Evolution des Menschen: Was wird aus Homo sapiens?

Der moderne Mensch gilt als erstes Wesen, das seine Evolution gezielt selbst beeinflusst. Wohin sein vor 300.000 Jahren begonnener Weg in Zeiten von Gentechnik, Systembiologie und Künstlicher Intelligenz führen könnte, skizziert Axel Lange in seinem neuen Buch

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Illustration: Ein Mann mit einer 3-D-Brille und mehreren an ihn angebrachten Sensoren betrachtet ein stark vergrößerte DNA-Molekül

Das neue Werk des Evolutionsbiologen Axel Lange wagt den Blick in „die Zukunft unserer Evolution“. Das liest sich spannend und ist auch für Laien verständlich. Vor allem aber ist es ein neuartiger, aufregender Blick auf die Frage, ob und wie wir als Art überleben werden.

Wir sind als Menschen immer für die Vergangenheit angepasst – wenn überhaupt.

Axel Lange

Die Zukunft beginnt in der Gegenwart. Diese Erkenntnis ist banal. Aber aus der Warte der Evolutionsbiologie hat sie eine tiefere Bedeutung. Sie entlarvt deren Schwäche, denn die aktuelle Anpassung eines Lebewesens ist ein Produkt der Vergangenheit. Es geht um die Entstehung und das Vergehen von Arten. Wenn die Evolutionsbiologie die Gegenwart ins Auge fasst, dann interessiert sie sich vor allem dafür, wie heute lebende Organismen zu ihren Eigenschaften gekommen sind, oder warum sie in manchen Dingen anders, in anderen aber ähnlich sind wie andere Organismen.

Wonach die Evolutionsbiologie nur selten fragt, ist die Zukunft: Wohin machen sich Arten von Lebewesen auf den Weg, die heute leben? Wie werden sie sich verändern? Welche anderen Gruppen von Organismen werden sich aus ihnen heraus entwickeln?

Homo sapiens ist bedroht

Die Zurückhaltung der Evolutionsbiologie im Umgang mit der Zukunft hat ihren Grund. Denn wieso sollte sich die Wissenschaft solche Fragen stellen? Haben wir nicht alle gelernt, dass die Evolution nicht ohne zufällige Mutationen auskommt, an denen dann die Selektion angreift? Der gute alte Darwin eben. Das ist – völlig zu Recht – längst Gesetz. Doch wenn es um die Evolution des Menschen geht, dann genügt diese Art der Betrachtung nicht mehr. Wir haben die unsichtbare Decke der Darwin'schen Evolution durchstoßen. Wir beeinflussen seit langem unsere eigene Fortentwicklung als Art – seit kurzem sogar bewusst und gezielt. Und genau dieser Umstand könnte unsere Rettung sein.

Wir moderne Menschen sind massiv bedroht – von den Veränderungen unserer Umwelt, die wir selbst verantworten. Werden wir angesichts dieser Entwicklung überhaupt eine Zukunft haben? Sterben wir aus? Passen wir uns weiter an? Oder treten Maschinen an unsere Stelle? Das sind die zentralen Fragen, denen sich der Münchner Evolutionsbiologe und Autor Axel Lange in seinem neuen Buch „Von künstlicher Biologie zu künstlicher Intelligenz – und dann?“ stellt.

Gleich zu Anfang wird die Zielrichtung des Werkes klar. Denn Lange zitiert James Lovelock, den gerade erst im Alter von 103 Jahren verstorbenen britischen Wissenschaftler und Vordenker der Umweltbewegung. Lovelock erkannte schon früh, dass der Mensch im Anthropozän aus seinem Dilemma nur herausfinden kann, wenn er seine eigene Evolution zunehmend selbst in die Hand nimmt: „Eine intelligente, absichtsvolle Selektion ist offensichtlich millionenfach schneller als die natürliche Auslese. Indem wir über die natürliche Selektion hinausgehen, haben wir uns bereits als Zauberlehrlinge eingeschrieben.“

Ein mittelalter Mann im hellblauen Hemd mit Brille lächelt freundlich in die Kamera
Der Evolutionsbiologe und Buchautor Axel Lange promovierte in Wien über evolutionsbiologische Gesichtspunkte der Vielfingrigkeit (Polydaktylie).
Buchcover: Von künstlicher Biologie zu künstlicher Intelligenz - und dann? Springer Verlag Heidelberg 2021
Das neue Buch von Axel Lange ist im Springer Verlag erschienen und handelt von der Zukunft unserer Evolution.
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