Leben im Anthropozän: Wir sind die Urmenschen der Zukunft
Wie die Wissenschaft entdeckte, dass unser Leben auf Milliarden Jahren Erdgeschichte gründet – und wir die Erde jetzt für Hunderttausende Jahre verändern
Es ist noch gar nicht so lange her, da hatten die geistigen Eliten von Europa und Amerika ein komplett verklemmtes Verhältnis zu den gigantischen Dimensionen der Zeit. Noch vor 200, 300 Jahren galt es als riesige Provokation, ja als Sünde und sicherer Weg in die Verdammnis, die Erde für älter als 6000 Jahre zu halten.
Der französische Naturforscher Georges-Louis Leclerc (1707–1788), später Comte de Buffon genannt, gehörte im ausgehenden 18. Jahrhundert zu den ersten, die es wagten, jene Zeitangaben zu hinterfragen, die Kirchenvertreter aus dem Alten Testament abgeleitet hatten.
Buffon unternahm als Teil seines wissenschaftlich-publizistischen Großprojekts „Les époques de la nature" in seinem Labor in Montbardein gewagtes Experiment. Bekannt war zu dieser Zeit schon, dass im Inneren der Erde so etwas wie ein heißer Eisenkern liegen muss. Der Forscher untersuchte deshalb, wie schnell Eisen abkühlt und stellte auf der Grundlage der Ergebnisse 1778 die Hypothese auf, dass die Erde rund 75 000 Jahre alt sein muss – eine damals unvorstellbar große Zahl [1]. Schon für diese vorsichtige Schätzung bekam er enorme Probleme mit seiner Universität, der Sorbonne, und mit der katholischen Kirche, weshalb er die Arbeit wieder zurückzog.
Bis heute versuchen Kreationisten vor allem in den USA mit absurden Behauptungen nachzuweisen, dass die Erde doch nur wenige Tausend Jahre alt ist [2]. In anderen Kulturen wäre so eine Zeitspanne dagegen schon vor langer Zeit nicht der Rede wert gewesen. Im Hinduismus zum Beispiel währt ein einziger Tag im Leben des Schöpfergotts Brahma 8,64 Millionen Erdjahre und ein Brahma-Jahr 3,1 Billionen Erdjahre. Von Buddha ist der Gedanke überliefert, dass man mit einem Seidentuch einen riesigen Berg wegschrubben könnte, bevor ein Weltzeitalter, Maha-Kalpa genannt, vergeht.
Im Westen dauerte es dagegen, obwohl man sich immer für wissenschaftlich überlegen hielt, viel länger als im Osten, die wahren zeitlichen Dimensionen unseres Daseins zu erfassen. Als Wissenschaftler dann im 19. Jahrhundert damit begannen, das Alter von Gesteinen und chemischen Verbindungen mit ausgefeilten Messtechniken zu untersuchen, setzte eine wundersame Zeitvermehrung ein – von den 6000 Jahren der Theologen bis zur Erkenntnis im 20. Jahrhundert, dass die Erde rund 4,6 Milliarden Jahre alt ist.
Was sollte man mit all dieser zusätzlichen Vergangenheit tun? An der Schwelle vom 18. zum 19. Jahrhundert bildete sich aus dem Kreis der Naturforscher eine eigene Gruppe heraus, die sich dem Phänomen der Zeit stellte.
Die Erdgeschichte in Kapiteln
Es war die Disziplin der Geologie, in der erstmals Begriffe wie „Evolution“ fielen und bei deren Vertretern die Ahnung einer extrem langen Erdgeschichte Fuß fasste. Pionier dieser Entwicklung war der Schotte James Hutton (1726–1797), der 1785 nach langwierigen Forschungsarbeiten die „Theorie der Erde“ veröffentlichte und darin Grundprinzipien formulierte, die uns heute selbstverständlich erscheinen. Sie veränderten den Blick auf die Welt grundlegend, wie ein halbes Jahrhundert später die Evolutionstheorie von Charles Darwin zeigen sollte.
Die Wissenschaftler, die seither damit beschäftigt sind, die Erdgeschichte in Kapitel und Absätze einzuteilen, heißen Stratigraphen, nach den „Strata“, den Gesteinsschichten, die sich unter unseren Füßen befinden. Dort, wo sie abbrechen und an der Oberfläche sichtbar werden und dort, wo sie angebohrt werden, offenbaren sie sich uns vielerorts wie die unterschiedlichen Schichten eines Kuchens, die in ihren Farben, Dicken und Zusammensetzungen variieren. Je tiefer die Schichten liegen, desto älter sind sie – das ist eine der Regeln der Stratigraphie, die nicht überall stimmt, aber deren Formulierung einen Durchbruch auf dem Weg zum geologischen Ordnungssystem der Zeit darstellte.
Der neue Blick auf die Zeit führte auch zu einem neuen Blick auf die Gesteinsschichten, die sich in der Natur allerorten auftürmen. Wissenschaftler begannen, die Schichten zu ordnen, zu katalogisieren und mit Altersangaben zu versehen. Die selbstgewählte Aufgabe der Stratigraphen ist es seither, die tiefe Vergangenheit in logische Intervalle und diese wiederum in ansprechende Kapitel zu unterteilen und ihnen Namen zu geben.
Einer der Pioniere dieser wissenschaftlichen Disziplin war Charles Lyell, der 1833 nach ausgiebigen Studien an Schneckenfossilien in Frankreich und Italien als erster Geologe drei bis heute gültige Erdepochen vorschlug, das Eozän, das Miozän und das Pliozän. 1839 benannte Lyell auch das Pleistozän, das dann 1846 mit dem Einsetzen der Eiszeiten in Verbindung gebracht wurde.
1854 fügte Heinrich Beyrich zwischen Eozän und Miozän das Oligozän ein. Es heißt wörtlich „wenig Neues", weil in Gesteinsschichten aus dieser Zeit die Spuren weniger Arten zu finden sind als in solchen aus dem Miozän. 1885 schließlich gab der Dritte Internationale Geologische Kongress der jüngeren Vergangenheit einen Namen, die Lyell nur „Rezent" genannt und mit der Anwesenheit des Menschen, ja sogar mit der Ausrottung des Vogels Dodo in Verbindung gebracht hatte: Die völlig neue Zeit, „Holozän", solle die Phase seit dem Ende der letzten Eiszeit bis zur Gegenwart heißen, beschlossen die Wissenschaftler. Es sollte allerdings bis in die 1960er Jahre dauern, bis dieser Name auch in den USA anerkannt würde.
Als Forum der Debatten darüber, wie die Erdgeschichte sinnvoll einzuteilen sei, haben Geologen 1974 die „Internationale Kommission für Stratigraphie" (International Commission on Stratigraphy, kurz ICS), gegründet. Die Organisation stellt die Hüter der Erdzeit und gibt die jeweils gültige Zeittafel für Namen und Dauer der Zeitabschnitte heraus.
Menschliche Geschichte ist Teil der Erdgeschichte
In zahlreichen Arbeitsgruppen und Ausschüssen beraten Wissenschaftler, welche „Signale“ in den Gesteinsschichten es rechtfertigen, den einen Unter-Plot der Erdgeschichte vom anderen abzutrennen und den verschiedenen Kapiteln eindeutige Namen zu geben. Dabei gehen sie in bestem wissenschaftlichen Stil penibel vor, denn sie wollen ein verlässliches System schaffen und die Grenzen auch nicht alle paar Jahre neu verschieben müssen. Nur bei den Namen ist etwas Freizügigkeit und Kreativität erlaubt. Mal dient ein keltischer Volksstamm („Ordovizium“), mal eine liebliche englische Landschaft („Devon“) als Inspiration, je nachdem, wo die Forscher typische Gesteine einer bestimmten Zeit gefunden haben.
Die zeitlichen Dimensionen, in denen Stratigraphen dabei denken, sind für Nicht-Geologen, die inmitten von Meetings, Deadlines, Einladungen und Kindergeburtstagen ihren Alltag zu regeln versuchen und schon froh sind, wenn sie die nächste Woche überblicken können, gewaltig. Vermutlich gibt es auch im Leben von Stratigraphen Deadlines und Kindergeburtstage, aber irgendwie schaffen sie es, gleichzeitig in zwei zeitlichen Welten zu leben. So haben sie in den vergangenen Jahrzehnten eine beeindruckend bunte Tafel der Erdzeitalter geschaffen, auf der sich Wörter wie Gesteinsschichten aufeinandertürmen [3].
Da sind die großen „Äonen“ wie das Archaikum, das den von Bakterien geprägten Abschnitt von 1,5 Milliarden Jahren unmittelbar nach dem Entstehen des Lebens umfasst; da sind die „Ären“ wie das Känozoikum, die „Neu-Tier-Zeit“ für die gesamten 66 Millionen Jahre des Säugetier-Aufstiegs seit dem Aussterben der Dinosaurier bis heute; es gibt „Perioden" wie das Jura, bekannt aus „Jurassic Park". Und schließlich sind da die bereits von Lyell geprägten „Epochen“, die in der Regel immer noch viele Millionen Jahre umfassen – alles Zeiträume also, die sich gemeinhin der menschlichen Vorstellungskraft entziehen.
Auch deshalb war es eine solch gewaltige Provokation, als Paul Crutzen in dem Hotelraum in Mexiko im Februar 2000 das Anthropozän ausrief. Der Mann machte nichts weniger, als die Menschheit aus ihrer angestammten geologischen Heimat, dem Holozän, zu vertreiben und auf zeitliches Neuland umzusiedeln – in das Anthropozän.
Der Coup lag darin, dass Crutzen die unterschiedlichsten kleinen Zeitskalen, auf denen unser Dasein stattfindet – vom Nanosekundentakt der Weltbörsen über den Tagesrhythmus unseres Alltags bis zum Vierjahresrhythmus der Politik – in die extrem lange geologische Zeitskala integrierte. Damit wurde menschliche Geschichte – das Thema von Historikern – zum Bestandteil der Erdgeschichte, mit der sich bisher fast ausschließlich Biologen und Geologen herumgeschlagen hatten. Crutzen fusionierte die Zeitskalen von Historikern und Geologen zu einer einzigen neuen Zeitrechnung.
Nach dem Treffen in Mexiko zeigte sich rasch, dass längst Hunderte und Tausende Beobachtungen, Studien und Analysen vorlagen, die widerspiegeln, dass der Mensch von heute in kürzester Zeit die Erde tiefgreifend, langfristig und schnell verändert, so sehr, dass künftige Geologen diese Veränderungen bemerken werden.
Die Idee lag in der Luft
Schon länger haben Wissenschaftler zusammengetragen, welche Spuren der Mensch schafft. Dazu gehören die künstlich geschaffenen Elemente im Periodensystem, der Fall-out von Atombombentests, der Anstieg der CO2-Emissionen, Überreste von Plastik und der wilde Mix von Gesteinen, Metall, Glas und Plastik in den Städten.
Was gefehlt hatte, war ein Wort, das die Veränderungen zusammenfasst und zu einer neuen Perspektive bündelt, sowie ein Mensch, der bekannt genug war, dieses Wort populär zu machen.
Zu seiner Überraschung fand Paul Crutzen nach dem Treffen heraus, dass ein anderer Wissenschaftler, der Limnologe Eugene F. Stoermer von der University of Michigan, das Wort „Anthropozän“ bereits vor ihm benutzt hatte, und zwar schon seit den 1980er Jahren. Und der Journalist Andrew Revkin von der New York Times hatte 1992 in einem Buch geschrieben: „We are entering an age that might someday be referred to as, say, the Anthrocene“ [4]. Zu seinem eigenen späteren Bedauern ließ Revkin, sprachlich unkorrekt, die entscheidende Silbe „-po" aus. Aber seine Formulierung macht klar: Die Idee lag in der Luft.
Paul Crutzen kontaktierte im Jahr 2000 Eugene Stoermer, so wie es korrekt ist, wenn zwei Forscher unabhängig voneinander dieselbe Idee haben, und schlug ihm vor, die Anthropozän-Idee gemeinsam zu veröffentlichen. Stoermer stimmte zu und sagte dazu später: „Ich habe in den 1980er Jahren damit begonnen, den Begriff Anthropozän zu benutzen, aber habe das nie formalisiert, bis Paul Crutzen mich kontaktierte" [5].
Mit einem kurzen Artikel der beiden im Newsletter des Internationalen Geosphären-Biosphären Programms gelangte die Anthropozän-Idee endgültig in die Welt [6]. Zwei Jahre später, am 3. Januar 2002, forderte Crutzen die Umbenennung von Holozän in Anthropozän in einem Beitrag für die einflussreiche wissenschaftliche Zeitschrift Nature unter der Überschrift „Die Geologie der Menschheit“. Darin heißt es: „Wenn nicht gerade eine globale Katastrophe passiert – ein Meteoriteneinschlag, Weltkrieg oder eine Pandemie –, wird die Menschheit auf Jahrtausende die vorherrschende Kraft in der Umwelt werden“ [7].
Mit dem renommierten Umweltforscher Will Steffen und dem Historiker John R. McNeill präzisierte Paul Crutzen 2007 die Idee und lieferte einen Vorschlag, wann der Beginn des Anthropozäns anzusetzen sei [8]. Demnach lief die „Vor-Phase“ des Anthropozäns vom ersten menschgemachten Feuer bis zum ersten Feuer in einer Dampfmaschine. Den Beginn des eigentlichen Anthropozäns datierten die Autoren damals auf das Jahr 1800, weil sich seitdem die wissenschaftliche Aufklärung in einer Welle der technikgetriebenen Industrialisierung und diese wiederum in messbaren geologischen, chemischen und biologischen Veränderungen der Erde niederschlägt.
Wir leben in der großen Beschleunigung
Im Jahr 1945 begann demnach dann mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eine zweite Phase, die der „Großen Beschleunigung“ von Produktion und Verbrauch – aber noch ohne Rücksicht auf die Folgen: „Die Große Beschleunigung fand in einem intellektuellen, kulturellen, politischen und gesetzgeberischen Umfeld statt, in dem die wachsenden Auswirkungen auf das Erdsystem bei den Entscheidungen in Ministerien, Firmenzentralen, Laboratorien, Bauernhöfen, Dorfhütten und auch Schlafzimmern kaum eine Rolle spielten.“
Die Veröffentlichung enthielt eine Illustration, die weltweit Beachtung fand: eine Darstellung verschiedener Entwicklungen seit 1945, von der Weltbevölkerung über den Energieverbrauch bis hin zu internationalem Tourismus und der Zahl der McDonald’s-Restaurants. Alle Parameter zeigen steil nach oben. Die Illustration brachte auf den Punkt, wie die Globalisierung die Welt verändert – und sie trug erheblich zur Popularisierung der Anthropozän-Idee bei, wie die Entwicklung der Google-Treffer für das Wort „Anthropocene“ zeigt.
An Tiefsinn mangelt es der Idee nicht. Wie bereits Paul Crutzen und Eugene Stoermer in ihrem gemeinsamen Text festgestellt hatten, reicht die ideelle Vorgeschichte weit zurück.
Bereits im 16. Jahrhundert gab es erste kritische Auseinandersetzungen mit der Rolle des Menschen auf der Erde. Das christliche Europa, nach China das zweite Zentrum von Wissenschaft und Technik, hatte damals damit begonnen, die ganze Welt zu erobern und sie sich mit Gewalt Untertan zu machen.
Ein weitsichtiger Künstler sprach von der Erde als „Weltpunkt"
In dieser Zeit schuf ein französischer Künstler namens Jean de Gourmont ein bezeichnendes Symbol für diesen Prozess, eine frühe Auseinandersetzung mit dem Anthropozän. De Gourmont zeichnete die aktuellste Erdkarte seiner Zeit als menschliches Gesicht. Er setzte dieses Gesicht allerdings nicht einem König ein, sondern einem Narren mit Schellenmütze und Zepter [10].
Das Bild namens „Narrenkappe“ ist um 1575 inmitten des Zeitalters der Entdecker und Kolonisten entstanden. Es war die Zeit, als weltweit ein Run auf Rohstoffe und Ländereien einsetzte, auf Silberminen in Peru und die Gewürzpflanzen der Molukken. Britische Bergleute förderten bereits zweihunderttausend Tonnen Kohle pro Jahr. Kaiser Karl V. brach mit dem christlichen Zinsverbot, was eine riesige, bis heute anhaltende Spekulations- und Kreditwelle anschob.
De Gourmonts Narrenkopf kam in diese Zeit als eine vieldeutige Warnung – vor irdischen Machtfantasien, irdischer Überheblichkeit und irdischem Irrsinn zugleich. Auf die Stirn ist dem Narren tätowiert, wie absurd es ist, dass die Menschheit um die Erde mit Schwert und Flamme kämpft. „Weltpunkt“ nennt de Gourmont die Erde. Das war ein revolutionärer Begriff zu einer Zeit, als es noch keine Weltraumbilder des Planeten und kein Internet gab.
Der Franzose gehörte damit zu den Ersten, die erkannten, dass die Erde in Wahrheit eher klein ist und nicht so unendlich groß, wie sie den Welteroberern von damals erschien. Er schuf also frühe Version des „Blue Marble“, der populären Außenaufnahme der Erde, die die NASA 1972 freigab – versehen mit bissigen Kommentaren.
Auf dem Zepter seines Weltherrschers ist von der „unendlichen Eitelkeit“ des Menschen die Rede. Über dem Narrenkopf schwebt die Aufforderung: „Erkenne dich selbst.“ Lange Zeit wurde das Werk in Landkartensammlungen in der Rubrik „Humor“ verwahrt. Dabei zählt es zu den scharfsinnigsten und ernstesten Reflexionen über das Verhältnis des Menschen zur Welt.
In dieser kritischen Tradition stehen viele frühe Vordenker des Anthropozäns, zum Beispiel Hans Carl von Carlowitz, der im frühen 18. Jahrhundert im sächsischen Freiberg als Oberberghauptmann des kursächsischen Hofs wirkte. Nachdem er sich ausgiebig damit befasst hatte, wie der Bergbau in ganz Europa zum Niedergang von Wäldern führte, geißelte von Carlowitz die Verschwendung von Holz durch die Reichen an und entwickelte 1713 das Konzept der „Nachhaltigkeit“ [11].
Ein anderer, der die Zeichen der Zeit früh erkannte, war am Beginn des 19. Jahrhunderts der deutsche Universalgelehrte Alexander von Humboldt. Nach seinen Entdeckerreisen durch Südamerika und Russland, auf denen er die Reichtümer der Welt erforschte, beschrieb er in seinem Alterswerk „Kosmos“ die Erde als „Weltorganismus“ und forderte, man müsse die Natur erst tiefgründig verstehen, um sie sinnvoll nutzen zu können [12].
Humboldt ist inhaltlich einer der Avantgardisten des Anthropozäns, aber er ist noch weit davon entfernt, den Begriff selbst zu verwenden – eine ernsthafte geologische Klassifikation gab es zu seiner Zeit noch gar nicht, hatte doch Buffon gerade erst Prügel für seine Einschätzung kassiert, die Erde sei 75.000 Jahre alt.
In geologischen Zeitdimensionen zu denken, das wurde erst mit dem 19. Jahrhundert möglich.
Wir mussten „Biosphäre" erst denken lernen
Der italienische Geologe Antonio Stoppani kam dem Wort Anthropozän damals schon sehr nahe, als er von einer „anthropozooischen Zeit“ sprach und die Menschheit als „neue irdische Kraft“ bezeichnete, „die in Gewalt und Umfänglichkeit mit den größeren Kräften der Erde verglichen werden kann“ [13]. 1864 veröffentlichte George Perkins Marsh sein weitsichtiges Buch „Man and Nature" mit einer detaillierten Auflistung menschlicher Einflüsse auf die Umwelt und der offenen Frage, es sei noch zu klären, ob der Mensch zur Natur gehöre oder über ihr stehe [14]. Und in Wien prägte der österreichische Geologe Eduard Suess 1875 einen Begriff, der das Denken über Mensch und Natur grundlegend verändern sollte: Er sprach von der Biosphäre zuerst als Oberfläche auf den Gesteinen. Dann wurde daraus die Idee der Summe aller Lebewesen.
Im frühen 20. Jahrhundert setzten Wissenschaftler wie der russische Geochemiker Wladimir Iwanowitsch Wernadski und sein Lehrer A.P. Pawlow sowie die Franzosen Édouard Le Roy und Pierre Teilhard de Chardin diese Denkrichtung fort. Sie philosophierten über den wachsenden Einfluss des menschlichen Bewusstseins und Denkens auf Umwelt und Evolution [15].
Pawlow, ein Geologe, sprach von einer „anthropogenen Ära“. Wernadski räsonierte darüber, wie der Mensch seinen Einfluss auf alle Elemente ausdehnt, geochemische Zyklen verändert und das thermodynamische Gleichgewicht in der Biosphäre verändert. Er arbeitete in einem leicht kryptischen Satz heraus, wie eng mit der Biosphäre verwoben die Menschheit ist: „Im 20. Jahrhundert kannte und umarmte der Mensch zum ersten Mal in der Geschichte die Biosphäre, vervollständigte die geographische Karte der Erde und siedelte sich auf ihrer gesamten Oberfläche an… Die Menschheit als Ganzes betrachtet wird zu einer mächtigen geologischen Kraft. Der Geist und die Arbeit der Menschheit stehen vor dem Problem, die Biosphäre im Interesse einer frei denkenden Menschheit als Ganzes wieder aufzubauen“.
Wernadski verbreitete den damals neuen Begriff der „Noosphäre“, um eine von Gedanken und Verstand des Menschen geprägte Welt zu beschreiben, in der Geosphäre und Biosphäre vom Menschen verändert werden. Teilhard de Chardin entwickelte daraus in seinem Buch „The Phenomenon of Man“, – das er in den 1930er Jahren schrieb, das aber erst 1955 nach seinem Tod veröffentlicht wurde –, eine neue christliche Philosophie der Verschmelzung von Mensch und Natur, von Bewusstsein und Materie, die im Vatikan auf wenig Gegenliebe traf.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts machten sich viele weitere Denker daran, die Wechselwirkungen zwischen Mensch und Erde begreifbar zu machen. 1915 erschien in der „Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft“ der Aufsatz eines jungen Wissenschaftlers namens Ernst Fischer mit dem Titel „Der Mensch als geologischer Faktor“, der mit der Warnung schließt, je stärker die Wirkung des Menschen sei, desto größer sei die Gefahr von Schäden, was allerdings „vermehrte Geistestätigkeit“ und „überlegene Selbsterkenntnis“ ausgleichen könnten. Leider war Fischer zum Zeitpunkt der Veröffentlichung bereits als junger Mann dem Ersten Weltkrieg zum Opfer gefallen.[16] Genannt werden müssen hier auch R.L.Sherlocks „Man as a geological agent“ und Edwin Fels’ Buch „Der Mensch als Gestalter der Erde“ [17] [18].
In den 1980er Jahren diagnostizierte der deutsche Biologe Hubert Markl, der später Präsident der Max-Planck-Gesellschaft wurde, in seinem Buch „Natur als Kulturaufgabe“ den Beginn eines „Anthropozoikums“, was einem Erdzeitalter entspreche und eine noch viel größere zeitliche Dimension habe als eine Epoche. Markl schrieb: „Ob er (Anm.: der Mensch) es beherrscht oder an dieser Aufgabe scheitert, er wird die Verantwortung dafür tragen müssen. Datierungsschwierigkeiten für diesen neuesten Faunenschnitt wird es nicht geben: er geschieht hier und jetzt"[19].
Vorläufer der Anthropozän-Idee und Menschen, die auf geniale Weise über die Rolle des Menschen auf der Erde nachgedacht haben, hat es also reichlich gegeben. Angesichts der langen Vorgeschichte muss man sich fragen, warum erst Paul Crutzens Vorstoß, die Rolle des Menschen auf der Erde neu zu definieren, eine derartige Durchschlagskraft entfalten konnte.
Das hat wohl mehrere Gründe: Erstens muss die Zeit reif sein für eine Idee. Dazu trugen im Jahr 2000 die Erkenntnisse zum anthropogenen Klimawandel und das Gefühl globaler Vernetzung in Form des Internets und des globalisierten Handels bei. Zweitens hilft es, wenn der Vertreter einer Idee bereits weltweit bekannt ist. Dass Crutzen zu dieser Zeit einer der meistzitierten Naturwissenschaftler war, verschaffte seinem Vorstoß erhebliche Aufmerksamkeit. Drittens spielt auch das Medium eine Rolle. Crutzen stellte seine These der Weltöffentlichkeit im reichweitenstarken Journal Nature vor, hatte also eine globale Bühne.
Deshalb blieb Crutzens Vorstoß auch nicht eine Idee unter vielen, sondern wird inzwischen als naturwissenschaftliche Hypothese einer eingehenden Untersuchung unterzogen, die bald in einer offiziellen Anerkennung münden könnte. Das Thema beschäftigt auch die höchsten Ebenen der International Commission on Stratigraphy. [20]
2009 bildete sich unter dem Dach der International Commission on Stratigraphy eine wissenschaftliche Arbeitsgruppe (mit dem wenig griffigen Namen „Anthropocene Working Group of the Subcommission on Quaternary Stratigraphy“), die der Geologe Jan Zalasiewicz von der Universität Leicester leitet. Die Mitglieder der Gruppe sammeln weltweit Indizien und prüfen, ob eine Umbenennung unserer Zeit in Anthropozän gerechtfertigt und nützlich wäre [21].
Eine Erdepoche wird nicht einfach so ausgerufen
Einfach dekretieren oder mal so verkünden lässt sich eine Umbenennung natürlich nicht. Die Hüter der Erdzeit haben, um die 4,6 Milliarden Jahre Erdgeschichte zu verwalten, klare und harte Regeln aufgestellt. Die Vergangenheit soll nach einheitlichen Kriterien aufgeteilt werden, und dazu gibt es einen aufwändigen und langwierigen Prüfprozess. Änderungen können manchmal Jahrzehnte in Anspruch nehmen.
Im Februar 2011 veröffentlichte die Anthropozän-Gruppe erste Zwischenergebnisse in einer umfangreichen Sonderausgabe der Philosophical Transactions of the Royal Society, des ältesten Wissenschaftsmagazins der Welt [22]. Wenige Monate später kamen im edlen Gebäude der Geological Society of London namhafte Experten zusammen, um die wissenschaftlichen Indizien zugunsten der Anthropozän-Idee auszubreiten. Kurz nach der Londoner Konferenz machte sich das Wissenschaftsjournal Nature in einem Editorial für eine Umbenennung stark: „Das würde das Denken auf die Herausforderungen der Zukunft konzentrieren“[23].
Wie Le Monde in Frankreich veröffentlichte auch der britische Economist eine Titelgeschichte mit der Überschrift „Willkommen im Anthropozän“[24]. Die altehrwürdige Geological Society of America nannte ihr Jahrestreffen 2011 wie selbstverständlich „Vom Archaikum zum Anthropozän“. US-Geologin Susan Trumbore, Direktorin am Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena, hält eine Kontrovese sogar für überflüssig: „Das Anthropozän ist eine offenkundige Wirklichkeit“, sagt sie, „wir hinterlassen unsere Spuren überall“ [25].
Bereits seit Jahren wird darüber diskutiert, was der offizielle Starttermin für das Anthropozän sein könnte, wenn es denn offiziell ausgerufen würde. Denn wenn man die neue Erdepoche in die Reihe früherer Epochen einordnen will, muss man sie gemäß dem Regelwerk der Geologie exakt abgrenzen. Das geschieht bei jeder geologischen Zeiteinheit mit Hilfe von eindeutigen, charakteristischen Markern, die möglichst weltweit zu finden sind – genannt „Global Boundary Stratotype Sections and Points“ (GSSP).
So wird die Grenze vom Holozän zum Pleistozän mit einem Bohrkern aus Grönland belegt, der die starke Erwärmung nach der letzte Eiszeit widerspiegelt. Das Kambrium, das vor 541 Millionen Jahren begann, wird mit Hilfe der Fossilien eines ganz bestimmten Meeresorganismus, Treptichnus pedum, und ähnlicher Fossilien von der vorausgehenden Zeit abgegrenzt. Diese Tiere gehörten zu den ersten Vertretern mehrzelligen, hochorganisierten Lebens und den ersten Fossilien überhaupt. Sie repräsentieren deshalb einen wichtigen Einschnitt in Erdgeschichte und Evolution, vom einzelligen zum vielzelligen Leben. Als GSSP dient der Fund solcher Fossilien an einem bestimmten Ort, Fortune Head, auf Neufundland.
Aussicht auf Technofossilien der Zukunft
Stanley Finney, der langjährige Vorsitzende der alles entscheidenden Erdzeithüter von der International Commission on Stratigraphy, mahnt, dass äußerste wissenschaftliche Genauigkeit walten muss. Er hat eine lange Liste von Forschungsfragen aufgestellt, die für eine offizielle Anerkennung abgearbeitet sein muss [26]. Dazu gehört die Aufgabe, einen charakteristischen Marker zu finden, der das Anthropozän repräsentiert. Wie und wann könnte man also das Anthropozän gegenüber dem Holozän abgrenzen? [27]
Will Steffen und Paul Crutzen haben als mögliches Datum den Beginn der industriellen Revolution am Ende des 18. Jahrhunderts vorgeschlagen, weil damit die massive Anreicherung von Kohlendioxid in Atmosphäre und Ozeanen sowie andere weltweite Umweltveränderungen begonnen haben. Ein möglicher konkreter Repräsentant dafür wäre zum Beispiel ein Bohrkern, der den steigenden CO2-Gehalt in der Atmosphäre widerspiegelt.
Die Wissenschaftler Simon Lewis und Mark Maslin schlagen vor, 1610 zum Startpunkt des Anthropozäns zu machen. Der Grund ist bemerkenswert: Damals begann der europäische Genozid an den indigenen Bewohnern von Nordamerika derart große Flächen von Millionen von Menschen zu entleeren, dass sich Wälder in einem gewaltigen Ausmaß wieder ausbreiteten. Diese Wälder entnahmen der Atmosphäre so viel CO2, dass es zu einer globalen Abkühlung gekommen sei. Darin, so die Forscher, bestehe die erste wirklich globale Klimaveränderung durch uns Menschen.
Doch unter den Experten der Anthropocene Working Group ist eine andere Grenze der Favorit: die Jahre 1945 bis 1950. In ihrem 2019 erschienen Buch „The Anthropocene as a geological time unit" legen Zalasiewicz und seine Kollegen in akribischer Weise die bisher gesammelten Beweise vor, die eine große Mehrheit der Wissenschafter in der Arbeitsgruppe als ausreichenden Beleg für das Anbrechen einer neuen Erdepoche am Ende des Zweiten Weltkriegs sieht.
Die Atombombenexplosionen, die damals erstmals stattgefunden haben, haben auf der ganzen Welt eine feine Schicht von Radionukliden hinterlassen, die über die kommenden Millionen Jahre hinweg messbar bleiben wird. Zudem begann gleichzeitig die „Große Beschleunigung“ der Wirtschaftsaktivität, inklusive des weltweiten Siegeszugs von Plastik, Umweltgiften und künstlich erzeugten Mineralie, die ein hohes Potential haben, als „technische Fossilien“ erhalten zu bleiben [28] [29]. Mögliche Marker für diesen Starttermin wären die geschmolzenen Gesteine, die bei den Atombombenexplosionen entstanden sind, und der weltweite Fall-out.
Zalasiewicz und sein Fachkollege Mark Williams sehen noch weitere, weniger negative Ausdrucksformen des Anthropozäns, zum Beispiel das Auftauchen komplexer Großstädte, das mit dem Auftauchen komplexer Lebewesen am Beginn des Kambriums verglichen werden kann. [30], [31]
Solche Großstädte, argumentieren die Forscher, werden samt ihren U-Bahn-Röhren, Gebäude- und Technologieresten sowie Müllhalden der Zukunft als komplexe fossile Strukturen erhalten bleiben, als Marksteine für den Beginn des Anthropozäns. Zalasiewicz fallen potentielle Marker ein, die nicht für den menschlichen Zerstörungswut stehen wie die Atombomben, sondern für Kreativität und Geistestätigkeit: Die frühen Schallplatten zum Beispiel, in denen Sound als Materie gespeichert ist, und die Spitzen von Ballpoint-Kugelschreibern, die aus anthropogenen Kristallen bestehen.
Auch wenn die Anthropocene Working Group ganz klar 1945/50 favorisiert, geht die Debatte weiter. Viele Archäologen sprechen sich dafür aus, den Beginn der neuen Erdepoche viel früher anzusetzen. Im April 2013 zitierte das Wissenschaftsjournal Science vom 78. Jahrestreffen der Society for American Archaeology zahlreiche Plädoyers in diese Richtung: “Menschen haben Ökosysteme schon seit sehr langer Zeit verändert, ” sagte Bruce Smith vom National Museum of Natural History der Smithsonian Institution in Washington, D.C..
John Erlandson von der University of Oregon in Eugene wies darauf hin, dass Menschen bereits vor 60.000 Jahre mit umfangreicher Jagd, gezielten Bränden und Waldrodung ihren Weg zur „Herrschaft über die Erde“ bereitet hätten. Andere Archäologen schlugen vor, den Beginn der Landwirtschaft vor 11500 Jahren als Grenze zu nutzen. Unterstützung für die Sichtweise, dass Menschen schon viel früher tief in das Erdsystem eingegriffen haben als mit dem Beginn der Industrialisierung, kam im Herbst 2013 durch eine Studie von Wissenschaftlern der Oregon State University. Die Forscher legten dar, dass ein deutlicher Anstieg der Methankonzentration in der Atmosphäre in den vergangenen 2500 Jahren nur durch die Ausbreitung des Reisanbaus zu erklären ist, bei dem dieses potente Treibhausgas freigesetzt wird [32] [33] [34]. Demnach würde es sich anbieten, das Holozän schlichtweg durch das Anthropozän zu ersetzen [35].
Ein vielstimmiger Chor von Kritikern
Kandidaten für ein Startdatum des Anthropozäns gibt es also genug. Doch Paul Crutzens Hypothese wirft noch viel grundlegendere Fragen auf. Wie jede gute Idee zieht auch diese Kritik auf sich – und das ist gut so. Es ist die Natur der Wissenschaft, neuen Hypothesen mit Skepsis zu begegnen und sie nach allen Regeln der Kunst zu überprüfen. Dass die Anthropozän-Idee von verschiedensten Seiten unter Beschuss kommt, seit sie populär geworden ist, – von Geologen, Geisteswissenschaftlern, Umweltschützern – ist daher nur richtig und konsequent.
Die Kritik von Geologen richtet sich vor allem dagegen, eine neue Erdepoche nicht nur für die Vergangenheit, sondern auch für die noch unbestimmte Zukunft auszurufen. Geologen haben bisher fast ausschließlich in die Vergangenheit geschaut und Schicht um Schicht freigelegt, was sich über Millionen Jahre auf der Erde getan hat. Sie beschäftigen sich zwar auch mit tagesaktuellen Ereignissen – von der Eignung einer Region zum Ölbohren über die Vorhersage einer Vulkanexplosion bis zur Erforschung von Tsunamis. Doch der Einfluss des Menschen hat bisher in der geologischen Zeitrechnung keine große Rolle gespielt und nicht wenige Geologen denken, dass sich das menschliche Tun noch nicht zu einem so gewaltigen Signal summiert, dass es eine Epoche zu rechtfertigen würde.
Manche sehen das Anthropozän sogar als „Hirngespinst aus der Pop-Kultur“ an [36]. Andere sehen auf absehbare Zeit keinen global verbreiteten Marker, der als GSSP offiziell geeignet wäre [37]. Die Einführung des Anthropozäns in die geologische Zeitskala würde wissenschaftlich eher Probleme schaffen als nützen", sagte Manfred Menning von der Deutschen Kommission für Stratigraphie 2013. „Für die Einführung des Anthropozäns sind keine Realisierungschancen absehbar“, glaubte damals auch sein Kollege Stefan Wansa. Die Befürworter des Anthropozäns müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, mit den Regeln der Stratigraphie nicht hinreichend vertraut zu sein", sagte Wansa. [25] Das würden Geologen wie Jan Zalasiewicz, Susan Trumbore und Wally Broecker zwar nicht auf sich sitzen lassen, denn sie sind bestens mit den Regeln ihrer Disziplin vertraut. Die Kritik macht aber deutlich, dass mancher Geologe zu gerne an der alten Welt festhalten würde, in der eine neue Erdepoche nicht vor unseren Augen beziehungsweise durch menschliche Handlungen heranwächst.
Deshalb ist es so wichtig, dass die Anthropozän-Arbeitgruppe die Fakten vorsichtig und präzise wägt. Die letztgültige Entscheidung darüber, ob das Anthropozän offiziell ausgerufen wird, fällen nicht einmal die Stratigraphen selbst. Das obliegt einem übergeordneten Gremium, die Exekutivkommission der International Union of Geological Sciences. In dieser Forscherszene herrscht so viel Zucht und Ordnung wie in einer Schweizer Uhrenfabrik.
Verschleiert die Anthropozän-Idee Verantwortung?
Doch diese Darlegungen überzeugen eine andere Gruppe von Wissenschaftlern nicht, die aus den Geisteswissenschaften kommen und viel grundlegender ansetzen. Diese Gelehrten sind geübt darin, kritisch mit Begriffen umzugehen und zu hinterfragen, welche Wirkung Begriffe im gesellschaftlichen Leben entfalten[38]. Denn ist es nicht eine fürchterliche Verallgemeinerung, von einer Erdepoche „des Menschen“ zu sprechen? Schließlich besteht die Menschheit aus Milliarden Individuen, die in Tausenden von Kulturen, Sprachräumen und Traditionen leben. Die „Neuro-Diversität“ von Gefühlen, Verhalten, Gedanken, Musik, Geschichten, Träumen, Körpersprachen und Taten ist so groß wie die Biodiversität des Regenwalds.
Groß sind auch die Unterschiede zwischen einem selbstlosen Helfer und dem Planer des Völkermords, die Lebensstildifferenz zwischen der Mitarbeiterin einer Werbeagentur in New York und einem Ureinwohner auf Papua oder der ökonomische Abstand zwischen einem Kind im Sudan und einem Multimilliardär in Russland. Natürlich sind alle Menschen gleich, natürlich sollten alle gleich Rechte haben. Aber zwischen verschiedenen Lebensweisen und den Möglichkeiten und Zwängen, aus denen sie sich ergeben, können Welten liegen. Kann man all dieses Geschehen in einen Begriff pressen, der besagt, „der Mensch“ als solcher sei nun Akteur der Erdgeschichte?
Auch die Verantwortung für den Klimawandel ist extrem ungleich verteilt. Ein Großteil früherer CO2-Emissionen kam von Europa und Nordamerika. Noch heute sind die Unterschiede riesig, wenn ein durchschnittlicher Amerikaner oder Europäer das Vielfache der Emissionen eines durchschnittlichen Inders oder Äthiopiers verursacht. Von den mehr als 2000 Milliarden Tonnen Kohlendioxid, die nach Schätzungen des Potsdam-Institut, der Oxford University und des World Resources Institute zwischen 1800 und 2014 durch menschliche Aktivitäten zusätzlich in Umlauf gekommen sind, entfällt gut die Hälfte auf die Industrieländer, in denen nur ein kleiner Teil der Menschheit lebt, während sich die zweite Hälfte den Ländern zuordnen lässt, in denen rund vier Fünftel der Menschheit leben [43] [44].
Millionen Menschen in indigenen Völkern leiden unter den brutalen Folgen des westlichen Konsums, wie im Amazonas oder auf Borneo, wo vor ihren Augen der Regenwald als Lebensgrundlage verschwindet. Anderswo müssen Menschen den Bergwerken und Megaplantagen weichen, nur damit in Europa und den USA Smartphones und Billiglebensmittel auf den Markt geworfen werden können. Dazu zählen auch jene Menschen etwa in Bangladesch, die für ihre Arbeit nur Hungerlöhne bezahlt bekommen, damit in Europa die neueste knallbunte Modewelle so billig und profitabel wie möglich verkauft wird, während sich durch die Abwässer der Textilfabriken auch die Flüsse gelb, rosa und pink verfärben [45].
Alle diese Menschen sind auch „anthropos“, aber sie sind nicht für die großen globalen Probleme verantwortlich. Das Wort „Anthropozän“, wenden Kritiker ein, schiebt allen „anthropos“, allen Menschen, die gleiche Mitschuld an den heutigen Problemen gleichermaßen in die Schuhe. So betrachtet, würde der Begriff den armen Slumbewohner in Indien, der ums Überleben kämpft in einer Art globale Sippenhaft, eine Gattungshaft, für das verschwenderische Verhalten vor allem von Amerikanern und Europäern (und neuerdings Chinesen) nehmen. Definiert man das Anthropozän nur als Summe aller Umweltfrevel, müsste man konsequenterweise vom „Westozän“ oder „Kapitalozän“ sprechen, für den amerikanisch-westlichen Lebensstil, der einen Großteil der bisherigen anthropozänen Phänomene verursacht [46].
Das Problem geht noch tiefer. Das Anthropozän ist eine von westlicher Naturwissenschaft geprägte Vorstellung, es setzt das Konzept einer universalen Zeitrechnung nach messbaren Kriterien in Gegenwart und Zukunft fort. Damit stülpt es auch westliche Vorstellungen von Zeit – vor allem vom linearen Verlauf der Zeit und von einem mit ihr verbundenen „Fortschritt“ – der ganzen Erde über.
In den Kulturen der Welt gibt es allerdings die unterschiedlichsten Vorstellungen von Zeit. Für manche indigene Völker, wie das Andenvolk der Ayamara, liegt die Vergangenheit in der Zukunft und umgekehrt [39]. Andere, wie die Pirahã im Amazonas, kennen offenbar gar keine kleine Trennung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.[40] Es gibt eine riesige Vielfalt von Zeit-Wahrnehmungen und Zeit-Einteilungen [41] [42]. Würde das Anthropozän sie alle assimilieren?
Ein Ausweg aus diesen Verengungen könnte sein, die neue Erdepoche nicht nur als Summe aller Umweltprobleme zu definieren und als Fortsetzung alter Zeitbegriffe, sondern als ergebnisoffene Einladung, all dies zu hinterfragen, ja als kollektives Gestaltungsprojekt. Dann ergibt sich eine neue Perspektive.
Das Anthropozän könnte eine Art Forum bilden, in dem alle Kulturen gleiche Geltung haben und alle Menschen gleich im Sinne der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 behandelt werden. Indem die Anthropozän-Idee „den Menschen“ zum Akteur ernennt, würden auch indigene Völker als moderne und gleichberechtigte Akteure definiert, die an der Geologie der Zukunft mitwirken sollten statt Opfer anthropozäner Veränderungen zu werden.
Indigene Völker würden nicht mehr fälschlicherweise als Anhänger einer angeblich vormodernen, primitiven Lebensweise dastehen, sondern als gleichberechtigte Zeitgenossen. Das könnte sie darin bestärken, dagegen vorzugehen, dass derzeit ein Teil der Menschheit zum Beispiel Klima und Biodiversität für den eigenen Kurzfristnutzen verändert, ohne langfristige und globale Rücksichtnahme auf einen anderen Teil der Menschheit. Das Anthropozän wäre in diesem Sinn mehr als eine rein physische Zustandsbeschreibung, sondern ein ethischer Anspruch und ein Wegweiser, der Beginn eines Bewusstseinsprozesses.
Ist das Anthropozän anthropozentrisch?
Eine weitere Form der Kritik am Anthropozän kommt vor allem von Umweltschützern. Bei vielen von ihnen grassiert die Angst, die Anthropozän-Idee könnte einer gefährlichen Technokratie Vorschub leisten und im Kern anthropozentrisch sein, also die Welt allein vom Menschen her betrachten und sie seinen Bedürfnissen unterordnen. Auch Stanley Finney, der oberste Stratigraph, fragt, ob das Anthropozän nicht letztlich anthropoztentrisch sei"[26]
Der deutsche Biologe und Buchautor Andreas Weber schreibt: „Die anthropozäne Position teilt mit der Idee der grünen Wirtschaft die zugrunde liegende anthropozentrische Annahme – dass wir von einem einzigartig menschlichen Standpunkt aus beginnen können (oder sogar müssen), um mit den Problemen der Nachhaltigkeit fertig zu werden. (…) Im Denken des Anthropozäns hat sich die Kluft zwischen Natur und Kultur aufgelöst, nicht weil die Menschen zu einem anderen Verständnis des Lebens und ihrer Rolle darin gekommen sind, sondern weil ihre Technologie die Natur verschluckt hat“ [47].
Die Soziologin Eileen Crist von der Virginia Tech sieht in der Anthropozän-Idee das Problem selbst am Werk, nämlich die Fixierung auf den Menschen: „…dieser Name ist weder ein nützlicher konzeptueller Schachzug noch ein empirischer Denkanstoß, sondern vielmehr eine Reflexion und Verstärkung der anthropozentrischen handlungsorientierten Weltsicht, die das 'Anthropozän’ – mit all seinen drohenden Notlagen – überhaupt erst hervorgebracht hat“ [48]. Eine andere Kritikerin, Kathleen Dean Moore, fordert, eine neue Erdepoche lieber gleich nach dem zu benennen, was nach dem vom Menschen verursachten ökologischen Untergang kommt [49].
Paul Crutzen ist an dem Vorwurf, das Anthropozän sei möglicherweise eine technokratische und anthropozentrische Idee, nicht ganz unschuldig. In seinem Nature-Artikel „Geology of Mankind“ von 2002 hat er formuliert: „Den Wissenschaftlern und Ingenieuren steht eine gewaltige Aufgabe bevor, um die Gesellschaft in der Ära des Anthropozäns zu einem ökologisch nachhaltigen Management zu führen. Dies wird ein angemessenes menschliches Verhalten auf allen Ebenen erfordern und kann durchaus international akzeptierte, groß angelegte Geo-Engineering-Projekte beinhalten, zum Beispiel zur “Optimierung" des Klimas."[7]
Ist die Anthropozän-Idee also vielleicht wirklich ein Vehikel für eine undemokratische Gelehrtenherrschaft oder sogar für eine weitere Erscheinungsform menschlichen Größenwahns? Ist es nicht sogar gefährlich, die Herrschaft einer Art auszurufen, die nicht nur Mahatma Gandhi und Mutter Teresa, sondern auch Tyrannen und Massenmörder wie Josef Stalin und Adolf Hitler hervorgebracht hat? Verstärkt eine „Menschenzeit“, unterrichtet in allen Schulen der Welt, nicht das Gefühl, dass die Erde unser Eigentum ist und wir damit tun und lassen können, was uns gerade einfällt?
Auch hier ist eine intensive Debatte nötig. Es läge dabei ganz im Sinne ihrer Erfinder, wenn ihre Anschauungen und Äußerungen nicht als kanonische, autoritative Text aufgenommen würden, sondern als Impulse. Vom Geo-Engineering hat sich Paul Crutzen inzwischen wieder distanziert. Eine Anwendung hält er wegen Risiken und Nebenwirkungen für zu gefährlich.
Crutzen beansprucht nicht einmal, genau zu definieren, was das Anthropozän eigentlich ist, wie er mir bei einer Autofahrt sagte. Und der Nobelpreisträger träumt keineswegs von technokratischen Großprojekten und davon, die Welt dem Menschen unterzuordnen, wie er mir 2013 in einem langen Interview erzählte: „Letzten Endes werden es die Politiker sein, die einige mutige Entscheidungen treffen müssen, um den Kurs zu ändern. Wissenschaftler und Ingenieure können dabei helfen, aber ihre wahre Macht liegt darin, positive Innovationen zu ermöglichen, nicht in der Entscheidungsfindung.“[50]
Als ich ihn mit der Kritik von Andreas Weber und anderen konfrontiert habe, dass das Anthropozän anthropozentrisch sei, war er völlig überrascht, weil er meint, dass es bei der Anthropozän-Idee darum geht, dass der Mensch versteht, gut mit den anderen Bewohnern der Erde zu leben. Er hatte jedoch einen Vorbehalt anzubringen: „Wir Menschen haben nur unsere menschlichen Gehirne, und durch sie verstehen wir die Welt. Selbst wenn man sich also um die Perspektiven anderer Spezies kümmert, benutzt man ein menschliches Gehirn“.
In diesen Aussagen steckt die Hoffnung, dass trotz der äußerlichen Ähnlichkeit mit dem Wort „anthropozentrisch“ ausgerechnet die anthropozäne Perspektive zum Gegenteil von Anthropozentrismus führen könnte: Indem der Mensch seine zentrale Rolle im Stoffwechsel der Erde realisiert, akzeptiert er auch seine existenzielle Verwobenheit mit allen anderen Lebewesen, mit den Meeren und ihren Strömungen, mit der Atmosphäre, mit den Gebirgen [51].
Zusammen mit John McNeil und Will Steffen hat Crutzen einen Weg zu einer solchen Haltung umrissen, eine dritte, erst noch kommende Phase des Anthropozäns, die nach seiner Auffassung spätestens 2015 beginnen muss. Nach den Verwerfungen der „Großen Beschleunigung“ zwischen 1945 und heute sollten die Menschen zu „stewards of the earth system“ reifen.
„Stewards“, das ist etwas ganz anderes als „Master of the Universe“, das klingt nach einer vorsichtigen, umsichtigen, rücksichtsvollen Rolle. Danach, die Erde nicht in kürzester Zeit bis zur Unkenntlichkeit zu verändern, sondern sie behutsam zu behandeln, um sie weitergeben zu können. Diese Vision gibt dem Anthropozän eine Bedeutung nicht nur für Forscher, sondern für jeden einzelnen Menschen. Sie schlägt die Brücke vom globalen Geschehen in den Alltag, von der großen Zeitskala der Geologie zum Minutentakt unseres Lebens.
Natürlich ist das Anthropozän keine Weltformel, die alle Probleme lösen wird. Und ganz selbstverständlich muss die Idee einer gründlichen Prüfung aus verschiedensten Richtungen unterzogen werden, bevor Schulkinder ihre Geschichts- und Erdkundebücher aufschlagen und dort davon lesen, dass sie in der Erdepoche des Menschen leben. Es wäre völlig in Ordnung, wenn die Stratigraphen sich viele Jahre Zeit nehmen, offene wissenschaftliche Fragen zu klären oder sich vorläufig noch zu keinem klaren Ja zum Anthropozän durchringen können. Das Anthropozän würde dennoch weiter als eine starke Metapher dafür wirken, wie grundlegend sich das Verhältnis von Mensch und Zeit verändert. Denn was jenseits aller Fragen klar wird, ist, dass das heutige Verständnis von Zeit problematisch ist. Es ist ein neues Verhältnis dazu nötig, wie wir als Einzelne, als Gruppen, Nationen und als ganze Menschheit die Ressourcen der tiefen Erdgeschichte nutzen und wie wir Entscheidungen über die weitere Zukunft der Erde und ihrer Bewohner fällen. Die kollektiv verursachte Erderhitzung ist dafür nur das prominenteste Beispiel: Was wir heute tun, wird das Leben von Menschen und allen anderen Organismen auf Jahrtausende beeinflussen.
Es gilt also, geologische Zeit im Alltag mitzudenken. Das fängt beim Autofahren an, das eine alltags-geologischen Intervention darstellt. Wir entnehmen über die Zapfsäule eine Ressource aus der Erde, die vor Hunderten Millionen Jahren entstanden ist, verbrennen sie und schaffen damit ein Erderwärmungsproblem, das mindestens die kommenden 100.000 Jahre Erdzukunft beeinflussen könnte [52] [53]. 2013 überraschte US-Präsident Barack Obama die Weltöffentlichkeit bei seiner Inaugurationsrede damit, dass er beim Klimawandel von einer amerikanischen Verantwortung „to all posterity“ sprach, also für alle Zukunft.
Diese Einsichten zeigen: Seit Wissenschaftler wie Buffon unseren westlichen Zeithorizont vergrößert haben, ist dieser Zeithorizont massiv gewachsen, sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft. Heute sind wir uns nicht nur der Milliarden Jahre bewusst, die hinter uns, der Erde, dem Kosmos liegen, sondern auch der Zeit vor uns, auf der Leben auf der Erde noch für viele Hundert Millionen Jahre möglich ist. Bewusst werden wir uns auch unserer eigenen Einflusses auf diese Zukunft – durch die Erderhitzung, durch das Artensterben, durch Plastikverschmutzung, unsere Infrastruktur und viele andere Faktoren.
Der Zeithorizont, den wir heute Lebenden ganz konkret aus unserem Alltag heraus massiv beeinflussen, umfasst mindestens jene 75.000 Jahre in die Zukunft, die für einen Wissenschaftler wie Buffon noch das maximal vorstellbare Alter der Erde darstellten. Manche Veränderungen, die wir heute anstoßen, von Atommüll-Einlagerungen bis zu Eingriffen in die Evolution, bewegen sich sogar eher im Bereich von Millionen Jahren.
Wir haben längst begonnen, mit der tiefen Zukunft zu kommunizieren. Was wir heute tun, hinterlässt Signale für weit entfernte Jahrtausend, Jahrzehntausende, Jahrhunderttausende. Wir verändern die Lebensbedingungen auf der Erde, krempeln die Natur um, erzeugen langlebige Hinterlassenschaften und Technofossilien. Wenn menschliches Leben weitergeht, wird all dies aus einer fernen Zukunft betrachtet werden. Aus der Perspektive von dann werden wir die Urmenschen sein.
Ob unser Handeln in dieser Zukunft primitiv wirken wird oder intelligent, das entscheiden wir jetzt maßgeblich mit.
Bisherige Folgen:
- Folge 1: Die Natur so groß, die Menschheit so klein – die frühen Jahre des Anthropozän-Vordenkers Paul Crutzen
- Folge 2: Als wir lernten, in den Himmel zu schreiben: Die Geburt einer großen Idee
- Folge 3: Willkommen im Club der Revolutionäre – Wie das Leben selbst die Welt von heute schuf
- Folge 4: Wir Bionauten: Die Erde als Labor – von Käseglocken, Sowjet-Containern und Wüstenträumen
- Folge 5: Unser langer Marsch ins Holozän – wie Homo sapiens die Erde besiedelte und den Turboknopf entdeckte
- Folge 6: Am Ende der Umwelt: Im Anthropozän gibt es kein unerschöpfliches Draußen mehr, sondern nur noch eine gemeinsame Unswelt
- Folge 7: Eine Freiheit, die auch die Zukunft meint: Bei Klima und Naturschutz geht es um Freiheitswerte, die grundlegender kaum sein könnten.
Quellen
- [1] Georges Louis LeClerc Comte de Buffon, Des époques de la nature, in: Histoire naturelle, générale et particulière. Supplement Vol. V, Paris, Imprimeries royale, 1778. Für eine allgemeine Geschichte der Zeitrechnung siehe auch Daniel Rosenberg und Anthony Grafton, Cartographies of Time – A history of the Timeline, Princeton Architectural Press, 2010
- [2] Mein Lieblingsbeispiel für diese Absurditäten ist eine Webseite, auf der Kreationisten argumentieren, die Erde sei extrem jung, zeigen dazu aber ein Bild von der Venus.
- [3] ICS, Aktuelle Version der erdgeschichtlichen Zeitskala
- [4] Andrew Revkin, Global Warming: Understanding the Forecast, Abbeville Press, 1992, zitiert nach Will Steffen et al. The Anthropocene: conceptual and historical perspectives, Phil. Trans. R. Soc. A 13 March 2011 vol. 369 no. 1938 842–86
- [5] zitiert nach Grinevald J., La Biosphère de l’Anthropocène: climat et pétrole, la double menace Editions Médecine and Hygiène, Geneva, Switzerland, Repères transdisciplinaires, 2007, p. 243
- [6] Paul J. Crutzen und Eugene F. Stoermer, IGBP Newsletter 41, Mai 2000
- [7] Paul J. Crutzen, Geology of mankind, Nature, Vol. 415, No. 23, 2002
- [8] Will Steffen, Paul J. Crutzen und John R. McNeill, The Anthropocene: Are Humans Now Overwhelming the Great Forces of Nature?, Ambio, Band 36, Nr. 8, Dezember 2007, S. 614–621
- [9] James Syvitski, Anthropocene: An epoch of our making, Global Change, Issue 78, March 2012, Seite 14, aktuelle Zahl vom 21. November 2013, dies bezieht sich auf meinen eigenen Computer.
- [10] Richard Helgerson, The Folly of Maps and Modernity, Literature, Mapping and the Politics of Space in Early Modern Britain, herausgegeben von Andrew Gordon und Bernhard Klein, Cambridge: Cambridge University Press, 2001, S. 241–262
- [11] Carl von Carlowitz, Sylvicultura Oeconomica oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur Wilden Baum-Zucht, Reprint der zweiten Auflage, Leipzig: Johann Friedrich Brauns sel. Erben 1732, Remagen-Oberwinter: Verlag Kessel 2009
- [12] Alexander von Humboldt, Kosmos – Entwurf einer physischen Weltbeschreibung, Zweiter Band, Stuttgart und Tübingen: F. G. Cotta’scher Verlag 1847
- [13] Antonio Stoppani, Corso di Geologia, Verlag: G.Bernardoni, E.G.Brigola Editori 1871–1873, Milano, 1871, zitiert nach W.C. Clarke et al., Sustainable Development of the Biosphere, Environment, Vol. 29, Issue 9, 1987, p. 25–27
- [14] George P. Marsh, Man and Nature, New York, C. Scribner, 1864, zitiert nach der von David Lowenthal editierten Ausgabe von 1965, The Harvard University Press
- [15] Vladimir Vernadsky, Geochemistry and the Biosphere, Synergetic Press, 2007; Vladimir Vernadsky, La Biosphere, Librairie Felix Alcan, Nouvelle collection scientifique, Paris, 1929; Édouard Le Roy, Les origines humaines et l’evolution de l’intelligence, Paris, 1928; Teilhard de Chardin, Hominization (Essay), 1923, und Teilhard de Chardin, The Phenomenon of Man, Paris, 1955
- [16] Ernst Fischer, Der Mensch als geologischer Faktor, Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Vol. 67, 1915, p. 106–149
- [17] R.L. Sherwood, Man as a geological agent – an account of his action on inanimate nature, H.F.&G. Witherby, London, 1922
- [18] Edwin Fels, Der Mensch als Gestalter der Erde, Bibliographisches Institut AG in Leipzig, Leipzig, 1935
- [19] Hubert Markl, Natur als Kulturaufgabe – Über die Beziehung des Menschen zur lebendigen Natur, DVA, 1986
- [20] Stanley C. Finney, The 'Anthropocene’ as a ratified unit in the ICS International Chronostratigraphic Chart: fundamental issues that must be addressed by the Task Group, Geological Society, London, Special Publications, first published October 24, 2013; doi 10.1144/SP395.9
- [21] Siehe dazu Jan Zalasiewicz et al., Are we now living in the antropocene?, Geological Society of America Today, Band 18, Nr. 2, 2007, S. 4–8 und die Seite der Arbeitsgruppe
- [22] Jan Zalasiewicz et al. Stratigraphy of the Anthropocene. Philosophical Trans-actions of the Royal Society of London, A, 369. 1036–1055, 2011.
- [23] Nature magazine editorial board, The human epoch, Nature, Vol. 473, 19. Mai 2011, S. 254
- [24] Welcome to the Anthropocene, The Economist, 26. Mai 2011
- [25] Axel Bojanowski und Christian Schwägerl, Debatte um neues Erdzeitalter: Was vom Menschen übrigbleibt, Spiegel Online, 4. Juli 2011
- [26] S. C. Finney, The 'Anthropocene’ as a ratified unit in the ICS International Chronostratigraphic Chart: fundamental issues that must be addressed by the Task Group, Geological Society, London, Special Publications, first published October 24, 2013
- [27] David Biello, How long have humans dominated the planet?, Scientific American Online, December 6, 2013
- [28] Jan Zalasiewicz et al., The mineral signature of the Anthropocene in its deep-time context, 2013. In: A Stratigraphical Basis for the Anthropocene. Geological Society, London, Special Publications, 395.
- [29] Agnieszka Galuszka, Assessing the Anthropocene with geochemical methods, Geological Society, London, Special Publications, first published October 24, 2013
- [30] Mark Williams, Jan A. Zalasiewicz et al., Is the fossil record of complex animal behaviour a stratigraphical analogue for the Anthropocene?Geological Society, London, Special Publications, first published October 25, 2013
- [31] M. Edgeworth, The relationship between archaeological stratigraphyand artificial ground and its significance in the Anthropocene, Geological Society, London, Special Publications, first published October 25, 2013
- [32] Logan Mitchell et al., Constraints on the Late Holocene Anthropogenic Contribution to the Atmospheric Methane Budget, Science, Vol. 342 no. 6161, 22 November 2013, pp. 964–966
- [33] Richard A. Kerr, Humans Fueled Global Warming Millennia Ago, Vol. 342, No. 6161, Science, 22 November 2013, p. 918
- [34] William F. Ruddiman, The anthropogenic greenhouse era began thousands of years ago, Climatic Change Vol. 61, p. 261–293, 2003
- [35] Bruce D. Smith, Melinda Zeder, The onset of the Anthropocene, Anthropocene, In press, Online 4 June 2013
- [36] Whitney J. Autin und John M. Holbrook, Is the Anthropocene an issue of stratigraphy or pop culture? GSA Today, 22, Vol. 7, p. 60–61, 2012.
- [37] P. L. Gibbard and M. J. C. Walker, The term 'Anthropocene’ in the context of formal geological classification, Geological Society, London, Special Publications, first published October 25, 2013; doi 10.1144/SP395.1
- [38] Ich beziehe mich hier weniger auf veröffentlichte Quellen sondern auf viele wertvolle Gespräche während des „Anthropozän-Projekts“ am Haus der Kulturen der Welt in Berlin
- [39] Rafael E. Núñez und Eve Sweetser, With the future behind them: convergent evidence from Aymara language and gesture in the crosslinguistic comparison of spatial construals of time, Cognitive Science, Vol. 30, 2006, p 1–49,
- [40] Daniel Everett, Don’t Sleep there are snakes: Life and Language in the Amazonian Jungle, Profile Books, London, 2009
- [41] Chris Lorenz and Berber Bevernage (eds.), Breaking up Time: Negotiating the Borders between Present, Past and Future, Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen, 2013
- [42] Daniel Rosenberg and Anthony Grafton, Cartographies of Time – A history of the timeline, Princeton Architectural Press, 2010
- [43] Für eine grafische Darstellung von CO2-Emissionen siehe das Projekt der Oxford University
- [44] World Resources Institute, Navigating the numbers – Greenhouse Gas Data and International Climate Policy, Washington 2005
- [45] Jim Yardley, Bangladesh pollution told in colors and smells, New York Times Online, July 14, 2013
- [46] Den Begriff „Kapitalozän“ hat Prof. Elmar Altvater von der FU Berlin bei einer Diskussionsveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik geprägt.
- [47] Andreas Weber, Enlivenment, Towards a fundamental shift in the concepts of nature, culture and politics, Heinrich Böll Foundation, 2013
- [48] Eileen Crist, On the poverty of our nomenclature, Environmental Humanities, Vol. 3, 2013, pp. 129–147
- [49] Kathleen Dean Moore, Anthropocene is the wrong word, Earth Island Journal, Spring 2013,
- [50] Christian Schwägerl, „Es macht mir Angst, wie verletzlich die Atmosphäre ist“, Interview mit Paul Crutzen, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. November 2013
- [51] Paul Crutzen und Christian Schwägerl, Living in the Anthropocene: Toward a New Global Ethos. Essay, New Haven: Yale Environment 360, 2011
- [52] Curt Stager, Deep Future – The next 100,000 years of Life on Earth, Thomas Dunne Books, New York, 2011
- [53] David Archner, The long thaw – how humans are changing the next 100,000 years of Earth’s climate, Princeton University Press, Princeton, 2010