Emanzipation am Plattenteller: Wie sich tunesische DJanes einen Platz in den Clubs erobern wollen

In einem Workshop in Tunis lernen Frauen die Kunst des DJing

vom Recherche-Kollektiv Afrika-Reporter:
4 Minuten
Hände einer Frau mit Ringen und Armbändern an einem Mischpult in einem dunklen Studio

Ein etwas heruntergekommener Altbau aus der Kolonialzeit im Herzen von Tunis: hinter einer Tür im Erdgeschoss sind dumpfe Bässe zu hören. Hier sitzt La Fabrique Art Studio, ein Kunst- und Kulturprojekt für junge Künstlerïnnen, das sich vor allem an Frauen und nicht-binäre Personen wendet. Eines der Projekte: ein Djing-Workshop für Frauen – denn die sind in der boomenden lokalen Elektroszene unterrepräsentiert.

In dem engen Studio des Vereins üben acht Frauen, angeleitet von einer DJane, zwei Monate lang jedes Wochenende, wie sie mit dem perfekten Mix eines Tages eine Menge zum Tanzen bringen können. Halbsätze auf Arabisch, Englisch und Französisch fliegen durch den Raum, hin und wieder fangen die Teilnehmerinnen an zu tanzen oder applaudieren, wenn einer von ihnen gerade ein besonders guter Mix gelungen ist. Studentinnen Anfang Zwanzig sind ebenso dabei wie Lehrerinnen in den Vierzigern. Manche sind aus reiner Neugier gekommen, andere möchten später einmal aus dem Auflegen einen Beruf machen. Was sie verbindet ist die Begeisterung für Musik.

Salma Samoud ist 26 Jahre alt, hat nach dem Studium zunächst Englisch unterrichtet, jetzt ist sie Projektmanagerin beim Start-Up-Inkubator einer Risikokapitalgesellschaft.

Eine Frau mit rotem Pulli, Brille, hochgesteckten Haaren, Kopfhörern um den Hals und einer Maske im Gesicht steht in einem engen Studio hinter einem ischpult
Eine Karriere als DJane? Für Salma Samoud eine ernstzunehmende Option, seit sie den Workshop begonnen hat.

Wie sind Sie zu dem Workshop gekommen?

Ich spiele von klein auf Gitarre, und obwohl ich in meinem Leben schon in vielen verschiedenen Bereichen gearbeitet habe, weiß ich, dass ich irgendwann den Weg der Musik einschlagen werde. Das hatte ich schon immer im Kopf. Als ich die Ausschreibung für den DJ-Workshop gesehen habe, dachte ich mir: ‚Ja warum denn eigentlich nicht?‘. Es ist so aufregend und eine große Chance, etwas zu lernen. Hier interessiert mich vor allem die technische Seite. Was es noch interessanter macht: der Kurs richtet sich speziell an Frauen.

Warum ist das wichtig für Sie?

Es ist wichtig, weil in der Musikszene in Tunesien die meisten bekannten DJs Männer sind. Es mangelt an Vielfalt und an Sichtbarkeit von Frauen. Wenn ich in einen Club gehe, legen fast immer Männer auf. Es ist sehr, sehr selten, dass ich DJanes sehe. Also habe ich den Workshop als Chance für mich begriffen. Wenn ein solcher Bereich von Männern dominiert wird, fühlt man sich als Frau entmutigt, weil man gar nicht repräsentiert ist. Man kann sich zunächst gar nicht vorstellen, dass man dort auch einen Platz haben könnte. Und die ganze technische Seite schüchtert einen irgendwie ein. Der erste Schritt ist also schwierig. Daher war dieser Workshop eine großartige Gelegenheit, einfach mal anzufangen.

Eine Hand hält ein Handy und streamt den Mix einer Frau am Mischpult. Diese ist im Hintergrund verschwommen zu sehen.
Die Elektro-Szene in Tunesien boomt. Doch Frauen an den Plattentellern sind noch eine Seltenheit.
Eine junge Frau in schwarzer Kleidung steht hinter dem Mischpult, davor in Rückenansicht mehrere weitere Frauen. Zwei von ihnen filmen mit ihren Handys oder machen Fotos
Der Workshop soll für die Teilnehmerinnen ein safe space sein, in dem sie sich in aller Ruhe ausprobieren können
Sie haben Feedback? Schreiben Sie uns an info@riffreporter.de!