Mobilitätskolumne: Klimakiller Kreuzfahrt – Langsam wächst der Druck auf Reedereien
Kreuzfahrten werden beliebter, obwohl diese Urlaubsform eine sehr schlechte Klimabilanz hat. Die Öffentlichkeit und auch die Gäste sollten Druck auf die Branche ausüben. Oder helfen nur Verbote, die die verschiedenen Lager weiter polarisieren? Ein Kreuzfahrt-Ranking zeigt, was möglich ist.
Vor mehr als 40 Jahren hat das ZDF die erste Folge seiner Dauerserie „Das Traumschiff“ produziert. Damals war die Reise an Bord eines exklusiven Schiffs noch ein ungewöhnlicher Urlaub. Erst 2006 knackten die Reedereien in Deutschland die Marke von einer Million Kreuzfahrt-Touristen. Heute sind Kreuzfahrten für viele Menschen selbstverständlich. 2023 wurden 3,7 Millionen Tickets verkauft. Die meisten Reisenden werden wissen, dass sie mit der Schiffstour eine Umweltsünde begehen. Die Liste der Probleme ist lang: Die riesigen Schiffsdiesel heizen die Klimakrise an und je älter die Motoren, desto mehr Schwefel, Stickoxide und Ruß bläst der Schornstein in die Umwelt.
Ich könnte es mir leicht machen und in dieser Kolumne die Branche verteufeln und den Passagieren ein schlechtes Gewissen machen. Klar ist: Wer eine Kreuzfahrt antritt, hinterlässt einen sehr, sehr großen CO2-Fußabdruck. Die Schiffe sorgen für überfüllte Urlaubsorte, die mehr und mehr Probleme mit ihren Gästen bekommen. Selbst dort, wo die Einheimischen vom Tourismus leben, wächst der Frust über die Menschenmassen.
Kreuzfahrten erst 2050 klimaneutral?
Doch weil Verbote häufig polarisieren, sind Kompromisse nötig. Je größer der Druck auf die Reiseanbieter wird, desto schneller wird sich die Branche verändern. Wobei das Wort „schnell“ in diesem Zusammenhang ein sehr dehnbarer Begriff ist. Viele große Reedereien sagen, dass sie erst 2050 klimaneutral werden wollen. Das ist angesichts der fortschreitenden Klimakrise nicht zu akzeptieren. Ein Expertenteam des Naturschutzbundes (Nabu) erstellt seit einigen Jahren ein Kreuzfahrt-Ranking und fragt: Wo stehen die Redereien beim Klima- und Umweltschutz? Für das Ranking 2024 haben zwölf von 14 befragten Unternehmen geantwortet.
Die Kreuzfahrtbranche habe noch eine lange Fahrt vor sich, urteilt der Nabu. Nur fünf Reedereien bekommen mehr als die Hälfte der möglichen 15 Punkte. Sieger sind Hurtigruten mit zehn Punkten. „Keines der Unternehmen erlaubt es sich noch, Klima- und Umweltfragen zu ignorieren“, heißt es weiter. Aber der Nabu bemängelt gleichzeitig, dass die Anzahl von Maßnahmen zur Minderung der Emissionen im hinteren Teil des Rankings deutlich geringer ausfalle als auf den vorderen Plätzen.
Einfache Wege wie Kreuzfahrten nachhaltiger werden
Anders formuliert: Wer sich für eine Kreuzfahrt entscheidet, sollte (nachdem man lange abgewogen hat, ob man das wirklich will) zwischen den Unternehmen unterscheiden, die Veränderungen begonnen haben und solchen, die träge dümpeln. Bei Klimaschutz- und Effizienzmaßnahmen können die Reedereien vergleichsweise einfach punkten. Ebenso bei der Verwendung des deutlich umweltverträglichen Landstroms statt laufender Motoren beim Hafenaufenthalt und durch den Verzicht auf Schweröl als Treibstoff. Sie können Abgasreinigung einbauen, einen Teil der Energie mit Brennstoffzellen produzieren. Schiffe können langsamer fahren, dadurch Treibstoff sparen und weniger Kohlendioxid ausstoßen. Der Nabu bewertet aber auch die Umweltverträglichkeit der Schiffe, die erst jetzt gebaut werden. Hier können Reedereien zeigen, ob sie wirklich einen Klimafahrplan haben.
Umwelthilfe verklagt TUI Cruises
Das Kreuzfahrtranking erscheint zu einer Zeit, in der die Deutsche Umwelthilfe eine Reederei wegen irreführender Werbung verklagt hat. Die Klage richtet sich gegen TUI Cruises (Platz 4 im Nabu-Ranking) wegen der Aussage „2050 Dekarbonisierter Kreuzfahrtbetrieb (Net zero)“. Die Umwelthilfe hält die Begründung für nicht tragfähig, im Kern geht es um Details einer Werbekampagne. Das Landgericht Hamburg hat im August zugunsten der Umwelthilfe entschieden, aber es werden sicher weitere Instanzen folgen.
Spitzbergen schränkt Kreuzfahrten ein
Für die Entwicklung eines nachhaltigen Tourismus sind also die Reisenden ebenso gefragt wie die Gerichte. Doch einige Reiseziele, vor allem solche, die es sich leisten können, wollen Veränderungen doch mit Verboten erzwingen. Spitzbergen im Nordpolarmeer schränkt beispielsweise die Zahl der Stellen ein, an denen Landgänge in Schutzgebiete erlaubt werden, verlangt größere Abstände zu Walrosskolonien und Eisbären und beschränkt die Zahl der Passagiere in den besonders attraktiven Gebieten auf 200. Schon die Ankündigung stößt auf Widerstand. Ein beliebtes Argument ist der Verweis auf andere: Bevor Tourismus und das Interesse an Natur begrenzt werde, solle man sich eher um die Fischerei und die Öl- und Gasförderung kümmern.
„Kaum eine Kreuzfahrt-Reederei hat derzeit eine konkrete Strategie, um den konsequenten Umbau der Flotte in Richtung emissionsfreiem Betrieb voranzutreiben“, schrieb der Nabu noch in seinem Kreuzfahrt-Ranking 2020. Jetzt geht es immerhin etwas voran. Vielleicht ergänzen sich alle Maßnahmen und die Verringerung von Treibhausgasen nimmt immer mehr Tempo auf. Zu hoffen wäre es.