Landwirtschaft der Zukunft: Sind Pflanzen und Solarmodule auf dem Acker ein gutes Team?
Im Braunkohlerevier hat einer der größten Ackerbauversuche begonnen. Himbeeren sollen unter Photovoltaikdächern reifen. Die Bäuerinnen und Bauer pflanzen ihr Gemüse unter Solarmodulen. Die Idee klingt einfach, die Umsetzung ist kompliziert.
Die Rekultivierung der Abbaugruben im rheinischen Braunkohlerevier bietet viel Platz für Ideen und Experimente. Eines davon läuft in Bedburg, am Rande des Tagebaus Garzweiler. Dort erzeugen rund 6100 Solarmodule auf einer Brachfläche seit Anfang des Jahres Strom. Das wäre nichts besonderes, wenn die LandwirtInnen aus der Region nicht den nächsten Schritt gegangen wären: Sie haben jetzt mit der Bewirtschaftung der Flächen begonnen.
Viel Platz für Agri-Photovoltaik in Deutschland
Bedburg ist einer der Modellorte für eine neue Form der Landwirtschaft. Dabei werden die Ackerflächen mit großen Photovoltaikanlagen überbaut oder von Solarpanels unterbrochen. Diese Doppelnutzung heißt Agri-Photovoltaik. Die Bäuerinnen und Bauern ernten nicht mehr nur Obst, Gemüse oder Getreide. Sie produzieren gleichzeitig Strom. Mit sieben Hektar zählt die Parzelle zu den größten Versuchsflächen Deutschlands. Unter guten Bedingungen reicht das, um etwa 1000 Haushalte mit Strom zu versorgen.
Oben Sonnenkollektoren, unten Pflanzen: Deutschland sammelt noch Erfahrungen mit dieser Doppelnutzung der Flächen. Das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE hat sich aber bereits festgelegt: „Aus Sicht der Stromproduktion ist die Doppelnutzung der landwirtschaftlichen Fläche mit Agri-PV deutlich effizienter als der Anbau von Energiepflanzen“, heißt es im Leitfaden Agri-PV des ISE. Damit könnte die Kombination aus Solarmodulen und Pflanzen eine bedeutende Rolle in der Reform der Landwirtschaft bekommen. Schon heute wachsen hierzulande auf 13 Prozent der Anbaufläche Energiepflanzen, die zur Erzeugung von Wärme, Strom und Kraftstoffen genutzt werden. Ein Teil dieser Flächen könnten dank Agri-PV wieder Lebensmittel liefern und nicht nur Mais und Raps als Rohstoff für eine Raffinerie oder Biogasanlage.
Interesse ist da, doch Technologie aufwändig
Die Praxiseinführung der neuen Technologie ist aufwändig. Sie wird am Tagebau gemeinsam vom Energieversorger RWE, dem Fraunhofer-Institut und dem benachbarten Forschungszentrum Jülich erforscht. Bedburgs Bürgermeister Sascha Solbach freute sich bei der Eröffnung im August über „mutige Unternehmen, die bereit sind, ohne Zögern neue Wege zu gehen“. Es sei wichtig für die Menschen vor Ort, die Energiewende mit konkreten Projekten sichtbar zu machen. Das Interesse an Agri-PV in der Region sei groß, bestätigt Ulrich Schurr vom FZ Jülich. „Einige Kommunen, die Anlagen auf ihren Flächen aufbauen wollen, haben uns bereits angesprochen“, sagt er.
Die Interessen von Photovoltaik und Landwirtschaft unter einen Hut zu bringen ist nicht einfach. Deshalb testet das Forschungsteam drei verschiedene Systeme. Auf einer Fläche sind die Solarmodule fest und senkrecht auf Ständerwerk montiert, die Pflanzen wachsen dazwischen. Eine Alternative sind bewegliche Module, die dem Verlauf der Sonne folgen und durch eine höhere Stromausbeute wirtschaftlicher werden. Dort startet der Anbau mit einer Klee-Gras-Mischung und Luzerne. Die robusten Nutzpflanzen sollen den Boden auflockern und bessere Bedingungen für den Anbau von Getreide, Kartoffeln oder Gemüse in den kommenden Jahren schaffen.
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