COP16: Von der Ware zum Rechtssubjekt. Was bedeutet es, wenn die Natur Rechte bekommt

Indigene fordern Personenrechte für den Amazonas, als ein global lebenswichtiges Ökosystem. Doch was bedeuten die Rechte der Natur und was ist ihr Vorteil? Fünf Fragen - fünf Antworten

vom Recherche-Kollektiv Südamerika+Reporterinnen:
4 Minuten
In einem Fluss mit bräunlichem Wasser taucht der Kopf eines Mädchens auf

Klimawandel und der Verlust der biologischen Vielfalt sind zu einer Gefahr für die weltweite Nahrungsmittelproduktion und die Wasserversorgung geworden. Auch der wirtschaftliche Druck auf die Ökosysteme nimmt zu. Die Politik lässt sich fast überall vor den Karren der Wirtschaft spannen. Umweltschützer versuchen deshalb zunehmend, den Naturschutz auf dem Rechtsweg durchzusetzen. Ein Instrument dabei sind die Rechte der Natur.

Dieser Beitrag ist Teil unseres Spezials „COP16 und die Rechte der Natur“.

Was sind die „Rechte der Natur“?

Die „Rechte der Natur“ sind ein relativ neues juristisches Konzept, das der Natur oder ihren Ökosystemen und Bestandteilen – Flüssen, Bergen, Mooren und Wäldern – Personenrechte zuspricht.

Ein Fluss ist dann mehr als nur ein Gewässer mit zulässigen Grenzwerten. Er ist Teil eines Ökosystems, das mit anderen Elementen verbunden ist und soll ein Recht auf Existenz, Unversehrtheit und auf Erneuerung haben.

Umweltorganisationen, Indigene, Regierungsbehörden, Wissenschaflterïnnen und Einzelpersonen können die Natur vor Gericht vertreten und in ihrem Namen sprechen und handeln.

Woher kommt das Konzept?

Die Idee dahinter ist eine fundamental andere Beziehung zur Umwelt – eine, die auf Verantwortung basiert statt auf Eigentum und Ausbeutung und die den Menschen nicht über die Natur stellt, sondern ihn als Teil der Natur begreift.

Ecuador war Pionier bei der Erschaffung dieser Rechtsfigur. 2008 nahm es die Natur als Rechtssubjekt in seine Verfassung auf und erkannte den indianischen Ausdruck „Pacha Mama“ (Mutter Erde) als Synonym für die Natur an. Sehr oft wird das Recht der Natur daher mit der Kosmovision der indigenen Völker begründet, in der ein Berg, ein Fluss, ein Feuchtgebiet als heilig gelten. „Pacha Mama, in der sich das Leben verwirklicht und realisiert, hat das Recht, in ihrer gesamten Existenz respektiert zu werden“, heißt es im Artikel 72 der ecuadorianischen Verfassung.

Doch kann man die Rechte der Natur auch in der westlichen, aufklärerischen Rechtstradition aus dem Eigentumsrecht ableiten.

Ein Eisvogel mit buntem Gefieder sitzt auf einem Ast
Im größten Feuchtgebiet der Erde scheint die Welt noch in Ordnung zu sein. Aber auch hier zerstören die Feuer große Flächen und bedrohen die Tier- und Pflanzenwelt
Im Vordergrund ein roter Container mit verrotteten Algen, im Hintergrund schaufeln Gemeindearbeiter tonnenweise Algen aus dem Mar Menor
Wegen Überdüngung nahm das Algenwachstum im Mar Menor so stark zu, das es schon zweimal umgekippt ist. Die Gemeinden müssen es täglich von einer stinkenden Algenschicht befreien.