Wie ist mein biologisches Alter, und wie gut sind die neuen Selbsttests? Ein Erfahrungsbericht

Der Deutsch-Amerikaner Steve Horvath erfand im Jahr 2013 eine Nobelpreis-verdächtige Methode, das biologische Alter zu ermitteln und Gesundheit zu messen. Erste Selbsttests sind auf dem Markt. Zwei habe ich ausprobiert – mit überraschendem Ergebnis.

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Foto von zwei Händen. Die eine stammt von einem alten Mann, die andere von einem Kind.

Die Programme unserer Zellen wandeln sich systematisch im Laufe des Lebens. Je älter wir werden, desto mehr Methylgruppen werden an die Gene angelagert. Das Erbgut verändert seine Regulation. Die Epigenetik erforscht diese Veränderungen und ist mit Hilfe der nach ihrem Erfinder benannten Horvath‘schen Uhr inzwischen in der Lage, erstaunlich genau zu messen, wie schnell wir älter werden und wie jung unsere Biologie geblieben ist. Weil es nun sogar Selbsttests gibt, mit denen wir unsere eigene epigenetische Alters-Uhr ermitteln können, wird ein Menschheitstraum wahr: Wir erfahren, ob wir so jung sind, wie wir uns fühlen; und wir lernen, wie gesund wir leben. Ich habe zwei der neuartigen Tests auf das biologische Alter ausprobiert. Hier eine Einführung in den wissenschaftlichen Hintergrund und mein Erfahrungsbericht.

Vor fast sieben Jahren feierte ich meinen fünfzigsten Geburtstag. Es war ein tolles Fest, ein wunderbarer Tag, viele Freunde und Familienmitglieder freuten sich mit mir. Ich war glücklich und zufrieden, wähnte ich mich doch im besten Alter und konnte gleichzeitig bereits auf ein halbwegs erfülltes Leben zurückblicken. Doch schon seit längerem kamen mir Zweifel. Was wäre, wenn mein kalendarisches Alter vom biologischen abweicht? Vielleicht bin ich viel älter als ich sein sollte? Vielleicht aber auch jünger? Wer weiß das schon.

Alle kennen den Spruch: Man ist so alt, wie man sich fühlt. Demzufolge bin ich höchstens fünfzig. Aber eigentlich weiß ich ja gar nicht, wie man sich heutzutage als durchschnittlicher Fünfzigjähriger so fühlt.

Oft höre ich auch das Kompliment, ich sähe viel jünger aus als ich sei. Aber das geht vermutlich allen so. Typisch für mein Alter dürfte etwas ganz anderes sein, nämlich gerade der Umstand, dass ich beginne, über mein biologisches Alter nachzudenken. Es ist die Frage: Bin ich wirklich so jung, wie ich mich fühle? Das interessiert Menschen meines Alters nicht etwa aus Eitelkeit, sondern weil sie sich gleich zwei Antworten auf einmal erhoffen, die im sechsten Lebensjahrzehnt allmählich essenziell werden: Habe ich im bisherigen Leben für meine Gesundheit manches richtig gemacht? Und: Wie lange habe ich vermutlich noch zu leben?

Aussicht auf ein langes Leben

Seit 2018 gibt es in Deutschland einen ersten und seit 2021 einen zweiten Test, die solche Fragen ein Stück weit beantworten wollen. Sie können das biologische Alter laut Angaben der jeweiligen Hersteller auf plus/minus 2,5 beziehungsweise 2,8 Jahre genau berechnen. Das wäre erstaunlich gut und überträfe alle bisherigen Methoden zur biologischen Altersbestimmung von Menschen.

Die neuen Tests verraten uns letztlich, wie rasch wir im Laufe des bisherigen Lebens gealtert sind und vermutlich weiter altern werden. Sind wir dabei schneller als der Durchschnitt, ist unser biologisches Alter höher als das kalendarische, das wir unserem Personalausweis entnehmen können und alljährlich per Geburtstag feiern. Dann ist sehr wahrscheinlich auch unsere Lebenserwartung vermindert. Altern wir aber langsamer, sind wir eigentlich jünger als der Kalender sagt und dürfen darauf hoffen, mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit besonders lang zu leben.

Schon 2019 habe ich es gewagt und den ersten Test durchgeführt. Jetzt habe ich auch den zweiten ausprobiert. Vorab sei verraten, dass sie nicht das gleiche Ergebnis brachten, aber in der Tendenz übereinstimmten. Die Aussagekraft solcher Tests für uns selbst sollten wir also nicht überbewerten. Das unerhörte Potenzial, das gerade für die Wissenschaft in der Methode steckt, dürfen wir dennoch nicht gering genug einordnen: Forscher*innen beginnen gerade, unsere Gesundheit zu messen. Sie ermitteln systematisch, welche Einflüsse des Lebensstils uns schneller und welche uns langsamer altern lassen. Das kann man durchaus als Revolution bezeichnen.

Zeichnung einer laufenden Frau von hinten
Laufen hält jung und ist gesund. Davon sind viele überzeugt. Ob es stimmt, werden Wissenschaftler*innen in Zukunft wahrscheinlich mit Hilfe der epigenetischen Uhr messen können.

Wie alt sind wir wirklich? Wie lange haben wir noch zu leben? Sind wir gesund? Leben wir überhaupt auf die richtige Weise – was auch immer das sein mag?

Porträt von Dr. Peter Spork, Buchautor, Redner und Wissenschaftsjournalist
Peter Spork im kalendarischen Alter von 51 Jahren. Biologisch war der Autor damals einem neuen epigenetischen Test zufolge erst um die 46.
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