in Deutschland, seit einigen Jahren an der Flinders-University im australischen Adelaide: „Die Numbats haben im Lauf der Evolution einen Teil ihrer Zähne verloren“, erzählt sie. „Das ist faszinierend, denn bei Beuteltieren gibt es diese extreme Spezialisierung nur sehr selten.“

Ein Beuteltier ohne Beutel

Ungewöhnlich ist aber nicht nur sein Speiseplan, sondern auch die Jungenaufzucht, denn Numbats haben keinen Beutel. Ohne Schutz hängen die frisch geborenen Jungtiere an den Zitzen der Mutter. Doch trotz dieser Besonderheit gehört der Numbat eindeutig zu den Beutelsäugern – und nicht zu den höheren Säugetieren. Bei der Bezeichnung „höhere Säugetiere“ zuckt Vera Weisbecker regelmäßig zusammen: „Beuteltiere sind einfach eine Alternative zu Plazentatieren“, sagt sie, „die sind nicht höher oder niedriger.“ Schließlich seien die Beutler viele Millionen Jahre auf dem australischen Kontinent sehr erfolgreich gewesen.

Vergleicht man nun ein Beuteltier mit dem ihm verwandten Raubtier oder Nager, so macht sich sofort auch dem blödesten Auge bemerklich, daß das Beuteltier unter allen Umständen minder ausgebildet, entwickelt und vollendet ist als der ihm ähnliche Räuber oder Nager.

Alfred Brehm aus dem Projekt Gutenberg-DE

Die Biologin Vera Weisbäcker steht im Labor und hält einen Koala-Schädel in der Hand
An der Flinders-University im australischen Adelaide erforscht Vera Weisbecker die Entwicklung der Beuteltiere. Die deutsche Biologin fasziniert der Zusammenhang zwischen Evolution, Verhalten und Körperbau der Tiere.
Ein Koala mit Jungtier
Wer Beuteltiere sehen möchte, muss nicht unbedingt ins Flugzeug steigen. In vielen Zoos gibt es die Tiere zu sehen. Der Zoo Duisburg hält gleich mehrere seltene Arten: neben verschiedenen Kängurus und Wombats auch Koalas und Beutelteufel.
Der ausgestorbene Beutelwolf, dahinter die DNA-Doppelhelix
1936 ist der letzte Beutelwolf in einem Zoo im tasmanischen Hobart gestorben. Gut achtzig Jahre später gelang es einem Team von australischen und deutschen Forschenden das Genom der Art zu entschlüsseln. Auch wenn es theoretisch denkbar ist, gilt es als unwahrscheinlich, dass der Tasmanische Tiger, wie der Beutewolf auch genannt wird, irgendwann wieder zu echtem Leben erweckt werden kann.
Der Forscher Jürgen Schmitz in einem Museum, im Arm ein präpariertes Känguru.
Der Urahn der australischen Beuteltiere lebte in Südamerika. Das hat Jürgen Schmitz zusammen mit einem internationalen Forschungsteam herausgefunden. Durch Genomanalysen klären die Forscherïnnen immer wieder überraschende Verwandtschaftsverhältnisse zwischen den Tiergruppen auf.
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