RiffReporter diese Woche: Warum Biodiversität eine Frage des Überlebens für Mensch und Natur ist
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
in diesen Tagen würde Thomas Lovejoy Geburtstag feiern. Der 2021 gestorbene US-Ökologe hat einen Begriff geprägt, der heute in keiner Rede und in keinem Artikel zum Thema Umweltschutz fehlen darf: Biodiversität. Lovejoys Überzeugung war, dass die großen ökologischen Krisen unserer Zeit – die Klimakrise, die Krise der natürlichen Ökosysteme und das Artensterben – auf das engste miteinander verwoben sind und deshalb auch nur gemeinsam gelöst werden können. Diese Haltung ist in der Wissenschaft heute Konsens und müsste auch die Marschrichtung für die Politik sein, um die multiplen Krisen zu bewältigen. Doch allen Beteuerungen zum Trotz kommt der Kampf gegen Artensterben und Zerstörung von Ökosystemen nicht schnell genug voran – und wird politisch wie medial häufig gar nicht und bestenfalls als Anhängsel des Klimaschutzes behandelt. Viel zu tun also für einen engagierten Biodiversitätsjournalismus.
Worauf es jetzt besonders ankommt
In nächster Zeit stehen zentrale Weichenstellungen an, die Klima- und Naturschutz in Deutschland und weltweit betreffen. Drei Beispiele: Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat nach langem Zögern den Entwurf für ein neues Waldgesetz auf den Weg gebracht. Nach jahrelangem Ringen geht das europäische Renaturierungsgesetz an den Start. Und in wenigen Wochen zieht die 16. Weltbiodiversitätskonferenz COP16 eine erste Bilanz zur Umsetzung des Weltnaturabkommens von Montreal.
Warum wir uns dafür interessieren müssen
Bei all diesen Ereignissen geht es um Überlebensfragen für Mensch und Natur. Schafft Deutschland die Wende im Umgang mit dem Wald – weg von seiner Behandlung als reinem Wirtschaftsgut, hin zum besten Verbündeten im Kampf gegen Klimawandel und Artensterben? Machen sich die EU-Staaten ernsthaft daran, ihre Natur bis 2030 auf großer Fläche zu renaturieren. Und: Ist die Staatengemeinschaft auf gutem Weg, ihr historisches Versprechen von Montreal umzusetzen, „Frieden mit dem Planeten“ zu schließen?
Was mich dabei persönlich beschäftigt
Der Begriff Biodiversität klingt abstrakt – ist es aber nicht. Denn es geht um Natur und Leben. Auch dazu hat Thomas Lovejoy die richtigen Worte gefunden:„Wenn man sich um die Vögel kümmert, kann man die meisten Umweltprobleme der Welt löse.“ Für mich ist die bild- und textjournalistische Beschäftigung mit Vögeln, der Schutz besonders bedrohter Arten und das Schreiben über die gefiederte Wunderwelt der ideale Brückenschlag zur Arbeit als Biodiversitätsjournalist.
Was als Nächstes passieren muss
Lovejoy hat mit seiner Arbeit zu den Kipppunkten natürlicher Ökosysteme maßgeblich dazu beigetragen, den Schutz der Natur vom Beigeschmack der liebenswerten Nebensache zu befreien und ihn als existenzielle Notwendigkeit für das Überleben der Menschheit anzuerkennen. Als Gesellschaft müssen wir mit langem Atem dafür sorgen, dass sich diese Erkenntnis in politisches Handeln übersetzt. Ein kritischer und kompetenter Biodiversitätsjournalismus ist dabei ein unverzichtbarer Teil, zu dem ich und viele meiner Kolleginnen und Kollegen bei RifReporter mit ihrer Arbeit beitragen möchten.
Herzlich grüßt
Thomas Krumenacker
Mehr zum Autor
Thomas Krumenacker schreibt für uns seit Jahren zu den Themen Biodiversität, Klima- und Naturschutz und Ornithologie.