Briefing Klima & Wandel: Was ist der Klimaschutz der Bundesregierung wert?
Die Ampel-Regierung hat wochenlang um den Haushalt für das kommende Jahr gerungen. Die Grünen warnen explizit vor Kürzungen des Klima- und Transformationsfonds. Der Bundesverband für Nachhaltige Wirtschaft bringt einen smarten Vorschlag ein, wie es anders gehen könnte. Das RiffReporter-Briefing des Recherchekollektivs Klima & Wandel.
Es war ein Urteil, das mit einem Schlag ein riesiges Loch in den aktuellen Haushalt riss: Im November 2023 entschied das Bundesverfassungsgericht, dass 60 Milliarden Euro, die zur Bewältigung der Corona-Krise gedacht waren, nicht in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen dürfen.
Kanzler Olaf Scholz (SPD), Finanzminister Christian Lindner (FDP) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) haben seit Wochen über den Haushalt für 2025 verhandelt. Erste Eckpunkte wurden diesen Freitag vorgestellt. Es folgen die parlamentarischen Beratungen.
Der Haushalt soll dann im November oder Dezember beschlossen werden. Eins steht fest: Es geht um viel - für uns. Wieviel Klimaschutz will und kann sich der Bund leisten?
Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann warnt eindringlich vor Kürzungen des Klima- und Transformationsfonds (KTF). Er sei wichtig und notwendig für den Ausbau der erneuerbaren Energien, da er Projekte für mehr Klimaschutz finanziert. So können Bürger:innen, die ihre Öl- oder Gasheizung derzeit gegen klimafreundliche Anlage austauschen wollen, über den KTF Zuschüsse der Bundesregierung erhalten. Möglich wurde die milliardenschwere Förderung für den Austausch von Heizungen (Bundesförderung für effiziente Gebäude, BEG), die über den KTF lief.
Wichtig ist jetzt: Bürger:innen müssten sich darauf verlassen können, dass die KTF-Förderungen bestehen bleiben. Denn viele können sich ohne diese finanzielle Spritze den Umstieg etwa auf eine Wärmepumpe nicht leisten. Es ist inzwischen wissenschaftlicher Konsens, dass die Energiewende so schnell wie möglich umgesetzt werden muss, um die Konsequenzen der Klimakrise abzumildern.
Ob es dafür eine politische Mehrheit gibt, muss sich jetzt im Parlament zeigen. Die entscheidende Frage für uns alle lautet: wie schnell gelingt es, sich gegen die fossilen Beharrungskräfte durchzusetzen?
Klimaschutz ist Menschenschutz ist Heimatschutz
Wenn heute gehandelt und das Zwei-Grad-Ziel eingehalten wird, sind die Kosten der Klimaschutzmaßnahmen 6-mal günstiger sind als Nichtstun. Andernfalls droht ab 2050 ein wirtschaftlicher Verlust von 60 Prozent, das zeigt eine in Nature veröffentlichte Studie. Die Weichen müssen dafür heute gestellt werden.
In Deutschland gibt es aktuelle Berechnungen dazu, wie teuer uns klimaschädliche Politik zu stehen kommt. Eine aktuelle Studie von Transport & Environment (T&E) zeigt, dass die Bundesregierung und elf weitere EU-Länder ihre nationalen Klimaziele verfehlen werden, wenn sie nicht dringend Maßnahmen ergreifen. Der mangelhafte Klimaschutz im Verkehrssektor könnte die deutschen Steuerzahler:innen bis zu 16,2 Milliarden Euro kosten.
Grünen-Fraktionschefin Haßelmann sagte mit Blick auf die Haushaltsdebatte auch, Investitionen in Klimaschutz, in die ökologische Modernisierung der Wirtschaft und der Industrie seien dringend notwendig – wie auch Investitionen in Klimaanpassung.
Haushaltsverhandlungen: Nachhaltige Wirtschaft fordert Kurskorrektur
Der Bundesverband Nachhaltige Wirtschaft (BNW) plädiert ebenfalls dafür, zentrale Kernanliegen der nachhaltigen Wirtschaftswende nicht zu verwässern – stattdessen solle die Bundesregierung bestehende Hürden abbauen.
Konkret schlägt der BNW eine Investitionsklausel vor, die gezielte Ausgaben für Zukunftstechnologien wie erneuerbare Energien, Digitalisierung und nachhaltige Infrastruktur von der Schuldenbremse ausnimmt. Ergänzend dazu empfiehlt der Verband die Prüfung einer Investitionsprämie, die Unternehmen steuerliche Anreize für nachhaltige Investitionen bietet.
„Eine reformierte Schuldenbremse ermöglicht Investitionen in Bildung, Infrastruktur sowie Klimaschutz und Zukunftstechnologien und stärkt damit die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands“, begründet BNW-Geschäftsführerin Katharina Reuter den Vorschlag.
Auch das Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) fordert Bundesmittel für den Klima- und Transformationsfonds (KTF). Eine aktuelle Studie des Klimaforschungsinstitus MCC belegt die wackelige Finanzierung der Klimapolitik in Deutschland. Ein Grund dafür: Nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil ist die Rücklage des Klima- und Transformationsfonds von 41,5 Milliarden Euro (Regierungsentwurf 2024) auf 317 Millionen Euro geschrumpft. Die Reserve „verschwindet also fast vollständig“, so die Studie.
„Aktuelle Projektionen zu wichtigen Ausgabenposten führen zu der Erkenntnis: Ohne Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt, wie sie die Regierung für 2025 und 2026 in den Raum gestellt hat, wird die Weiterfinanzierung vieler Förderprogramme und erst recht die Finanzierung neuer Programme zunehmend unwahrscheinlich.“ Weiter heißt es: Die Zuschüsse seien ebenfalls unsicher und „finanzpolitisch keine auf Dauer überzeugende Lösung“.
Man darf gespannt sein, wie die Haushaltsverhandlungen ausgehen. Letztlich werden sie darüber bestimmen, wieviel der Klimaschutz der Ampelregierung wert ist - und wieviel Klimakanzler in Olaf Scholz tatsächlich steckt.
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