Wasserstoff aus dem Maghreb: Kampf gegen den Klimawandel oder grüner Kolonialismus?

In Nordafrika wird Kritik laut an den europäischen Plänen, dort grünen Wasserstoff für die EU zu produzieren

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
7 Minuten
Grün gefärbte Rohre

Spätestens seit dem russischen Krieg gegen die Ukraine ist das Thema grüner Wasserstoff in Deutschland in aller Munde – als klimafreundliche Alternative zu russischem Gas gewinne man damit gleich doppelt, sowohl politisch als auch in Umweltfragen. Deutschland und die EU pushen das Thema schon seit einigen Jahren und schauen dabei vor allem auf die Länder am südlichen Rand des Mittelmeers.

Marokko, Algerien, Tunesien und Ägypten könnten bald große Mengen grünen Wasserstoffs produzieren und nach Europa exportieren, so die Hoffnung der EU. Schon einmal, mit dem Desertec-Projekt, wollte die EU dort in großem Maße Energie produzieren, doch das Projekt verlief im Sand. Ob das beim grünen Wasserstoff anders wird?

In Tunesien wurde im September ein tunesisch-bayerisches Pilotprojekt zur Produktion von grünem Wasserstoff eingeweiht. Dies steht an einem der ältesten Windparks des Landes an der Cap Bon-Halbinsel und der Transmed-Pipeline, die Algerien, Tunesien und Italien verbindet.

Im Oktober war eine algerische Delegation in Leipzig bei dem zu EnBW gehörenden Gasunternehmen VNG zu Besuch, das Industriekunden und mehrere hundert Stadtwerke in Deutschland beliefert. Dabei seien „wissenschaftlich-technische Fragen möglicher zukünftiger grüner Wasserstoffimporte aus Algerien nach Deutschland“ besprochen worden, heißt es in einer Pressemitteilung. Algerien habe sich der Energiewende verschrieben, um grünes Wachstum zu erreichen, so der algerische Botschafter in Deutschland.

Kritik an der geplanten Auslagerung der Produktion

Wolle Deutschland mit seiner 2020 beschlossenen Wasserstoffstrategie ernstmachen, müsste es mittelfristig 70 bis 80 Prozent des benötigten Wasserstoffs importieren, so eine Studie zur fairen Nutzung grünen Wasserstoffs aus afrikanischen Ländern, die von der Linken-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung in Auftrag gegeben wurde. Eine Strategie, die auch auf der vom Auswärtigen Amt finanzierten Seite deutschland.de ganz offen kommuniziert und vor allem von der GIZ, dem BMZ und dem Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz umgesetzt wird.

Die Staaten des Maghreb und der Sahel-Zone bieten sich auf Grund der großen, weitgehend unbewohnten Wüstenflächen vor allem für den Ausbau der Solarenergie an. In den Küstenregionen Nordafrikas stehen außerdem auch Windparks. Doch kann die Energie- und Wasserstoffproduktion einfach so ausgelagert werden? In Nordafrika mehreren sich kritische Stimmen. Sie nennen gleich eine ganze Reihe möglicher Probleme, die mit der Massenproduktion grünen Wasserstoffs in den Maghreb-Staaten einhergehen können.

Auf einer Gaspipeline mit Ventil sind algerische Fahnen angebracht
Bald soll grünes Gas aus Algerien in die EU fließen, hoffen die Verantwortlichen
Reihenweise Solarpanele steht in der Wüste
Um grünen Wasserstoff zu produzieren, müssten große Mengen erneuerbare Energien zur Verfügung stehen.
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