Extremwetter: Neuseeländischer Minister beklagt Streit um die Klimakrise als „verlorene Jahrzehnte“
Schwere Überflutungen, mehrere Erdrutsche, beschädigte Infrastruktur: Der Zyklon „Gabrielle“ hat Neuseeland hart getroffen. Minister James Shaw sagt, dass das Land in eine „Phase der Konsequenzen“ aufgrund seiner Untätigkeit gegen die Klimakrise eintrete. Auch in Südafrika wurde wegen Extremregen der Katastrophenfall ausgerufen.
Schwere Überflutungen, beschädigte Häuser und zerstörte Infrastruktur: Der Zyklon „Gabrielle“ hat Neuseeland nach Überflutungen im Januar erneut hart getroffen. Minister James Shaw lenkt den Blick auf die Klimakrise. „Wir müssen jetzt handeln“, forderte er in einer Brandrede vor dem Parlament.
Der Tropensturm „Gabrielle“ hatte Neuseeland Anfang dieser Woche mit Starkregen und heftigen Böen heimgesucht. Bäume stürzten um, zahlreiche Straßen und Häuser wurden massiv beschädigt. Etliche Ortschaften sind noch immer von der Außenwelt abgeschnitten. Etwa 225.000 Menschen blieben teilweise ohne Strom – und das in einem Land mit nur rund fünf Millionen Einwohnern.
Der neuseeländische Klimaminister James Shaw hielt daraufhin im Parlament am 14. Februar eine wütende Rede. Es falle ihm schwer, die passenden Worte zu dieser Katastrophe finden: „Ich glaube, ich war noch nie so traurig oder wütend über die verlorenen Jahrzehnte, die wir damit verbracht haben, uns darüber zu streiten und darüber zu streiten, ob der Klimawandel real war oder nicht, ob er von Menschen verursacht wurde oder nicht, ob er schlimm war oder nicht, ob wir etwas dagegen tun sollten oder nicht, denn er ist jetzt eindeutig da, und wenn wir nicht handeln, wird es noch schlimmer“, sagte Shaw, der auch Co-Vorsitzender der Grünen ist.
Klimakrise verursacht häufigere und extremere Wetterereignisse
In der sogenannten Attributionsforschung untersuchen Wetter- und Klimaexperten computergestützt, ob bestimmte Wetterereignisse der Klimakrise zugeordnet werden kann. Aussagen zu dem aktuellen Unwetter in Neuseeland könnten frühestens in einigen Wochen getroffen werden. Wissenschaftler:innen stellten jedoch fest, dass die Klimakrise häufigere und extremere Wetterereignisse verursachen wird. Daher richtete sich auch Hoesung Lee, der Vorsitzende des Weltklimarats IPCC, mit einem Appell an die Politik: „Halbe Sachen sind keine Option mehr.“
Die neuseeländische Nordinsel kämpfte erst im Januar mit Extremwetter. Vor rund zwei Wochen hatte es rund um Auckland massive Überschwemmungen gegeben. In der Millionenstadt war Ende Januar innerhalb von 24 Stunden so viel Regen gefallen wie sonst in einem ganzen Sommer. Vier Menschen starben, Tausende von Häusern wurden beschädigt. Damals wurde die Flut als das zerstörerischste klimabedingte Ereignis in der Geschichte Neuseelands bezeichnet.
„Wir müssen jetzt handeln“
Klimaminister Shaw führte das Ausmaß der Katastrophe auf die Klimakrise zurück und sagte vor dem Parlament: „Es wird Leute geben, die sagen, es sei ‚zu früh‘, über diese Dinge zu sprechen … aber wir stehen mittendrin. Dies ist ein Ereignis im Zusammenhang mit dem Klimawandel.“ Dies werde „durch die Tatsache verschlimmert, dass unsere globalen Temperaturen bereits um 1, 1 Grad gestiegen sind.“
Es ist inzwischen wissenschaftlicher Konsens, dass die Erderwärmung auf 1, 5 Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit gebremst werden muss, um das Fortschreiten der Klimakrise zu stoppen. Doch eine neue Studie des Exzellenzcluster „Klima, Klimawandel und Gesellschaft“ offenbarte, dass dieser Wert rein rechnerisch zwar zu erreichen wäre – gesellschaftlich aber nicht. Das Verhalten der Wirtschaft etwa treibe den Klimawandel an, statt ihn zu stoppen.
„Wir müssen aufhören, Ausreden für Untätigkeit zu finden“, sagte Shaw. Wir können den Kopf nicht in den Sand stecken, wenn der Strand überflutet ist. Wir müssen jetzt handeln." Neuseeland hat einen landesweiten Notstand ausgerufen. Dadurch erhält die Zentralregierung mehr Befugnisse, um Krisen zu bewältigen.
Wegen Überschwemmungen ruft Südafrika den Katastrophenfall aus
Südafrika hat aufgrund von Überschwemmungen in sieben der neun Provinzen des Landes jetzt auch den nationalen Katastrophenfall ausgerufen. Die Regenmassen in den vergangenen Tagen waren enorm. Lokal seien bis zu 310 mm Niederschlagsmenge gemeldet worden. Das entspricht dem Dreifachen eines üblichen Februar-Tagesniederschlags.
Besonders betroffen sind die Provinzen Ostkap an der Küste im Süden sowie Mpumalanga im Nordosten, wo auch der berühmte Kruger-Nationalpark liegt. Das teilte die Regierung am Montag mit. Die starken Regenfälle seien infolge des Wetterphänomens La Niña ausgelöst worden. In Kombination mit der Klimakrise, könnten die Wetterauswirkungen von La-Niña- und El-Niño-Jahren künftig noch problematischer werden.
Die Überschwemmungen haben laut der Regierungserklärung weitreichende Auswirkungen: von überfluteten Häusern und Fahrzeugen bis hin zum „Verlust grundlegender Infrastruktur“. In der Landwirtschaft werden weitere Ernte- und Viehverluste erwartet, zumal Meteorologen auch in den kommenden Monaten mit überdurchschnittlichen Regenfällen rechnen. Bisher seien 12 Menschen in den Fluten gestorben.
Südafrika hatte bereits vor wenigen Tagen wegen einer massiven Energiekrise einen Katastrophenfall ausgerufen. Mit dieser Maßnahme kann die Regierung zusätzliche finanzielle Mittel aus ihrem Haushalt freisetzen.