Naturschutz: Indigene klagen gegen CO₂-Zertifikate in Peru

Natur- und Artenschutz muss finanziert werden. Ein wichtiges Thema bei der COP16. Doch der Emissionshandel gerät zunehmend in Kritik.

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Flusslandschaft mit dem Bug eines Kanus. Im Hintergrund bergiger Regenwald.

Canaya ist ein Kichwa-Dorf im peruanischen Amazonas. Dort lebt die Familie Tapullima: zwei Erwachsene, fünf Kinder. Das sechste soll bald zur Welt kommen. Wenn die siebenköpfige Familie Tapullima Wasser braucht, holt Vater Jairo Tapullima seine Schubkarre, stellt leere Plastikeimer drauf und schiebt siean den rund einen Kilometer weit entfernten Huallaga-Fluss.

Dort holt er Eimer für Eimer Wasser aus dem Fluss und schiebt die Karre vorsichtig, damit auch ja kein Tropfen verloren geht, über den Feldweg zurück ins Dorf. Der Bau einer Wasserleitung scheitert bis heute an der Fehlplanung und mangelndem Geld der Behörden.

Mann in Shorts und T-Shirt, neben eine Schubkarre mit vier Plastikeimern, im Hintergrund ein Fluß.
Jairo Tapullima holt mit der Schubkarre das Wasser vom Fluß Huallaga für seine 8-köpfige Familie. Bis heute hat das Dorf Canayo keine Wasserleitung.

Naturnahes, ärmliches Leben

In Canayo wohnen etwa 200 Personen. Sie leben vom Anbau von Kakao, Bohnen, Maniok und Bananen, etwas Fleisch von Wildtieren, die sie im Wald jagen, und von Fischen, die sie im Fluss fangen. Es reicht für den Eigenverbrauch.

Der 44-jährige Jairo Tapullima ist auch der Gesundheitsbeauftragte des Dorfes. An der unverputzten Wand seines Hauses hängen seine Diplome als Geburtshelfer. Fünf Müttern im Dorf hat er bereits bei der Geburt geholfen, sagt er stolz. Ehrenamtlich, ohne Bezahlung.

Das Dorf Canayo ist reich an Natur und an Traditionen der indigenen Kichwa. Aber arm an Geld. Deswegen spitzten Jairo und die anderen Bewohner*innen Canayos ihre Ohren, als sie vernahmen, dass ihre Natur Geld wert sei. Sehr viel Geld.

Der weiße Teufel oder CO₂-Extraktivismus

84,3 Millionen US-Dollar hat der französische Energiegigant Total Energies für den Nationalpark Cordillera Azul zugesagt. Im Gegenzug darf Total Energies damit den eigenen CO₂-Ausstoß in anderen Teilen der Welt kompensieren. Es handelt sich um den größten CO₂-Kompensations-Kauf, der je in Peru getätigt worden sei, verkündete der damalige Umweltminister Gabriel Quijandria vor drei Jahren.

Canayo liegt am Rande des Nationalparks und gehört zu seiner Pufferzone. Die Kichwa verstanden zuerst überhaupt nicht, was da geplant war: „Wir dachten, dass das CO₂ aus dem Wald genommen wird, wie Kupfer, Gold oder Öl“, erzählt Jairo Tapullima. Sofort seien die Assoziationen zu den alten Mythen über Pishtacos hochgekocht: Diese sind eine Art Teufel, oft weißhäutig, die den Menschen das Fett aussaugen, bis sie an Auszehrung sterben.

Indigener Mann zeigt mit dem Finger auf ein Plakat mit handgeschriebenen Namen, das an einem Haus klebt.
An der Wand des Hauses von Jairo Tapullima ist die Liste der ehrenamtlichen Wachen, eine Freiwilligenwehr der Männer des Dorfes.

In Canayo kommt nichts an vom Geld

Die Menschen hätten Angst bekommen. Bis sie verstanden, dass diesmal kein Rohstoff aus der Erde geholt wird, sondern jemand dafür bezahlt, damit der Wald nicht abgeholzt wird.

Doch wie schon beim Öl und Gold zogen die Indigenen den Kürzeren. Denn von dem vielen Geld, sagt Jairo Tapullima, kommt bei ihnen nichts an. Die Millionen bleiben bei den Betreibern des Nationalparks, die damit die Betriebskosten absichern.

Wieder einmal wurden die Kichwa über den Tisch gezogen. Wie schon so oft in der Geschichte von Canayo und dem Nationalpark.

Kulisse von grünen Pflanzen und Bäumen
Pflanzen und Bäume in der Selva Alta, dem bergigen Teil des peruanischen Amazonasgebietes.
Flusslandschaft, links am Ufer ein Kanu mit Aussenbordmotor. Daneben sitzen eine Frau und ein Kind und waschen Wäsche im Fluß.
Die Kichwa leben seit vielen Jahrhunderten im nordperuanischen Amazonasgebiet. Hier am Oberlauf des Flusses Huallaga.
Ein  einfaches Holzregel gegen eine lückenhaft zusammengezimmerte Hüttenwand. Darauf sind zwei verschlissene Plastikkörbchen, ein paar Kochbananen, Blechgeschirr und ein lebendiges Hühnchen zu sehen.
Die Häuser in Canayo sind einfach gebaut, oft mit Holzlatten zusammengezimmert. Die Dorfbewohner ernähren sich vor allem von Yukka, Kochbananen und Bohnen. Ein Huhn, Fisch oder Wild sind eher seltene Beigaben.
Indigene Frau, ca. 40 Jahre alt, zurückgebundenes dunkles Haar, grünes T-Shirt. Brustbild, im Hintergrund ein einfaches Holzhaus.
Die 38-jährige Marisol Garcia aus Chazuta im Departament San Martin ist Vorsitzende des Kichwa-Verbandes Fepikucha. Sie verficht den Anspruch auf indigenes Gemeinschaftsterritorium auch gegenüber den peruanischen Umweltbehörden.
Bewachsener Weg, auf beiden Seiten einfache Holzhäuser und Bäume, Strommasten.  im Hintergrund erheben sich bewaldete Hügel.
Im Dorf Canayo leben bis zu 40 Kichwa-Familien. Canayo liegt in der Pufferzone, also am Rand des Nationalparks Cordillera Azul. Da das indigene Gemeinschaftsland nicht im Grundbuch eingetragen ist, wird Canayo vom Nationalpark und den Behörden nicht als indigene Gemeinschaft anerkannt.
Junge Frau, indigen, mit grünem T-Shirt, sitzt am Tisch, im Hintergrund die Bambuswand der Hütte. In der einen Hand hat sie das Handy, in der anderen einen Plastikkrug mit einem weissen Getränk, den sie sich zum Mund führt.
Marisol Garcia ist Präsidentin des Kichwa-Verbands Fepikecha und vertritt auch das Dorf Canayo gegenüber den Behörden. Das Handy ist ein wichtiges Arbeitsinstrument für sie. Hier trinkt sie Masato, ein gegorenes Yukkagetränk, das in jeder Familie den Gästen angeboten wird.
Baum mit Kakaofrüchten
In der Region San Martin, in der Chazuta liegt, sind die klimatischen und geografischen Bedingungen besonders gut für den Kakaoanbau.
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