Mobilitätskolumne: Wasserstoff vs. Elektroauto — Warum Technologieoffenheit nichts bringt
Fahrzeuge mit Brennstoffzelle tanken fast so schnell wie jene mit Benzin. Aber die Technik kostet viel Energie und wird sich nicht durchsetzen

Als Journalist schreibe ich schon lange über alternative Antriebe. Meist handelt es sich dabei um Elektroautos, hin und wieder ist ein Fahrzeug mit Brennstoffzelle dabei. Groß ist die Auswahl nicht; im Massenmarkt der Automobile gibt es gerade mal zwei Modelle: den Toyota Mirai und den Hyundai Nexo.
Noch interessanter als die Autos sind oft die Fahrer, die die Fahrzeuge für den Test anliefern. Meist sind es Männer jenseits der 50 – E-Autos sind ihnen suspekt. Aber Wasserstoff? „Das ist die Zukunft! Darüber sollten Sie schreiben!“
Mauscheleien bei Wasserstoff-Förderung
Die Faszination für Wasserstoffantriebe reicht bis in höchste politische Kreise. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) preist Wasserstoff und E-Fuels als Alternativen zum Elektroauto an.
Aktuell steht Wissing jedoch selbst in der Kritik, weil es Mauscheleien bei der Vergabe von Wasserstoff-Fördermitteln gegeben haben soll. Die Organisation LobbyControl hat ein Geflecht von Personen aus Politik und Wirtschaft aufgedeckt, die offenbar nicht nur miteinander in den Urlaub fahren, sondern sich auch staatliche Gelder zuschieben.
In Wissings Ministerium gibt es ein Wort dafür: Technologieoffenheit.
In der Luftfahrt wird Wasserstoff dringender gebraucht
Tatsächlich kommt Wasserstoff bei der Umstellung der Industrie auf klimafreundliche Produktion eine enorm wichtige Rolle zu. Auch im Verkehrssektor wird das Gas dringend gebraucht – und zwar dort, wo man nicht mal eben auf Elektro umstellen kann. Zum Beispiel in der Luftfahrt.
Um Tausende von Kilometern zurückzulegen, bräuchten Flugzeuge riesige Akkus, die die Maschinen unverhältnismäßig schwer machen würden (was wiederum ihren Verbrauch erhöht). Dort wäre Wasserstoff also tatsächlich eine sinnvolle Alternative zum Kerosin.
Im Straßenverkehr sieht das anders aus. Ich stelle bei meinen Testfahrten immer wieder fest, wie löchrig das Tankstellennetz, wie fehleranfällig die Technik ist. In Rostock wäre ich fast liegen geblieben, weil die einzige verfügbare Zapfsäule nicht starten wollte. Aktuell schrumpft das Tankstellennetz sogar. Eine Zapfsäule, die es 2021 in Halle an der Saale noch gab, wurde inzwischen abgebaut – technische Probleme.

Strom zur Wasserstoff-Herstellung? Dann lieber direkt ins Auto!
In ganz Deutschland gibt es aktuell nur um die 90 H₂-Tankstellen, trotz aller Subventionen. Wer über fehlende Ladestationen für E-Autos klagt, aber für Wasserstoff schwärmt, sollte sich diese Zahlen mal kurz vor Augen führen.
Natürlich spricht prinzipiell nichts dagegen, zwei Technologien gleichzeitig zu fördern und zu schauen, welche sich durchsetzt. Betrachtet man die Fakten, ist die Entscheidung jedoch längst gefallen.
Der ADAC veröffentlicht auf seiner Homepage eine Grafik, die zeigt, wie viele Autos ein Drei-Megawatt-Windrad versorgen kann:
· Strom: 1600 Fahrzeuge
· Wasserstoff: 600 Fahrzeuge
· E-Fuel: 250 Fahrzeuge
Die enormen Unterschiede erklären sich durch den geringeren Wirkungsgrad von Wasserstoff. Bei E-Autos fließt der Strom direkt in die Batterien. Wasserstoff hingegen muss – mithilfe von Strom – erst hergestellt, aufwändig transportiert und ständig gekühlt werden. Auch dafür wird Strom benötigt, der knapp und längst nicht nur „öko“ ist. Noch immer stammt ein großer Teil aus Kohlekraftwerken.
Dass E-Fuels in der Kalkulation noch schlechter abschneiden, lassen wir an dieser Stelle mal außer Acht. Auch hier plädiert die FDP für Technologieoffenheit.
Selbst glühende H₂-Anhänger wie Toyota ändern deshalb nun ihre Strategie. Wie der Autokonzern im Oktober 2023 mitteilte, will er in Zukunft vor allem schwere Nutzfahrzeuge mit Brennstoffzellen ausstatten. Für die Autoindustrie sind China und die USA die wichtigsten Märkte. Dort sieht es mit dem H₂-Tankstellennetz noch schlechter aus.
Nach dem jüngsten Skandal hat Wissing die Fördermittelvergabe für alle neuen Projekte zunächst gestoppt. Trotzdem heißt es auf der Website des Verkehrsministeriums weiterhin: „Wasserstoff und Brennstoffzellen sind (…) Schlüsseltechnologien für die Elektrisierung der Verkehrsantriebe.“
Die Begeisterung für eine Technologie, die sich nicht bewährt hat und auch in Zukunft nicht bewähren wird – im Verkehrsministerium ist sie ungebrochen.