Vor dem Crash
Was passiert, wenn die Klimakrise ihren Preis auf dem Börsenparkett findet?
Klimarisiken spielen bei der Bewertung von Anlagevermögen bislang kaum eine Rolle. Doch was passiert, wenn die Klimakrise ihren Preis auf dem Börsenparkett findet? Lässt sich ein Börsencrash in Folge einer platzenden „Carbon Bubble“ verhindern? Welche Rolle spielen Zentralbanken und Entwicklungsbanken im Übergang zu einer dekarbonisierten Wirtschaft?
Ein Interview mit dem Wirtschaftswissenschaftler Emanuele Campiglio.
Emanuele Campiglio ist Assistenzprofessor für Sozioökonomie der Wirtschaftsuniversität Wien. Er untersucht die Zusammenhänge zwischen Finanzsystemen und dem Klimawandel. Er hat nun einen mit rund 1,5 Millionen Euro dotierten Starting Grant des European Research Council für sein Forschungsprojekt SMOOTH erhalten. In dem Projekt will Campiglio sich den Zusammenhängen zwischen der Dekarbonisierung, der Abkehr von der Nutzung kohlenstoffhaltiger Energieträger im Zuge des Klimaschutzes, und dem Finanzsystem näher widmen.
Herr Campiglio, Sie haben vom European Research Council eine Start-Förderung in Höhe von 1,5 Millionen Euro für Ihr Forschungsprojekt SMOOTH erhalten. Was motiviert Sie für Ihr Projekt am meisten?
Wir müssen die Treibhausgase rasch auf null reduzieren und diese Umstellung muss in einem sehr kurzen Zeitraum erfolgen. Das ist jedenfalls das, was die wissenschaftlichen Befunde sagen. Doch das Finanz- und Wirtschaftssystem ist dazu nicht bereit, sowohl aus technologischer wie auch aus makrofinanzieller Sicht. Es beruht derzeit vollständig auf fossilen Energien.
Was folgt aus diesem Befund?
Um den Übergang zu Energiequellen mit niedrigen oder gar keinen Emissionen zu schaffen, sind große Investitionen in neue alternative Technologien notwendig. Gleichzeitig müssen wir mit den kommenden Disruptionen sehr umsichtig umgehen: Manche Wirtschaftssektoren werden sich selbst neu erfinden müssen oder verschwinden. Das wird möglicherweise im Produktions- und Finanzsektor große Kettenreaktionen nach sich ziehen. Mit dem Projekt wollen wir herausfinden, wie wir einen Übergang schaffen und gleichzeitig die soziale und finanzielle Stabilität bewahren können.
Gibt es zentrale Steuerungsinstrumente im europäischen Finanzsystem, die man zum Einsatz bringen könnte, um die Entwicklung zu beschleunigen?
Es handelt sich um eine systemische Herausforderung, so dass es vermutlich nicht genügt, nur wenige Steuerungsinstrumente zu nutzen. Denn das gesamte Wirtschafts- und Finanzsystem basiert auf fossilen Energien. Die finanziellen Akteure spielen hier eine entscheidende Rolle, da sie diejenigen sind, die finanzielle Ressourcen in die eine oder andere Richtung lenken. Es wird einige erleuchtete Finanzgurus geben, die auf Grün setzen, und es wird auch einige einschlägige Finanzierungsinstrumente wie Green Bonds geben, aber das System als Ganzes wird noch nicht in die Richtung gehen. Die Widerstände sind zu groß und es gibt zu wenige treibende Kräfte.
Was also kann man tun?
Die Frage ist, wie der Klimawandel auf die Finanzmärkte wirkt und wie finanzielle Klimarisiken von den Finanzakteuren in ihre Bewertungen von Vermögenswerten einbezogen werden. Ich sehe hier mehrere Aspekte: So gibt es im Moment keine Möglichkeit, das Engagement von Finanzinvestoren für diese klimabezogenen Finanzrisiken auf umfassende, zuverlässige und dynamische Weise zu bewerten. Das versuche ich in meinem Forschungsprojekt zu thematisieren.
Wie könnte eine solche Risikobewertung aussehen?
Beispielsweise könnte man das Risiko von der Emissionsmenge eines Unternehmens abhängig machen. Folglich könnte man Vermögenswerte entsprechend ihrer Emissionswerte abstoßen. Mit solchen Divestment-Entscheidungen können allerdings Kursstürze verursacht werden, wenn die Stimmung im Markt plötzlich umschwenkt.
Wie könnte denn ein Umschwung durch Divestment erreicht werden?
Ein solcher Umschwung kann erfolgen, sobald eine stärkere Regulierung implementiert wird. Üblicherweise ist hier dann von CO2-Preisen die Rede, etwa einer CO2-Steuer. Aber es kann auch andere Auslöser für einen Umschwung geben, etwa eine unerwartete Einführung eines politischen Instruments mit starken Minderungsmechanismen. Die technologische Entwicklung ist ein weiterer Faktor: Beispielsweise sinken die Kosten von solaren Energietechniken seit Jahren schneller als prognostiziert, auch wenn die Analysten regelmäßig ihre Erwartungen korrigieren. So eine Entwicklung kann in den nächsten 15 Jahren an einen Punkt führen, an dem die Finanzmärkte plötzlich erkennen, dass das ganze System dekarbonisiert werden wird. Dann werden sie versuchen, so schnell wie möglich aus fossilen Industrien auszusteigen, was zu einem Absturz der Märkte führen kann.
Wie wahrscheinlich ist ein Börsencrash im Moment?
Ein Blick auf die Märkte zeigt, dass kaum jemand im Moment mit einem Crash rechnet, sonst wären ja schon viele Investoren ausgestiegen. In Wirklichkeit besteht trotz des Erfolgs bestimmter Branchen wie der Solarindustrie das wahrscheinlichste Szenario darin, dass wir fossile Brennstoffe noch viele Jahrzehnte lang nutzen werden, weil das System technologisch und gesellschaftlich zu abhängig ist von den fossilen Brennstoffen.
Welche möglichen Ursachen für eine Umorientierung der Finanzmärkte wären noch denkbar?
Große klimabedingte Ereignisse können ebenfalls zu Umschwüngen führen. Wir könnten in einigen Jahren den Anstieg extremer Wetterereignisse wie Dürren und Überschwemmungen erleben. Wenn dann wieder eine kritische Menge von Menschen in den Finanzmärkten darauf reagieren würde, könnte das ebenfalls zu einem Crash führen. Aber das sind wohlgemerkt jetzt keine Voraussagen, sondern Risiken.
Was halten Sie von der Divestment-Bewegung, wird sie etwas an den Finanzmärkten bewegen?
Ich unterstütze sie voll und ganz. Aus meiner Sicht stellt sie aber keinen Faktor dar, der alles verändern könnte. Es kommt erst dann etwas in Bewegung, wenn ein stilles Divestment seitens der Big Player stattfindet. Investmentfirmen wie Blackrock [1] ist die Klimakrise im Moment aber noch egal. Wenn eine so große Investmentfirma beschließen würde, sich von fossilen Vermögenswerten zu trennen, dann wäre das was.
Welche Dekarbonisierungsszenarien möchten Sie untersuchen?
Es gibt eine Reihe von Dekarbonisierungsszenarien. Wenn alles so weiter geht wie bisher, läuft es auf das Vier-Grad-Szenario hinaus. Im Moment sind die gemeldeten nationalen Beiträge (Nationally Determined Contributions, NDCs) jedenfalls nicht mit zwei Grad kompatibel. Im Rahmen meines Projekts möchte ich diese Beiträge dynamischer gestalten. Ich werde also nicht ein bestimmtes Reaktionsmuster überbewerten, aber ich werde bestimmte Merkmale oder Verhaltensweisen neben technologischen Innovationen oder bestimmten Veränderungen in den Finanzströmen berücksichtigen, um die jeweiligen Beiträge zur Dekarbonisierung zu beeinflussen.
Sie entwickeln dafür ein Computermodell, das Sie mit verschiedenen Parametern füttern?
Ja, genau, es wird ein Modell sein. Das Projekt wird aus verschiedenen Komponenten bestehen, aber im Kern handelt es sich um eine makroökonomische Modellierungsübung mit mehreren Sektoren, mit denen ich verschiedene dynamische Übergangsszenarien analysieren werde. Auf diese Weise möchte ich Marktzusammenbrüche und mögliche Disruptionsquellen modellieren.
Warum ist das nötig, gibt es nicht schon genügend ökonomische Modelle?
Im Moment bilden die verfügbaren Modelle Disruptionen nicht ab. Die meisten der Übergangsmodelle, wie sie vom IPCC verwendet werden, sind relativ glatt und werden von Sozialplanern gestaltet, die die Zukunft optimieren wollen und unterstellen, dass die Gesellschaft das auch akzeptiert und sich entsprechend verhält. Wir wollen aber das irrationale Verhalten an den Finanzmärkten erfassen, das zu diesen plötzlichen Veränderungen führen könnte. Diese Brüche in der Transition können Störungen verursachen, die wiederum diesen Übergangsprozess selbst verzögern. Wenn wir also in der Lage sind, diese möglichen Störquellen vorherzusehen, sind wir vielleicht auch in der Lage, sie zu entschärfen und dann einen reibungsloseren Übergang zu erreichen.
Welche Rolle spielt das Wirtschaftswachstum bei der Dekarbonisierung?
Aus einer rein buchhalterischen Perspektive verursacht eine Ausweitung der Wirtschaftstätigkeit mehr CO2-Emissionen. Das Wirtschaftswachstum per se wird also zu obszön hohen Mengen an Treibhausgasemissionen führen. Es besteht die Hoffnung, dass das Wirtschaftswachstum vor allem in Wirtschaftsbereichen stattfinden wird, die entweder geringe CO2-Emissionen aufweisen oder alternative, grüne Technologien produzieren. Wenn man die Struktur des Wirtschaftssystems so verändert, dass solche CO2-freien Wirtschaftsbereiche gefördert werden und im Wirtschaftssystem ein stärkeres Gewicht erhalten, dann könnte man auch mit Wachstum Emissionen reduzieren.
Was denken Sie über ein Minuswachstum? Müssen wir auf Degrowth, auf eine entschleunigte Wirtschaft setzen?
Das ist eine Debatte, die ich jahrelang mit Kollegen geführt habe. Der Übergang erfordert, dass bestimmte Wirtschaftsbereiche wachsen, andere wiederum schrumpfen. Wenn man beispielsweise an den Bergbau denkt, der fossile Brennstoffe wie Kohle fördert und damit handelt: Das muss verschwinden. Solche Wirtschaftsbereiche müssen degradiert werden. Gleichzeitig stellt aber ein solcher Rückbau eine Risikoquelle im gesamten Wirtschaftssystem dar, die wir untersuchen müssen. Ich selbst bin kein großer Fan von Degrowth. Ich denke lieber über ein freiwilliges einfaches Leben oder über individuelle Verhaltensveränderungen nach. Man kann ja weniger fliegen oder kein Fleisch essen.
Aber wie effektiv ist es denn, wenn einzelne sich beschränken?
Ich glaube nicht, dass sie etwas am Problem ändern würden. Die meisten Menschen werden nur versuchen, ihr Einkommen, ihren Konsum und ihren Wohlstand zu steigern, und sie werden schönere und größere Dinge wollen. Wir müssen dies als Teil des menschlichen Verhaltens berücksichtigen. Ich glaube nicht, dass wir uns darauf verlassen können, dass Menschen freiwillig auf etwas verzichten. Deshalb müssen wir Richtlinien entwickeln. Ich bin hier also eher ein Top-down-Typ.
Ist es denn unter Wirtschaftswissenschaftlern ein Tabu, über Degrowth zu debattieren?
Es ist nicht wirklich ein Tabu, aber es wird einfach nicht ernst genommen. Im Bereich der Wirtschaftspolitik und der Sozialwissenschaften wird das Konzept viel mehr akzeptiert und diskutiert. Ich selbst bin von dem ganzen Thema nicht überzeugt. Wenn Degrowth bedeutet, die Menge an Ressourcen, die wir verbrauchen und die wir erzeugen, zu verringern, dann bin ich natürlich dafür. Aber verwende dafür lieber den Begriff der Nachhaltigkeit. Wenn Degrowth hingegen die Degression des Bruttoinlandprodukts oder des Verbrauchs bedeutet, dann finde ich, dass Degrowth der falsche Ansatz ist.
Aber das Bruttoinlandsprodukt kann ja nicht das Maß aller Dinge sein?
Ich stimme zu, dass das Bruttoinlandprodukt ein unvollkommenes Maß für den gesellschaftlichen Wohlstand ist und dass moderne Gesellschaften von zu viel Konsum gekennzeichnet sind. Aber es ist ja so, dass die Betonung auf ein degressives Bruttoinlandprodukt dem Konzept von Degrowth tatsächlich Bedeutung verleiht. Aus meiner Sicht ist es so: In dem Maße, wie die Leute auf ein wachsendes Bruttoinlandprodukt setzen und damit das Bruttoinlandprodukt überbetonen, in dem Maße legen auch die Degrowthers zu viel Gewicht auf das Bruttoinlandprodukt, nur auf entgegengesetzte Weise. Es wäre sinnvoller sich mehr auf das zu konzentrieren, was wir als Gesellschaften erreichen wollen, wie etwa Frieden, Vollbeschäftigung, Nachhaltigkeit, Fairness. Wenn Wachstum aus der Verfolgung dieser Ziele entsteht, ist es gut, wenn daraus ein Minuswachstum resultiert, ist es auch gut. Dieses Argument wurde meines Wissens nach zuerst von Professor Jeroen van den Bergh entwickelt, der an der Autonomen Universität Barcelona lehrt.
Worauf sollten die europäischen Finanzaufsichtsbehörden achten, wenn sie Leitlinien für bewährte Praktiken bei nichtfinanziellen Berichtspflichten entwickeln?
Die Finanzaufsichtsbehörden verlangen von den Banken und Versicherungen bereits, klimabedingte Risiken auf vielerlei Ebenen zu berücksichtigen. Ich wünsche mir, dass die Vorgaben dazu weniger freiwillig, strenger und obligatorischer werden. Es fehlen aber makroökonomisch wirksame Regeln auf der Ebene der Zentralbanken und der nationalen Förder- und Entwicklungsbanken. Sie tun im Moment zu wenig, was seine Wurzeln in der globalen Finanzkrise hat.
Was könnten sie denn überhaupt tun?
Regierungen und Entwicklungsbanken müssen im Wesentlichen eine CO2-Bepreisung einführen und die Steuerpolitik stärker nutzen. Die öffentliche Hand muss mehr in kohlenstoffarme Infrastrukturen investieren, Förderbanken müssen mehr Kredite vergeben können als bisher. Geschäftsbanken durften beispielsweise vor der Finanzkrise wie verrückt ihren Fremdkapitalanteil erhöhen. Doch noch immer ist es so, dass die Bilanzen einer Geschäftsbank erheblich größer sind als die jeder Förderbank in der Europäischen Union. Dabei sind die Förderbanken entscheidend dafür, finanzielle Mittel für gesellschaftlich relevante Ziele einzusetzen, selbst wenn diese Ziele riskant sein sollten.
Die Förderbanken können aber wie auch die Zentralbanken nicht wirklich eigenständige Entscheidungen treffen, die Folgen auf die Verteilung finanzieller Ressourcen haben. Sie dürfen nur auf Basis präziser Mandate reagieren. Wenn sie keine Beweise dafür haben, dass grüne, nachhaltige Anlagen tatsächlich weniger riskant sind als fossile Anlagen, dann werden sie nicht handeln. Es ist die Aufgabe der Wissenschaft, diesen Nachweis zu erbringen. Christine Lagarde wurde gerade erst zur Leiterin der Europäischen Zentralbank (EZB) ernannt, und bei ihrem ersten Auftritt vor einem Ausschuss des Europäischen Parlaments Anfang September erwähnte sie den Klimawandel mehrmals. Dennoch glaube ich nicht, dass sie tatsächlich mehr bewegen kann, es sei denn, es liegen richtige Beweise vor.
Inwiefern gibt es keine Beweise?
Die Beweise sind sehr dürftig. Es gibt keine eindeutigen Hinweise darauf, dass grüne Anlagen derzeit weniger riskant sind als braune. Uns fehlen noch weitgehend die notwendigen Daten. So sehr Christine Lagarde eine grüne Agenda vorantreibt, so schwer ist es doch vorstellbar, dass die EZB grüne Anlagen fördert, nur weil sie grün sind, ohne jegliche risikobasierte Begründung. Ehrlich gesagt, bin ich mir nicht sicher, ob eine gemeinsam vereinbarte Risikobewertung von Grün/Braun überhaupt möglich ist; und wenn ja, gibt es die reale Möglichkeit, dass Grün tatsächlich riskanter ist als Braun.
Welche Möglichkeiten haben die Zentralbanken, klimabedingte Risiken besser abzubilden?
Das Wichtigste ist, die Forschung zu unterstützen oder selbst direkt zu forschen, um zu verstehen, wie die europäischen Finanzsysteme klimabedingten Risiken ausgesetzt sind. [2] Dieses Forschungsgebiet ist völlig neu und Arbeiten dazu sind bestenfalls fünf Jahre alt. Die Zentralbanken können klimabedingte Risiken berücksichtigen, wenn sie sowohl interne Entscheidungen als auch externe Entscheidungen wie politische Entscheidungen treffen müssen. Vor zwei Jahren habe ich zusammen mit Kollegen ein Paper veröffentlicht, in dem wir uns mit der quantitativen Lockerung durch Zentralbanken beschäftigten [3]. Wir zeigten, wie CO2-intensiv ihre Maßnahmen zur quantitativen Lockerung waren. Und das liegt daran, dass die Zentralbanken sich marktneutral verhalten, weil sie die Märkte nicht verzerren wollen. Aber wenn der Markt auf fossilen Energien basiert, werden die fossilen Elemente das Finanzsystem durchwirken. Und das ist etwas, das Zentralbanken berücksichtigen müssen, wenn sie, wie sie behaupten, den Klimawandel für relevant halten und das Pariser Abkommen respektieren wollen.
Die Zentralbanken müssen den Markt also doch irgendwie stören und damit gegen ihre Überzeugung handeln?
Es gibt hier keine Neutralität. Die Zentralbanken müssen in Volkswirtschaften, in denen der Markt alles beherrscht, sich nicht um eine natürliche Verteilung der Ressourcen kümmern. Die Regierung könnte es aber. Die Zentralbanken müssten daher die jeweiligen Wirkungsbereiche der Regierung und der Finanzmärkte respektieren. Im Moment tun sie nur das, was der Finanzmarkt ihnen als Lösung anbietet. Wir wissen aber, dass die Finanzmärkte nicht so effizient und funktionsfähig sind, wie es nötig wäre. In diesem Sinne wäre mehr Lenkung gut.
Welche neuen Finanzinstrumente könnten in dieser Hinsicht wirksam sein?
Nun, die Finanzinstrumente sind bereits vorhanden. Es kommt nur darauf an, wer sie nutzt. Das wichtigste Finanzinstrument, von dem gesprochen wird, sind natürlich grüne Anleihen, die letztlich Anleihen sind, die für bestimmte Zwecke erteilt werden. Investitionen in Aktien sind also in hohem Maß eine Lösung für eine Anpassung der Finanzsysteme an den Klimawandel, solange diese Aktien von Unternehmen stammen, die den Klimawandel nicht befördern, sondern, besser noch, Lösungen anbieten.
In Deutschland wurde die Einrichtung von Klimafonds diskutiert. Geht das in die richtige Richtung?
Ja, natürlich. Die bisherige Performance von Klima- und Grünfonds war nicht besonders erfolgreich, weil hier oft nur sehr wenig Geld angelegt ist, wie das Monitoring von Climate Funds Update zeigt. Dort wird verfolgt, wie viel von dem versprochenen Geld tatsächlich an diese großen Klimafonds geflossen ist. Der versprochene Geldbetrag ist viel höher als das tatsächlich ausgezahlte Geld. Auf großen internationalen Konferenzen geben die Staaten Zusagen für Investments, doch damit ist das Geld ja noch nicht verteilt. Falls dann das Geld tatsächlich in einem Fonds ankommt, dauert es meist eine Weile, um den Betrieb aufzunehmen. Viele Regierungen haben aber bereits perfekte Instrumente zur Finanzierung von Klimainvestitionen, das sind Förderbanken wie die KfW in Deutschland. Die KfW gehört bei diesen Angelegenheiten zusammen mit der Europäischen Investitionsbank zu den wohl fortschrittlichsten Institutionen dieser Art, da sie nach klimabezogenen Gesichtspunkten Kredite vergeben kann. Das halte ich für den richtigen Weg. Ich würde mir wünschen, dass diese Förderbanken mehr Kreditkapazität erhalten, so dass sie ihre Bilanz stärker als derzeit ausweiten können.