Nur keine falsche Neiddebatte: Warum wir alle von Sozialausgaben profitieren

Sozialausgaben werden häufig als verlorenes Geld betrachtet. Aktuelle Studienergebnisse aus Brasilien, Dänemark und den USA zeigen hingegen: Sie sind eine gesellschaftliche Investition, von der bei weitem nicht nur die Transferempfänger:innen profitieren.

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Nahaufnahme einer Hand, die mehrere brasilianische Geldscheine hält sowie eine gelbe Scheckkarte mit dem Aufdruck „Programa Bolsa Familia“

Der deutsche Sozialstaat gilt als Errungenschaft. Im aktuellen politischen Diskurs ist er jedoch in Verruf geraten. So betont etwa Friedrich Merz, wie „überbordend“ die Sozialausgaben seien. Als der CDU-Chef ins Kanzleramt einzog, versprach er, Kosten zu senken, Ausgaben zu prüfen – schließlich gehe es um die „Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte“, wie Merz bei einer Rede Anfang Juni hervorhob.

„Nur noch selten wird der Sozialstaat als integraler Teil einer funktionierenden Demokratie und Marktwirtschaft gesehen“, klagte dagegen der Ökonom Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, im vergangenen Jahr. Wer Sozialleistungen beziehe, stehe „als Schmarotzer“ da, der zulasten anderer lebe: „Harte Einschnitte bei Sozialleistungen werden als einziger Weg präsentiert, die Investitionen in die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft zu ermöglichen.“

Vor allem ein Kostenfaktor

Fratzscher betonte zwar, dass dieses Narrativ „fast allen Fakten“ widerspreche, dringt damit aber wenig durch. In der deutschen Debatte sind Sozialleistungen vor allem ein Kostenfaktor – und der erste Posten im Bundeshaushalt, wenn es darum geht, Spielraum für andere Ausgaben zu schaffen. Aktuelle Forschungsergebnisse aus anderen Ländern zeigen, dass sich Transferzahlungen auch ganz anders betrachten lassen: als lohnende Investition in die Gesellschaft. Als eine Ausgabe, von der alle etwas zurückbekommen – nicht nur diejenigen, die direkt Sozialleistungen beziehen.

Um dies zu erhärten, untersuchten die Forschenden die Folgen realer politischer Maßnahmen und führten eigene Sozialexperimente durch. Mal bekamen armutsbetroffene Familien mehr Geld zur freien Verfügung, mal mussten sie Bildungs- und Gesundheitsprogramme mitmachen, mal wurde ihnen Geld gestrichen.

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