Ein Foto aus Papua, KI und Schwarmwissen: So wurde der verschollene Prinzenhabicht wiederentdeckt

In Papua-Neuguinea fliegt dem deutschen Fotografen Tom Vierus ein ihm unbekannter Vogel vor die Linse. Die internationale Orni-Szene feiert seinen Schnappschuss als Sensation, das Bild geht um die Welt. Im exklusiven Interview erzählt er, wie es dazu kam.

vom Recherche-Kollektiv Tierreporter:
11 Minuten
Das einzige Foto, das vom Prinzenhabicht existiert. Der Greifvogel ist 40 Zentimeter hoch und hat eine orangefarbene Partie zwischen Schnabel und Augen. Geschossen wurde es 2024 von Tom Vierus in Pomio, Papua-Neuguinea. Dort heißt der Vogel Keango oder Kulingapa. .

Bis 45 Zentimeter groß, graues Federkleid, leuchtendes Orange um Schnabel und Augen: So lautet der Steckbrief des Prinzenhabichts – Keango oder Kulingapa heißt er in den lokalen Sprachen. 1936 hatte der deutsche Evolutionsbiologe und Naturforscher Ernst Mayr den stolzen Greifvogel nach einer Reise durch Papua-Neuguinea erstmals beschrieben. Seither machte er sich rar. Ein paar Mal wurde er auf der Insel offiziell identifiziert, doch außer einem Balg, der 1969 im American Museum of Natural History in New York landete, existierten keine weiteren wissenschaftlich validen Foto-, Ton- oder physischen Belege. Tachyspiza princeps, so sein lateinischer Name (früher: Accipiter princeps), galt als „verschollen“ – bis der deutsche Fotograf Tom Vierus den Vogel jetzt fotografierte.

RiffReporter: Tom, du warst im März 2024 mit dem WWF auf einer Expedition in New Britain, der größten Insel des Bismarck-Archipels von Papua-Neuguinea. Was habt ihr da gemacht?

Tom Vierus: Das Pazifik-Team des WWF wollte im Distrikt Pomio mit Einheimischen beraten, wie es dort Naturschutzprojekte unterstützen kann. Dafür traf es lokale Umweltschützerïnnen, Lokalpolitikerïnnen, Farmerïnnen etc., und mein Job war es, die Expedition mit der Kamera zu dokumentieren. Aber als Wildlife-Fotograf halte ich natürlich auch immer Ausschau nach Tieren. Erst recht in Papua-Neuguinea, einem der unberührtesten, artenreichsten Länder der Welt.

Pomio liegt so ziemlich am gegenüberliegenden Ende der Erdkugel. Wie kommt man da hin? Und wie sieht es aus?

Ich lebe auf Fidschi, für mich ist die Hauptinsel Papua-Neuguineas nicht so weit weg, aber Pomio schon. Man kommt dort nur per Boot hin, wir fuhren acht Stunden übers offene Meer, bis die Vulkankegel der Insel New Britain vor uns aufragten. Wir besuchten mehrere Küstendörfer und wurden dann vom lokalen Krankenwagen abgeholt – dem einzigen Auto in der Gegend. Das war ein uralter Range Rover, in den wir uns zu zehnt reinquetschten, um quer durch den Regenwald in die Nakanai Mountains zu fahren. Am Ende der Piste erreichten wir ein Bergdorf. Über den Feldern und Kaffeeplantagen hing noch der Morgennebel, aus den Hütten rauchten Holzfeuer. Ich fand die Szenerie unfassbar schön. Geradezu mystisch.

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Luftbild der Küste New Britains in Papua New Guinea.
Foto zeigt fruchtbare Gärten im Distrikt Pomio in New Britain, Papua-Neuguinea
Bild zeigt frisch geernteten Salat vom Feld in Papua-Neuguinea
Ken Mondiai, WWF-PNG Forest Programme Manager, adresses community members in Malakur Village during an awareness activity. Pomio District, East New Britain Province, New Britain, Papua New Guinea.
A fisherwoman in an outrigger canoe near Palmalmal. Pomio District, East New Brotain Province, New Britain, Papua New Guihnea.

Morgennebel in den Baumkronen der Nakanai Mountains, der Heimat des Prinzenhabichts. Hier heißt der Vogel Keango oder Kulingapa.

Um die Insel New Britain im Bismarck-Archipel zu erreichen, fährt man acht Stunden von der Hauptinsel Papua-Neuguineas übers offene Meer.

Gärten, Felder, Kaffeeplantagen: Im Regenwald rund um die Dörfer im Distrikt Pomio betreiben die Familien Subsistenzlandwirtschaft…

… und können das ganze Jahr über ernten.

Gespräche über Naturschutzprojekte: WWF-Officer Ken Mondiai berät mit Einheimischen über besonders wertvolle Gebiete.

Frauen sind die traditionellen Hüterinnen des Landes. Sie treffen die zentralen Entscheidungen, die Gemeinschaften Pomios sind matrilinear organisiert.

Wie habt ihr euch verständigt?

Insgesamt leben in Pomio rund 500.000 Menschen, die sich in mehrere indigene Gruppen mit über 70 Sprachen aufteilen, aber meist auch Pidgin-Englisch sprechen, einen Mix aus Englisch und lokalen Sprachen.

Und wie leben die Menschen?

Das Dorf, dessen Namen ich bewusst nicht nenne, hat ein paar Hundert Bewohner. Sie wohnen noch in traditionellen Rundhütten, wie sie selbst in Papua-Neuguinea inzwischen selten sind. Kein fließend Wasser, kein Strom, kein Handynetz, aber dank Solarpanels auf den Dächern haben einige Licht. Die Familien betreiben Brandrodungs-Wanderfeldbau, in der fruchtbaren Vulkanerde gedeiht alles: Bohnen, Salat, Maniok zum Beispiel. Es gibt eine Schule für die Kinder und größere Hütten oder überdachte Plätze, in denen man sich abends am Lagerfeuer trifft, diskutiert oder Geschichten erzählt. Durch die westliche Brille könnte man sagen, die Leute leben in Armut. Ich sage lieber, ihr Leben ist sehr ursprünglich und eng verbunden mit der umgebenden Natur.

Foto zeigt kleine Solarpanels auf dem Dach einer Strohhütte im Distrikt Pomio in Papua-Neuguinea
Kleine Solarpanels bringen Licht in die Hütten im Distrikt Pomio in Papua-Neuguinea
Foto zeigt ein Gruppenbild mit Fotograf mit Kindern und ihren Familien vor der Grundschule eines Dorfs im Pomio District, Papua-Neuguinea
Gruppenbild mit Fotograf vor der Grundschule eines Dorfs im Pomio Distrikt, Papua-Neuguinea.

Wie kam es zu deiner Begegnung mit dem Prinzenhabicht?

Während das WWF-Team Gespräche führte, bat ich drei Jäger, mir den umliegenden Regenwald zu zeigen. Wir trafen uns bei Sonnenaufgang, und es ging gleich gut los: Auf einem schmalen Baumstamm mussten wir über einen Fluss balancieren! Aus Sorge um mein Equipment habe ich meine Kamera lieber an meine trittsicheren Begleiter abgegeben und erst am Ufer wieder übernommen. Es hat eine Weile gedauert, bis ich ihnen verständlich machen konnte, dass ich nicht Tiere jagen will, sondern fotografieren. Das ergab für sie wenig Sinn, ich war der erste „Tourist“, den sie kennenlernten. Doch dann zeigten sie mir alles, was sie kannten: Insekten, Schlangen, Tauben, Papageien…

Foto zeigt einen Fluss und einen Baumstamm als Brücke, der von einen Jäger überquert wird. So ging es in den Regenwald.
Kurz vor Sonnenaufgang zog Fotograf Vierus mit einheimischen Jägern in den Regenwald – ein wackeliger Baumstamm führte sie über den Fluss.
Foto ist ein Selfie von Tom Vierus und seinen lokalen Begleitern, die ihm halfen, seine Kamera sicher über den Fluss zu bringen
Selfie am sicheren Ufer: Seine Begleiter halfen, die Kamera trocken über den Fluss zu bringen.

… und den Prinzenhabicht?!

Nein, der saß superweit weg in einem Baum. Ich sah ihn zufällig durch mein 800-Millimeter-Objektiv und hab nur schnell auf den Auslöser gedrückt. Das war wirklich nicht aufregend (lacht), ich hatte keine Ahnung, was das für ein Vogel ist. Ich bin einfach ein großer Birder-Enthusiast und fotografiere immer alle Vögel, die ich sehe, auch wenn’s kein gutes Foto wird, um die Art später zu bestimmen. Leider hatte ich insgesamt nur wenige Stunden Zeit, richtig tief konnten wir gar nicht in den Wald rein. Ein paar Tiere konnte ich dennoch fotografieren.

Foto zeigt einen Papua-Hornvogel (Rhyticeros plicatus), der auf einem Ast sitzt. Fotografiert im Distrikt Pomio in Papua-Neuguinea
Foto zeigt einen Neuguinea-Edelpapagei beim Flug, er ist grün gefiedert mit buntem Schimmer
Foto zeigt zwei Elfenbein-Fruchttauben (Ducula subflavescens), auf Englisch auch genannt Bismarck Imperial Pigeons
Der Bismarckmaina (Mino kreffti) ist schwarz mit orangefarbenem Schnabel und gehört zu den Staren. Die Spezies kommt nur in Teilen Papua Neuguineas sowie auf den Salmonen vor.
Heuschrecke im Garten in Papua-Neuguinea
Foto zeigt eine Braune Natbaumnatter in Papua Neuguinea, die Tom Vierus nicht im Regenwald entdeckte, sondern im Toilettenhäusschen.

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Gezeichnet ist der Prinzenhabicht noch besser zu erkennen: graues Rückengefieder, weißer Bauch, orangefarbene Beine und eine ähnlich gefärbte Partie zwischen Schnabel und Augen.
Gezeichnet ist der Prinzenhabicht besser zu erkennen: graues Rückengefieder, weißer Bauch, orangefarbene Beine und eine ähnlich gefärbte Partie zwischen Schnabel und Augen.

140 Vögel stehen auf der Fahndungsliste von „Lost Birds“

Bild zeigt den Screenshot von der Plattform INaturalist, auf der die Identifizierung des Prinzenhabicht gelang.
Schwarmwissen zur Vogelbestimmung: Auf der Online-Plattform „iNaturalist“ tauschten sich Birder über Tom Vierus’ Foto aus. Den lateinischen Artnahmen lieferte ein Programm mit künstlicher Intelligenz, seither wurde er in „Tachyspiza princeps“ geändert.
Foto zeigt eine Piste im Regenwald, an deren Rand abgeholzste Bäume liegen
A large palm oil plantation located near Palmalmal in Pomio District, East New Britain Province. The palm oil plantation belongs to a Malaysian-owned company named Gilford and consist of three blocks, with each block measuring around 20.000 hectares. New Brotain, Papua New Guinea.
A palm oil mill located near Palmalmal on New Britain. The mill and plantation belongs to a Malaysian-owned company named Gilford which manages three large blocks measuring around 20.000 hectares each. Pomio District, East New Britain Province, New Britain, Papua New Guinea.
Aerial view of „The Waterfall“, an opening in the limestone rock where an underground river sheds into the sea. Pomio District, East New Britain Province, New Britain, Papua New Guinea.

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