„Viele Tiere sind so zerbrechlich wie Glas“

Die Ozeanforscherin Drew Harvell will mit Glasmodellen Menschen für den Meeresschutz begeistern.

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Ein Modell der Seefeder Renilla muelleri aus Glas.

Leopold und Rudolph Blaschka aus Dresden gehörten im 19. Jahrhundert und frühen 20. Jahrhundert zu den führenden Glaskünstlern und sind in ihren Arbeiten bis heute unübertroffen. Die Spezialität des Vater-Sohn-Duos bestand darin, Modelle von Lebewesen originalgetreu in Glas zu fertigen. Als Leopold Blaschka 1853 in die USA reiste, lag das Segelschiff wegen einer Flaute zwei Wochen still im Atlantik. In dieser Zeit fing er an, sich mit den Meeresbewohnern zu beschäftigen, vor allem mit den Wirbellosen. Später boten Blaschka und sein Sohn Rudolph Hochschulen und Naturkundemuseen vor allem in den USA eine Vielzahl von marinen Objekten für den Unterricht an.

Die Meeresforscherin Drew Harvell, Professorin für Ökologie und Evolutionsbiologie an der Cornell-Universität, kümmert sich als Kuratorin um die Pflege einer großen Sammlung von Blaschka-Werken. In ihrem Buch „Sea of Glass: Searching for the Blaschkas’ Fragile Legacy in an Ocean at Risk“ (University of California Press, 2016) beschreibt sie, welche Botschaft die Arbeit der Blaschkas für die Welt von heute hat. Nachdem das Buch schon den National Outdoor Book Award gewonnen hat, wurde es im August 2017 nun mit einem Rachel-Carson-Preis der Vereinigung Amerikanischer Umweltjournalisten (SEJ) geehrt. Im Interview erzählt Drew Harvell, was sie an den Glaskunstwerken so fasziniert und wie Kunst dem Meeresschutz helfen kann.

Frau Harvell, was ist an den Werken der Blaschkas so besonders?

Die Blaschkas haben wunderbare Kunstwerke aus Glas geschaffen, die Lebewesen darstellen und den Vorbildern auf wunderbare Weise ähnlich sind. Ihre Abnehmer waren vor allem Universitäten. Die Modelle wurden für den Unterricht eingesetzt. Die Blaschkas achteten deshalb auf jedes kleine Detail, es ist wirklich unglaublich, wie detailversessen sie waren. Am bekanntesten sind ihre Glasblumen, die an der Harvard-Universität verwahrt werden. Bei uns an der Cornell-Universität pflegen wir die Sammlung mariner wirbelloser Tiere. Es gibt insgesamt sechzig Universitäten mit Blaschka-Sammlungen. Unsere ist mit 570 Modellen die weltweit größte.

Was sind Ihre Aufgaben als Kuratorin dieser Sammlung?

Ganz wesentlich ist die Restaurierung, denn lange Zeit wurde den Werken keine Beachtung geschenkt und sie haben Schaden genommen. Zusammen mit dem Corning Museum of Glas machen wir uns daran, Stück für Stück wieder in den ursprünglichen Zustand zu bringen. Das Wichtigste für mich ist aber, dass ich die Werke einsetze, um die Biodiversität der Meere darzustellen und zu feiern.

Die Anemone Stomphia coccinea aus Glas.
Die Anemone Stomphia coccinea lebt im Nordatlantik, im Nordpazifik und im Arktischen Ozean.
Die Staatsqualle Apolemia uvaria aus Glas.
Das Modell der Staatsqualle Apolemia uvaria besteht aus 200 beweglichen Teilen – ein Meisterwerk der Glaskunst.
Die Seefeder Renilla muelleri aus Glas.
Fragile Schönheit, festgehalten in Glas: Renilla muelleri gehört zur Ordnung der Seefedern.
Der Tintenfisch Histioteuthis bonnellii aus Glas.
Harvell glaubt, dass Kunst die Augen für die Umwelt öffnen kann: Der Tintenfisch Histioteuthis bonnellii.
Die Meeresforscherin Drew Harvell steht hinter einem Regal mit Quallen aus Glas.
Die Meeresforscherin Drew Harvell mit Exponaten der Blaschka-Sammlung an der Cornell-Universität.
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