Lithiumexperte: „Niemand kann wollen, dass China alles dominiert“

Interview mit Michael Schmidt von der Deutschen Rohstoffagentur über die künftige Versorgung mit einem Schlüsselelement der Energie- und Verkehrswende

7 Minuten
Weißes Elektroauto an der Ladesäule in einer Stadt.

Michael Schmidt ist Senior Analyst bei der Deutschen Rohstoffagentur (DERA) mit Sitz in Berlin, die Teil der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) ist. Er ist Geologe mit praktischer Erfahrung in den Bereichen Mineralienexploration, globale Marktanalyse und Beratung. Zwischen 2009 und 2012 hat er für die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg gearbeitet, wo er sich mit der CCS-Technologie beschäftigt hat. Seit Oktober 2012 erstellt er Risikoanalysen für verschiedene Rohstoffe, darunter Antimon, Platinmetalle, Bor und Lithium. Seit 2015 ist er Lithium-Experte der DERA/BGR. In dieser Position berät er sowohl die deutsche Industrie als auch die deutsche Regierung in Rohstofffragen.

Herr Schmidt, Deutschland und die EU sollen unabhängiger von Lithium-Importen werden. Deshalb unterstützen Bundeskanzler Scholz und die EU-Kommission ein geplantes Lithium-Bergwerk in Serbien. Wie wichtig ist das Projekt?

Schmidt: Von dem geplanten Bergwerk im Jadartal hängt für alle am Projekt Beteiligten viel ab. Geplant ist eine Fördermenge und Aufbereitung von rund 58.000 Tonnen batterietauglichem Lithiumkarbonat pro Jahr. Das entspricht rund zehn Prozent des Bedarfs, der für Europa für das Jahr 2030 von der DERA erwartet wird.

Bisher gibt es keine Lieferengpässe bei Lithium, wo liegt überhaupt das Problem?

Im Moment importieren wir in Europa nahezu hundert Prozent des Lithiums aus nur wenigen Ländern. Im Bereich Lithiumhydroxid besteht zum Beispiel eine sehr große Abhängigkeit von China. Diese Konstellation ist anfällig für Störungen. Von Lithium-Batterien hängt aber nicht nur die Elektromobilität ab, sondern zunehmend auch die Speicherung von erneuerbaren Energien.

Serbische Gegner des Projekts werfen Deutschland vor, unsere Probleme auf ihrem Rücken zu lösen. Was entgegnen Sie auf diese Kritik?

Ich sehe das ganze Thema Rohstoffversorgung als gesamteuropäische Aufgabe und Serbien ist ja immerhin EU-Beitrittskandidat. Da auch in Deutschland Lithiumprojekte in der Entwicklung sind, ist dieser Vorwurf nicht nachvollziehbar und faktisch falsch. Das Land wird in jedem Fall auch die Weiterverarbeitung des Lithiums vor Ort vornehmen und entsprechend von der Wertschöpfung profitieren. Das wird auch die bereits existierende serbische Auto-Zulieferindustrie stärken und könnte zusätzlich neue Investitionen nach sich ziehen.

Portraitfoto
Michael Schmidt.
Weißes Pulver auf einem Metalllöffel, gehalten von einer Hand in blauem Handschuh.
Begehrter Rohstoff: Aus Salzwasser extrahiertes Lithium der Firma Vulcan Energie.
Landkarte mit Projekten und Vorkommen.
Übersicht kritischer Rohstoffe in Deutschland von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe.
Sie haben Feedback? Schreiben Sie uns an info@riffreporter.de!