Wie Östrogen, Testosteron und die Zahl der X-Chromosomen unsere Gesundheit beeinflussen

Hautkrebs, Multiple Sklerose, Koronare Herzkrankheit: Viele Erkrankungen treten je nach Geschlecht unterschiedlich häufig auf. Erklärungen dafür finden sich nicht nur im Lebensstil, sondern auch in der Wirkung von Geschlechtschromosomen und -hormonen.

vom Recherche-Kollektiv Der andere Körper:
11 Minuten
Das 3D-Rendering zeigt „umherschwebende“ X- und Y-Chromosomen auf grünem Hintergrund.

Worin unterscheiden sich die Körper von Frauen und Männern, worin gleichen sie sich? Die Antwort scheint einfach: Ihre Geschlechts- und Fortpflanzungsorgane sind unterschiedlich, alle anderen Organe gleich.

Doch in den letzten 30 Jahren hat die Medizin festgestellt: So einfach ist es nicht. Forschende haben Geschlechterunterschiede im Herzen gefunden, in der Leber und in der Niere. Sie haben festgestellt, dass männliche Mäuse Schmerz auf anderen Wegen verarbeiten als weibliche. Dass männliche Ratten unter den gleichen Laborbedingungen häufiger und schneller Tumore entwickeln als weibliche. Und dass Geschlechtshormone das Immunsystem, die Verdauung und die Blutgefäße beeinflussen können.

Frauen haben ein aktiveres Immunsystem …

„Schon ein neugeborenes Mädchen hat eine stärkere Immunantwort auf Krankheitserreger als ein gleichaltriger Junge“, sagt etwa Marcus Altfeld. Er leitet das Institut für Immunologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, das Leibniz-Institut für Virologie und das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt „Geschlechtsspezifische Unterschiede in Immunantworten“.

Alle Immunzellen haben Rezeptoren, die Geschlechtshormone erkennen.

Marcus Altfeld

Solche Unterschiede gibt es viele: Männer haben häufiger schwere Covid-19-Verläufe als Frauen, Jungen im Kita-Alter leiden unter dem RS-Virus stärker als gleichaltrige Mädchen, und sogar die Kindersterblichkeit aufgrund von Durchfallerkrankungen und Infektionen der Atemwege ist bei Jungen höher. Umgekehrt sind Frauen deutlich häufiger von Autoimmunerkrankungen betroffen als Männer. Sie machen um die 60 Prozent der an Long Covid Erkrankten aus, bei Multipler Sklerose sind es um die 70 Prozent, bei rheumatoider Arthritis etwa 75 Prozent und bei der Schilddrüsenerkrankung Hashimoto 80 bis 90 Prozent.

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