„RKI-Protokolle“: Warum die Vorwürfe zum politischen Einfluss nie belegt waren
Wurde der Corona-Krisenstab des Robert Koch-Instituts auf dem Weg zum Lockdown politisch gelenkt? Diesen Vorwurf sieht das Magazin Multipolar, das die Protokolle des Gremiums öffentlich machte, bestätigt. Dabei lag dem Autor vor seiner Veröffentlichung längst ein Hinweis vor, der seiner zentralen These widerspricht. Er habe ihn „übersehen“, räumt er ein.
Im März 2020 spitzte sich die Situation endgültig zu. Bereits im Januar und Februar hatten sich die Fachleute des staatlichen Robert Koch-Instituts (RKI) zunehmend häufig, irgendwann jeden Werktag, in der Arbeitsgruppe „Neuartiges Coronavirus (nCoV)-Lage“ zu Beratungen getroffen. Vom 2. März an firmierte die „AG“ offiziell als „Krisenstab“. Wenige Tage später meldete der Kreis Heinsberg die ersten deutschen Todesfälle im Zusammenhang mit dem neuen Virus.
In den Pandemiejahren wurden die Treffen des Krisenstabs zur Routine. Am RKI beobachtete man Infektionsgeschehen und wissenschaftliche Erkenntnisse über das Virus, über seine Verbreitung und über die Vor- und Nachteile von Schutzmaßnahmen. Was die Runde besprach, floss ein in die politischen Entscheidungen des Bundesgesundheitsministers und der Ministerpräsidentenkonferenz. Jetzt, mehr als vier Jahre nach Einrichtung des Gremiums, sind die Protokolle der Sitzungen öffentlich einsehbar. Sie haben hitzige Diskussionen ausgelöst.
Vor allem die Sitzung vom 16. März 2020 steht dabei im Zentrum.
An jenem Montag kommt der Krisenstab um 13 Uhr zusammen, unter Leitung des damaligen RKI-Präsidenten Lothar Wieler und seinem heutigen Nachfolger, Vizepräsident Lars Schaade. Es ist jene Sitzung, nach der auch die Öffentlichkeit auf Krisenmodus eingestimmt wurde.
„Alle Bundesländer betroffen; bald auch alle Kreise betroffen“, heißt es in dem elf Seiten langen Protokoll. Bundesweit liege die Inzidenz bei 5, 5 Infektionen pro 100.000 Einwohner. Berlin, Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg und Nordrhein-Westfalen verzeichneten eine „exponentiell ansteigende Entwicklung“, insgesamt gebe es 12 Todesfälle.
„Eine neue Risikobewertung“
Die Fachleute des RKI analysieren auch die Situation in anderen Ländern. Italien beispielsweise, wo zu diesem Zeitpunkt bereits mehr als 1.600 Todesfälle registriert sind. Man schaut auf die politischen Maßnahmen in Großbritannien, wo die Schulen offenbleiben sollen, Menschen mit Atemwegserkrankungen aber aufgefordert werden, zu Hause zu bleiben und „nur die schweren Fälle“ ins Krankenhaus sollen. „Die totalen Fallzahlen sind [im Vereinigten Königreich] niedriger als in Deutschland; die Zahl der Todesfälle jedoch höher“, hält das Protokoll fest.
Und dann kommt es zu jenem Vermerk, der vier Jahre später für Diskussionen sorgen wird. „Am WE [dem vorherigen Wochenende; Anm. d. Redaktion] wurde eine neue Risikobewertung vorbereitet“, heißt es unter Tagesordnungspunkt 3. „Es soll diese Woche hochskaliert werden. Die Risikobewertung wird veröffentlicht, sobald X ein Signal dafür gibt.“ Anstelle des „X“ steht im Protokoll ein Name, der in der jetzt veröffentlichten Fassung jedoch geschwärzt ist. Um diese Stelle ranken sich viele Mutmaßungen, seitdem die Protokolle des Krisenstabs öffentlich sind und in den sozialen Medien unter dem Hashtag #RKIFiles diskutiert werden.
Mit „Hochskalieren“ gemeint ist die öffentliche Warnung vor einer „hohen“ Gefährdungslage für die Menschen in Deutschland. Es ist eine Entscheidung, die keineswegs am Anfang der dann folgenden Entwicklungen stand: Bereits in den Tagen zuvor hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO eine Pandemie ausgerufen, war der DAX abgestürzt, hatte Dänemark seine Grenzen zu Deutschland dicht gemacht, hatten mehrere Bundesländer Schulen geschlossen und Veranstaltungen abgesagt. Die neue Risikobewertung bildete aber eine Grundlage für weitere, wenige Tage später bundesweit beschlossene Lockdownmaßnahmen.
Dass jeder die Dokumente aus dem RKI-Krisenstab einsehen kann, ist der Redaktion von Multipolar zu verdanken, einem Onlinemagazin, das vor allem durch russlandfreundliche Berichte und einer Neigung zum Verschwörungstheoretischen auffällt. Auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) hatte es im Mai 2021 beim RKI die Herausgabe aller Protokolle der Beratungen aus dem Zeitraum Mitte Januar 2020 bis Ende April 2021 beantragt. Eigentlich sieht das IFG eine Regelfrist von einem Monat vor, falls der Anspruch auf Information begründet ist. Doch der Prozess zog sich, weil das RKI nach Darstellung des Magazins zunächst eine Antwort schuldig blieb. Für beide Seiten übernahmen Anwälte, erst auf dem Klageweg konnten die Antragsteller ihr Auskunftsrecht durchsetzen.
Keine Grundlage für zentrale These von Multipolar
Vor wenigen Tagen, am 20. März 2024, veröffentlichte Multipolar die Protokolle im Original, so dass jeder sie einsehen kann – was eine in der von Konkurrenzdenken geprägten Medienbranche eher unübliche Transparenz schuf. Bereits zwei Tage zuvor hatte das Magazin mit seiner eigenen Berichterstattung vorgelegt und seine Deutung der Protokolle präsentiert. „Daraus wird klar“, schreibt Multipolar vermeintlich ultimativ: „Die im März 2020 verkündete Verschärfung der Risikobewertung von ‚mäßig‘ auf ‚hoch‘ – Grundlage sämtlicher Lockdown-Maßnahmen und Gerichtsurteile dazu – gründete, anders als bislang behauptet, nicht auf einer fachlichen Einschätzung des RKI, sondern auf der politischen Anweisung eines externen Akteurs – dessen Name in den Protokollen geschwärzt ist.“
Ein „externer Akteur“ also: Der Multipolar–Artikel unter der Überschrift „Es soll hochskaliert werden“ gab den zunächst in den sozialen Medien einsetzenden Debatten ihren Spin mit. War womöglich der ganze Lockdown allein auf politische Weisung, ohne fachliche Grundlage erfolgt?
Tatsächlich fehlte dieser zentralen These des Magazins von Beginn an eine Grundlage. Denn eine wichtige Information, die dem Autor lange vor seiner Veröffentlichung vorlag, taucht in seinem Text nicht auf.
„Vielleicht war das Jens Spahn“
Als der Text und schließlich die Protokolle publik waren, wuchsen die Spekulationen. Das RKI und auch das Bundesgesundheitsministerium aber schwiegen, tagelang. Erst am vergangenen Montag, eine Woche nach Veröffentlichung des Artikels, twitterte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD): „Medien spekulieren, RKI habe auf politische Weisung, nicht wissenschaftlich unabhängig, gearbeitet. Das ist falsch.“ Das Institut selbst erklärte in einer knappen Stellungnahme, dass es sich bei dem geschwärzten Namen um den eines RKI-Mitarbeiters handele, der geschützt werden soll.
Multipolar hat seine Darstellung daraufhin an der zentralen Stelle nicht geändert. In seinem Artikel mutmaßt Autor Paul Schreyer, die Entscheidung zum „Hochskalieren“ sei „offenbar ein politischer Beschluss, kein wissenschaftlicher“ gewesen – „man warte nur noch auf das ‚Signal‘ zur Umsetzung, das der im Protokoll geschwärzte Akteur geben würde. Vielleicht war das Jens Spahn, vielleicht auch jemand anderes. Am nächsten Tag jedenfalls verkündete Wieler die Hochstufung.“
Wie kam Schreyer zu dieser Deutung? Aus dem Protokoll selbst geht nicht hervor, dass das „Signal“ für die Hochstufung von „Extern“ kommen sollte. Und der Autor hätte sogar wissen können, dass es sich den Protokollen zufolge anders verhielt – lange vor den jetzt erfolgten Stellungnahmen von RKI und Lauterbach. Doch eine wichtige Information, die Schreyer bereits im Frühjahr 2023 vorlag, nutzte er nicht für seinen Text.
Es gibt nämlich ein weiteres Dokument, das Multipolar ebenfalls veröffentlicht hat: Ein Schreiben der vom RKI beauftragten Berliner Kanzlei Raue vom 5. April 2023. Zwei Anwälte begründen darin auf 1.059 Seiten dezidiert, aus welchen Gründen welche Schwärzung in den Protokollen erfolgte. Diese waren Multipolar nach längerer Auseinandersetzung zuvor schließlich übermittelt worden. Offenbar wegen der umfangreichen Schwärzungen entschied sich das Magazin zunächst jedoch gegen eine Veröffentlichung und kämpft seither juristisch dafür, die Dokumente ungeschwärzt zu erhalten. Weil die Auseinandersetzung bis heute andauert, änderte man seine Meinung und publizierte doch bereits mit den Schwärzungen.
Ein wichtiger Hinweis wurde „übersehen“
Aus dem Anwaltsbrief jedenfalls geht hervor, dass der geschwärzte Name zu einer an der Sitzung „teilnehmenden“ Person gehört, die durch die Anonymisierung vor „Stigmatisierung“ geschützt werden solle. Der damalige Bundesminister Jens Spahn (CDU) aber nahm an der Sitzung ausweislich des Protokolls gar nicht teil – und auch sonst kein Politiker.
Die Teilnehmendenliste führt vielmehr zahlreiche RKI-Beschäftigte aus unterschiedlichen Abteilungen auf, zudem Abgesandte der Bundeswehr und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Ihre Namen sind hier bis auf wenige Ausnahmen ebenfalls geschwärzt, doch die Funktionen oder Institutionen sind offen lesbar. Die Ausführungen der Kanzlei Raue widersprechen also der Mutmaßung, die Schreyer zu seiner zentralen These machte. Der Autor erwähnt diesen Widerspruch in seinem Artikel mit keiner Silbe. Warum?
„Tatsächlich hatte ich in dem Begründungsdokument von Raue übersehen, dass die Schwärzungen von Namen am 16.3. nur Teilnehmende der Sitzung betraf“, erklärt Schreyer auf Anfrage. Allerdings sei damit nicht gesagt, dass „die ursprüngliche Entscheidung zur Hochstufung der Risikobewertung“ ebenfalls „von genau diesem Mitarbeiter ausging“. Aus Schreyers Sicht spricht dagegen, dass es nach Auskunft der RKI-Anwälte keine Dokumente zu der laut Protokoll über das vorherige Wochenende erfolgten „Vorbereitungen“ für eine höhere Risikobewertung gebe. Das hält er für nicht plausibel.
Es läge an RKI und Bundesgesundheitsministerium, dem Erklärungen entgegenzusetzen, die die genauen Abläufe darlegen. Solange sie dies nicht tun, bleibt Raum für Spekulationen. Was Multipolar schrieb, ging allerdings über Mutmaßungen hinaus: Aus den Protokollen „wird klar“, dass die „Grundlage sämtlicher Lockdown-Maßnahmen … anders als bisher behauptet“ auf „der politischen Anweisung eines externen Akteurs“ gründete. Genau das geben die Protokolle gerade nicht her. Der Autor hatte sogar einen Hinweis vorlegen, der seiner Kernthese widerspricht – nur hat er diesen „übersehen“. Stattdessen präsentierte er seine Mutmaßung wie einen Fakt.
„Jede Diskussion zugelassen“
Neben der Grundlage für die Risikohochstufung sind es vor allem einzelne Sätze aus den RKI-Dokumenten, die für empörte Diskussionen in den sozialen Medien sorgen. Wie dieser über den Einsatz von Masken aus dem Krisenstab-Protokoll vom 30. Oktober 2010: „…es gibt keine Evidenz für die Nutzung von FFP2-Masken außerhalb des Arbeitsschutzes.“
Der Satz für sich liest sich vermeintlich klar: Eine Grundlage für Maskenpflichten gab es nicht. Doch so eindeutig liest sich das Protokoll keineswegs, wenn man mehr als einen Satz betrachtet. „Bisherige Studien zur Wirksamkeit von FFP2-Masken sind daran gescheitert, dass Masken nicht oder nicht korrekt getragen wurden“, heißt es darin beispielsweise auch. Dass es „keine Evidenz“ gab, bedeutet also nicht, dass Masken gesichert als nutzlos eingestuft wurden und sich die Politik oder das RKI über klare wissenschaftliche Erkenntnisse hinweggesetzt hätten.
„Es mussten politische Entscheidungen unter großer Unsicherheit getroffen werden. Für all das gab es keine Blaupause“, sagt eine Person, die bei Beratungen im Krisenstab dabei war, in einem Hintergrundgespräch. In vielen Fragen habe die Evidenz gefehlt – dennoch habe die pandemische Entwicklung den Druck erzeugt, Entscheidungen zu treffen. Die RKI-Spitze um Wieler und Schaade habe jede Diskussion zugelassen und ergebnisoffen geführt. Kritisch sieht die Person hingegen die Kommunikation der politisch Verantwortlichen. Die hätten der Öffentlichkeit keine Unsicherheiten zumuten wollen – und ihre Entscheidungen zu häufig damit begründet, dass die wissenschaftliche Lage angeblich klar sei.
Die RKI-Protokolle lesen sich deutlich differenzierter – dabei liefern sie nur einen Teil des zeitlichen Kontexts, der für die Deutung wichtig ist. Wie bei den Masken. Die Diskussion des Krisenstabs fiel in eine Zeit der Knappheit mit teils hektischen Beschaffungsversuchen. „Absolut zu vermeiden“ sei daher, dass Masken für medizinisches Personal ausgingen, heißt es in dem Protokoll. Zudem sollten Masken, die bei schlechter Anpassung oder falschem Tragen keinen Mehrwert brächten, „auf keinen Fall dazu führen, dass andere Maßnahmen (Abstand, Lüftung) vernachlässigt oder außer Kraft gesetzt werden“.
So zeigen die Dokumente vor allem eines: Dass der RKI-Stab sehr umfassend Informationen austauschte und abwägte – sehr viel differenzierter als dies später in der politischen Diskussion erkennbar wurde. Intensiv befassten sich die Fachleute etwa im November und Dezember 2020 mit den Konzepten anderer Länder, Schulschließungen zu vermeiden. Immer wieder analysierten sie Sterbezahlen oder rangen detailliert um die richtige Kommunikation: „Der Begriff ‚Social Distancing‘ führte zur Verwirrung“, heißt es an einer Stelle, es solle daher besser „Abstand halten und Kontakte reduzieren“ gesagt werden.
Protokolle nur mit Kontext verständlich
Vollständig analysiert werden können die Protokolle nur nach und nach. Ein Verständnis der Texte, häufig in Spiegelstrich-Informationen abgefasst, setzt ein Zurückdenken in den jeweiligen Zeitraum, ein Erinnern der damals – und nicht heute – vorliegenden Informationen und der jeweiligen öffentlichen Diskussionen voraus. Wie steil die Lernkurve über das „neuartige“ Coronavirus war, zeigen die Dokumente durchaus auch. So ist in der Lagebesprechung vom 14. Januar 2020 – 14 Fälle aus Wuhan waren zu diesem Zeitpunkt bekannt – noch von einer „begrenzten Übertragung Mensch-zu-Mensch“ die Rede. Was sich heute grotesk liest, war damals eben der Wissensstand.
Vor allem lohnt es, die Protokolle selbst zu lesen und sich nicht von einzelnen Zitaten fehlleiten zu lassen, die im Internet kursieren. Beinahe jedes Protokoll gibt Sätze her, die jede beliebige Position anscheinend bekräftigen, ob Maßnahmenkritiker oder Maßnahmenbefürworter. Die in den sozialen und auch klassischen Medien viel zitierte Aussage „Konsequenzen des Lockdowns haben zum Teil schwerere Konsequenzen als COVID selbst“ ist so ein Paradesatz.
Ja, er steht da so im Protokoll des Krisenstabs vom 16. Dezember 2020. Aber eben nicht so, wie ihn manche jetzt anscheinend gern verstehen möchten.
Denn an der entsprechenden Stelle diskutierten die Fachleute im RKI gar nicht über die Situation in Deutschland, sie tauschten sich über den „Verlauf der Pandemie in Afrika“ aus, wie der Agendapunkt klar erkennbar überschrieben ist. Laut Protokoll geht es um die Qualität der Daten aus einzelnen Ländern, um Testhäufigkeiten – und, abermals differenziert, um die Bewertung von Lockdowns. Von „indirekten negativen Effekten“ ist die Rede, die „durch Lücken bei der Behandlung von Tuberkulose, Aussetzung von Routineimpfprogrammen“ entstünden und eine „steigende Kindersterblichkeit“ erwarten lassen. Andererseits aber auch, von einer „Warnung vor 2. Welle in Afrika, verursacht durch erhöhte Mobilität und Lockerungen“.
Was es mit den Schwärzungen auf sich hat
Einiges Befremden löste es in Teilen der Öffentlichkeit aus, dass das RKI in den Protokollen nicht nur Namen, also einzelne Wörter, sondern ganze Absätze oder Seiten schwärzen ließ. Dass das Institut dies überhaupt so ausführlich begründet hat, geht auf eine Forderung des Verwaltungsgerichts Berlin zurück, bei dem Multipolar die Aufhebung der Schwärzungen beantragte.
Die Anwälte des RKI verweisen in ihrem Schreiben auf verschiedene Schutzinteressen. Und tatsächlich ist es üblich und in vielen Fällen rechtlich abgesichert, dass etwa Personennamen sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse – etwa von Pharmaunternehmen – nicht öffentlich gemacht werden müssen. Auch bei sensiblen Informationen aus anderen Ländern haben Behörden einigen Spielraum zur Zurückhaltung, weil das Informationsfreiheitsgesetz mögliche Nachteile für internationale Beziehungen als Ausschlussgrund akzeptiert.
Dementsprechend dürfte sich auch vor Gericht kaum die Aufhebung der kompletten Schwärzungen durchsetzen lassen. Spannend werden könnte es vor allem in Bezug auf jene Passagen, die das RKI zum Schutz von Abstimmungsprozessen mit Ministerien, anderen Bundesbehörden oder kommunalen Ämtern unkenntlich machte. Dies lässt das Gesetz zu, „wenn und solange […] die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden“. Bereits abgeschlossene Beratungen der Vergangenheit fallen nicht darunter.
„Der Corona-Krisenstab – nun in Gestalt der Corona-Lage-AG – tagt nach wie vor, weshalb hier ein nach wie vor andauernder Beratungsprozess vorliegt“, argumentierten die RKI-Anwälte am 5. April 2023. Heute dürfte das obsolet sein, denn regelmäßige Treffen einer solchen Lage-AG und entsprechende Abstimmungen mit anderen Behörden gibt es nicht mehr. Möglicherweise kam auch Gesundheitsminister Lauterbach zu dieser Einschätzung: An diesem Donnerstag sagte er dem Deutschlandfunk, dass er veranlasst habe, die Protokolle „weitestgehend“ ohne Schwärzungen freizugeben.