Ein Preisschild für den Baum? Warum Ökonomen der Natur einen wirtschaftlichen Wert geben wollen

Lieber den Wald schützen oder die neue Landebahn bauen? Der finanzielle Wert von Natur ist schwer zu berechnen und wird oft zu niedrig angesetzt, meinen einige Wirtschaftswissenschaftler. Das habe Auswirkungen auf Kosten-Nutzen-Analysen-

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Grüne Ahornblätter vor blauem Himmel

Wenn Moritz Drupp aus dem Fenster seines Büros schaut, sieht er direkt in die Krone eines Baums. Bezahlen muss er für diesen Ausblick ins Grüne nichts. Aber wenn es darauf ankäme, sagt der Umweltökonom, würde er für den Ahorn schon einige Scheine hinblättern. Auf die Frage, wie viel genau, muss er eine Weile nachdenken. „So um die 500 Euro vielleicht?“

Eine genaue Zahl zu nennen, fällt selbst dem Fachmann schwer. Denn was der Baum für ihn leistet, ist nicht leicht zu messen: Ist es der Schatten im Sommer? Die bessere Luft? Oder einfach die Entspannung beim Blick aus dem Fenster? Erholung? Bessere Ideen gar?

Natur erhöht Kreativität, Entspannung und Leistung

Immerhin konnten verschiedenen Studien solche Effekte nachweisen. „Selbst wenn vor dem Fenster nur ein einziger Baum steht, fördert er das Lernen, die Arbeitsleistung und die Genesung von Kranken“, sagt die Stanford-Ökonomin Gretchen Daily. Auch eine höhere Kreativität, mehr Entspannung und ein besseres Arbeitsgedächtnis fanden Studien bei Menschen, die mehr Zeit in der Natur verbringen.

Aber wie beziffert man den Wert dieser positiven Wirkung? „Die große Herausforderung ist natürlich, dass wir keine Indizien haben für Marktpreise, die wir als Richtschnur nehmen können“, erklärt Drupp. Deshalb gibt es in der Umweltökonomik gleich einen ganzen Strauß an Methoden, um den Geldwert der Natur indirekt zu ermitteln. Man kann Menschen direkt befragen, was ihnen ein Baum, ein Park, ein Fluss wert ist. Man kann aber auch versuchen zu beziffern, welchen wirtschaftlichen Wert so genannte Ökosystemdienstleistungen haben: Inwieweit steigt der Ernteertrag durch die Anwesenheit vieler Insekten? Welche Hochwasserschäden können durch naturnahe Überflutungsgebiete verhindert werden? Oder auch: welchen touristischen Wert hat ein sauberer Fluss in einer Millionen-Metropole?

Blaukehlchen ersetzt Valium

Sehr konkret hat den Wert der Natur vor gut 40 Jahren bereits der Biochemiker Frederic Vester für das Blaukehlchen bestimmt. Dabei berücksichtigte er, wie viele Schädlinge ein einzelner Vogel frisst, wie viele Samen er verbreitet, dass er als „Bioindikator für Umweltbelastungen“ taugt, welchen „Materialwert“ er hat und auch wie er als „Ohrenschmaus und Augenweide“ die Menschen erfreut. Alles zusammengenommen kam Vester im Jahr 1987 auf 301 Mark und 38 Pfennige (umgerechnet etwa 154 Euro).

Hellbrauner Vogel mit blau-schwarzem Fleck an der Kehle sitzt im Schilf und singt
Natur hat einen messbaren Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Um das zu verdeutlichen setzte Frederic Vester die Freude, die uns ein Blaukehlchen bereitet, kurzerhand mit dem Wert einer Valiumtablette gleich.
Freundlich lächelnder Mann mit hoher Stirn, braunen Haaren, braunen Augen und weißem Hemd
Moritz Drupp forscht zu verschiedenen Methoden, mit denen sich der ökonomische Wert von Natur berechnen lässt. Weil Natur und ihre Dienstleistungen zukünftig knapper werden, müsste auch ihr Wert deutlich nach oben korrigiert werden, sagt der Hamburger Umweltökonom.
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