Stress-Boten im Sperma

Väter, die als Kind traumatisiert wurden, haben ein auffälliges RNA-Muster in ihren Spermien. Vererben sie auf diesem Weg ihr erhöhtes Risiko für psychische Krankheiten?

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Gesicht eines Jungen, der im Schatten steht.

Vor etwa zwei Wochen erschien auf Erbe&Umwelt ein Artikel über eine Art Gedächtnisübertragung per Spritze. Es ging um Experimente mit Meeresschnecken der Art Aplysia. Forschern war es gelungen, Informationen darüber, wie stark ein Tier auf einen bestimmten Reiz reagiert, auf untrainierte Tiere zu übertragen. Dazu transplantierten die Forscher lediglich Flüssigkeit aus den betroffenen Nervenzellen. Vieles spricht dafür, dass in dieser Flüssigkeit enthaltene Botenmoleküle – so genannte nichtkodierende RNAs – die nötigen Informationen enthielten. Jetzt publizierten Neurobiologen aus den USA erstmals Daten, nach denen solche RNAs bei uns Menschen zumindest mitverantwortlich dafür sein könnten, dass auch wir jenseits unserer Gene gespeicherte Umweltanpassungen biologisch weitervererben können.

Dass psychische Folgen toxischen Stresses an folgende Generationen prinzipiell vererbt werden können, haben Forscher vor allem bei Nagetieren schon vielfach gezeigt. Auf irgendeinem, bislang nicht eindeutig nachgewiesenen Weg geben traumatisierte und psychisch auffällige männliche Mäuse offenbar gemeinsam mit ihren Keimzellen Informationen über Veränderungen der Regulation von Genen in den Zellen ihres Gehirns weiter. Die Nachkommen und in abgeschwächter Form manchmal sogar deren Nachkommen zeigen dadurch ebenfalls psychische Veränderungen, obwohl sie genauso wenig wie die Mütter jemals traumatisiert oder stark gestresst wurden. Ähnliches gilt für viele weitere Umwelteinflüsse: Auch die Folgen von Vergiftungen, Suchtverhalten, einer Fehlernährung oder einer anhaltenden Überhitzung werden bei Nagern vielen verschiedenen Studien von Forschern aus aller Welt zufolge mitunter an die folgende Generation weitergegeben. In einigen Studien waren sogar bis zu drei weitere Generationen betroffen.

Wie wird das „Gedächtnis der Zellen“ über Generationsgrenzen hinweg weitergereicht?

Zeichnung einer Maus im Hochlabyrinth
Verhaltensforschende testen den Mut von Mäusen in einem kreuzförmigen Hochlabyrinth. Die von Natur aus neugierigen Tiere sollen dabei auch über die offenen Abschnitte laufen. In solchen und ähnlichen Tests verhalten sich traumatisierte Tiere sowie deren Nachkommen oft auffällig.

„Eines Tages finden wir vielleicht einen Weg, die verringerten Mikro-RNA-Spiegel eines extrem traumatisierten Menschen zurückzusetzen“ (David Dickson)

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