Minderwertige Kinder-Menüs im Restaurant: Traut den Kindern endlich etwas zu!

Essen gehen mit Kindern könnte so schön sein. Wären da nur nicht die Fast-Food-Menus mit fragwürdigen Zutaten. Eine Kolumne.

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Draufsicht: In der Mitte steht ein weißer Teller, darauf etliche Pommes und ein Stück paniertes Fleisch. Kinderhände halten Messer und Gabel.

Deutschland, eine Pommes-Wüste – zumindest, wenn es um Kindergerichte geht. Auf ihre Speisekarte für die Jüngsten schreiben Restaurants regelmäßig: Pommes mit Wiener Würstchen, Pommes mit Chicken Nuggets, Pommes mit Fischstäbchen, Pommes mit Schnitzel und Ketchup. Wie langweilig, denke ich. Und ungesund.

Rund vier von fünf untersuchten Speisen sind aus ernährungswissenschaftlicher Sicht schlecht für den Körper, bestätigte ein Forscherteam in einer Studie 2019 meinen Eindruck. Die Wissenschaftler bewerteten 1.877 Kindergerichte auf Speisekarten anhand der Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Ketten wie McDonald’s berücksichtigten sie nicht.

Das Ergebnis: Die meisten Kinderteller lieferten zu viel Fett und Kalorien, wenig Nährstoffe und oft rotes Fleisch. Mehr als die Hälfte aller Gerichte, nämlich 54 Prozent, enthielten – Überraschung! – Pommes, nur ein Drittel Gemüse. Vollkornprodukte waren gar nicht im Angebot. Ein Viertel der untersuchten Speisen erfüllte kein einziges Qualitätskriterium der DGE.

Das ist ein Problem, denn oft erhalten die Kleinsten auch in Kindertagesstätten und Schulen Essen, dass diese Anforderungen nicht erfüllt. Von über 60.000 Kitas und knapp 33.000 Schulen sind hierzulande nur 671 Kitas sowie 443 Schulen DGE-zertifiziert, bestätigt die Fachgesellschaft auf eine Anfrage von RiffReporter.

Zertifikat hin oder her – die DGE-Standards sind nur an einer Minderheit der Schulen verpflichtend, und zwar in den Bundesländern Berlin, Bremen, Hamburg, Thüringen und im Saarland; bei Kita-Einrichtungen haben sich zu diesen Qualitätsstandards lediglich Thüringen und das Saarland bekannt. In meinem eigenen Umfeld erlebe ich, dass „gesunde Kinderernährung“ oft leere Worthülsen bleiben. Fakt ist: unsere Kinder wachsen in einer adipogenen Umwelt auf, also einer Welt, in der energiedichte, nährstoffarme Lebensmittel allgegenwärtig sind.

Schweden macht es anders – und besser

In einem kleinen Café in Karlskrona bestellen wir Foccacia. Auf dem Erwachsenen-Teller gesellen sich dazu ein großer Salat, frische Melonenscheiben und ein Gurken-Dipp. Die Mitarbeiterin bietet mir nicht nur an, das sehr großzügig ausfallende Focaccia durch zwei zu teilen. Auch für die Kinder liegt nun - neben der halben Focaccia - die volle (Erwachsenen-)Portion Salat & Co. auf ihren Tellern – und nicht nur ein kleines Alibi-Salatblatt.

Ich weiß natürlich: Nicht jedes Kind isst Salat. Aber Heranwachsende können nur lernen, wenn man ihnen auch die Möglichkeit dazu gibt, verschiedene Geschmäcker und Konsistenzen auszuprobieren.

Auch ein weiterer Ort, den ich in Deutschland nie mit frischem Essen in Zusammenhang bringen würde, hat mich in Schweden positiv überrascht: ein Freizeitpark. In Deutschland fallen diese in Sachen Ernährung für mich eher in die Kategorie „das nackte Grauen“.

Hier, in Astrid Lindgrens Welt, zeigte sich, dass es auch anders geht. Und wie! Ja, es gibt hier Cafés mit „kanelbullar“ (Zimtschnecken) und anderen gezuckerten, frischen Backwaren. Ja, es gibt Eis. Und ja, es gibt Wurstbuden. Doch die Besucher:innen haben tatsächlich eine Wahl.

Her mit den Ballaststoffen und Vitaminen!

In einem der größten und sehr gut besuchten Restaurants etwa, dem Stadsmästargården, steht kein Fast Food mit fragwürdigen Zutaten auf der Karte. Sondern beispielsweise „Hackbällchen des Hauses“ mit Kartoffelpüree, Sahnesauce und (wirklich!) hausgemachtem Preiselbeerkompott. Oder „Im Ofen gegarter Schellfisch“, der MSC-zertifiziert ist und mit Salzkartoffeln aus der Region Aby, Brokkoli, grünen Erbsen und cremiger Zitronensauce daherkommt.

Im Menü-Preis inbegriffen ist ein Getränk zur Wahl. Außer einer Limonade mit einem Zuckergehalt von etwa 10 Prozent konnte ich hier nur zuckerfreie Getränke entdecken. Was auch auffiel im Bullerbü-Restaurant: Es gibt keinen Coca-Cola-Schriftzug und keine Nestlé-Wimpel. Die Produkte dieser Markt-Giganten sind einfach nicht vorhanden.

Nachdem Besucher:innen an der Kasse bezahlt haben, geht es weiter zum Salat-Buffet. Her mit den Ballaststoffen und den Vitaminen! Hier können sich alle selbst bedienen, bis sie satt sind. In schwedischen Schulen ist das genauso üblich: Kinder dürfen sich selbst ihre Rohkost nehmen. Das Buffet im Freizeitpark war jedenfalls gut besucht, es wurde wiederholt von den Mitarbeiter:innen aufgefüllt. Die Teller sind bunt, die Gerichte lecker, die Kinder satt.

Schweden macht vor, wie leicht leckeres, gesünderes und nachhaltigeres Essen funktioniert. Die Prävention von ernährungsbedingten Krankheiten geschieht so ganz nebenbei.

Gesünderes Essen: Kinderleicht und ohne Zwang

So geht übrigens Nudging.

Ein Begriff, der in Deutschland ziemlich negativ behaftet ist, wenn es ums Essen geht – weil viele darunter verstehen, dass irgendwer für sie bestimmen möchte, was sie zu essen haben. Dabei bedeutet Nudging wörtlich übersetzt so viel wie „Anstoßen“ oder „Anschubsen“. Nudging ist eine Strategie zur Verhaltensänderung: Menschen sollen dazu bewegt werden, sich für eine bestimmte, erwünschte Verhaltensweise zu entscheiden, ohne dass dazu Zwang ausgeübt wird. Das gefällt mir – und den Kindern auch.

Diese Idee wäre nach meinem Geschmack: In Deutschland ersetzen Restaurant-Besitzer:innen die Pommes-Ödnis durch farbenfrohe Teller mit lokalen, regionalen Zutaten. Damit lässt sich, wenn man die Gastro-Szene in Schweden betrachtet, genug Geld verdienen.

Hej då und tschüss, ich komme bestimmt wieder!

Einfach besser essen

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