Europas Raumfahrt am Scheideweg: Große Hoffnung auf kleine Raketen

Europa bekommt mehrere neue Weltraumbahnhöfe, von denen schon bald neu entwickelte Kleinraketen abheben sollen. Ob sie auch den Engpass beim Start von europäischen Satelliten überbrücken können, muss sich noch zeigen.

vom Recherche-Kollektiv Die Weltraumreporter:
7 Minuten
Luftbildaufnahme einer verschneiten, dunstigen Landschaft mit Wald, im Zentrum erstrahlt das Triebwerk einer Rakete im Flug.

Europa hat ein neues Tor zum Weltraum – und es ist eisig: Es liegt in der nördlichsten Provinz Schwedens, nahe der verschlafenen und im Winter tief verschneiten Bergbaustadt Kiruna. Zur Eröffnung des ersten schwedischen Weltraumbahnhofs Anfang Januar 2023 trafen geladene Gäste der Raumfahrtbranche auf Vertreter der politischen Prominenz des Kontinents. Die Präsidenti der EU-Kommission, Ursula von der Leyen, beschwor die europäische Unabhängigkeit und zitierte die „Final Frontier“, die letzte Grenze des unerforschten Universums aus der Star-Trek-Saga, die nun auch hier überschritten werden könne.

Die Anlage blickt auf eine lange Geschichte zurück: Vom Esrange-Komplex, der gut 40 Kilometer von Kiruna entfernt in der extrem dünn besiedelten borealen Waldzone liegt, werden seit 1964 Höhenforschungsraketen gestartet. Sie sind relativ klein und nicht für orbitale Flüge vorgesehen. Jetzt aber befindet sich die Raumfahrtbranche weltweit im Aufschwung. Vielerorts werden neue Kleinraketen entwickelt und neue Weltraumbahnhöfe aus dem Boden gestampft. Allein in Europa konkurriert der schwedische Startplatz mit Großbritannien, Portugal und sogar Deutschland. Diese Entwicklung soll Europas Unabhängigkeit in der Raumfahrt wiederherstellen.

Europa bangt um Zugang zum All

Bei Europas Raumfahrtagentur (ESA) galten kleine Raketen bisher bestenfalls als nützliche Ergänzung zu den etablierten Modellen Ariane, Vega oder der russischen Sojus. Doch seit dem letzten Jahr steht es schlecht um Europas Raketen: Zunächst zog Russland im Frühjahr 2022 im Zuge gegenseitiger Sanktionen seine Sojus vom etablierten Weltraumbahnhof Kourou in Französisch-Guayana in Südamerika zurück, dann scheiterte am 21. Dezember 2022 auch noch der zweite Start der gerade neu entwickelten Vega C. Die Ursache des Unglücks war wohl ein mangelhaftes Material an der Düse der zweiten Raketenstufe. Das Problem muss aber weiter analysiert werden. Eine Rückkehr auf den Startplatz soll frühstens Ende 2023 stattfinden, lediglich das Vorgängermodell der Vega soll im Laufe des Sommers wieder abheben.

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