Ausflugstipps an der Nordsee: Vögel beobachten an der nordfriesischen Küste
Die Nordseeküste in Nordfriesland und Dithmarschen bietet das ganze Jahr über reichlich Gelegenheiten zum Beobachten von Vögeln. Hier kommen einige unserer liebsten Ausflugstipps.
Vogelbeobachtung hat an der schleswig-holsteinischen Nordseeküste das ganze Jahr über Saison. Die Region bietet eine große Auswahl von Naturschutzgebieten, in denen sich Vögel oft in großen Schwärmen, aus nächster Nähe und zum Teil sogar bequem aus Beobachtungshütten genießen lassen. Vor allem zur Zeit des Vogelzugs, aber auch im Winter lassen sich auch seltene gefiederte Besucher entdecken. So macht Birding Spaß – sowohl Einsteigern als auch versierten Vogelguckerinnen. Die folgende Liste ist eine kleine Auswahl gut zugänglicher Orte für die Vogelbeobachtung. Beginnen wir im Norden.
Sylt: Uferschwalben am Morsum Kliff
Die Insel Sylt bietet diverse Möglichkeiten zum Birden, vor allem zur Zeit des Vogelzugs – die dortigen Hotspots sind eigentlich ein Artikel für sich! Einen der schönsten und landschaftlich ungewöhnlichen stelle ich hier vor. Das Morsum Kliff steht schon seit 1923 unter Naturschutz, es zählt damit zu den ältesten Naturschutzgebieten Deutschlands.
Das Kliff liegt im ruhigeren Osten der Insel und zeigt landschaftlich eine besondere Facette von Schleswig-Holstein: Zwar ragen die Felsen nicht spektakulär hoch auf, aber sie bestehen aus bis zu 10 Millionen Jahre alten Sedimentgesteinen. Damit gehört das Morsum Kliff zu den geologisch ältesten Teilen von Deutschlands Norden, denn dieser besteht an der Oberfläche vor allem aus jüngeren Ablagerungen aus dem Eiszeitalter. Seine orange-rote Farbe verdankt das Kliff dem Limonitsandstein, aus dem es besteht. Oberhalb und unterhalb des Kliffs verlaufen Wanderwege durch offenes Heide- und Weidegelände sowie durch Salzwiesen.
Am Spülsaum unterhalb des Kliffs lassen sich mit etwas Glück Sandregenpfeifer erspähen, in der Heide oberhalb davon brüten Feldlerchen. Den vielleicht spannendsten Anblick für Vogelinteressierte bieten aber die Bruthöhlen der Uferschwalben, die sich im roten Sandstein häuslich eingerichtet haben; sie lassen sich gut vom Fuß des Kliffs aus beobachten. Die Szenerie wirkt fast ein bisschen unwirklich – so als ob die Uferschwalben für ein Leben auf dem roten Planeten Mars trainierten.
Beltringharder Koog: Elterntaxi unterwegs im Wasser
Der Beltringharder Koog ist nach dem Wattenmeer und Helgoland das größte Naturschutzgebiet Schleswig-Holsteins. Der Koog entstand, als die Nordstrander Bucht im Jahr 1987 eingedeicht wurde. Er ist das ganze Jahr über ein lohnenswertes Birding-Ziel.
Im Sommer lassen sich zum Beispiel Säbelschnäbler, Kiebitze und Haubentaucher beim Brutgeschäft beobachten, zum Teil sogar Stelzenläufer. Es sind aber auch Ufer- und Pfuhlschnepfen, Sand- und Seeregenpfeifer, Rotschenkel und Kampfläufer unterwegs. Dazu kommen Löffler und Graugänse sowie diverse Entenarten wie Tafel- und Löffelenten. Im Winterhalbjahr ist der Beltringharder Koog ein toller Ort, um Abertausende von Weißwangengänsen in großen Schwärmen zu erleben. Einige brüten inzwischen auch im Koog. In den Schilfbeständen des Koogs lassen sich mit etwas Glück und Geduld Bartmeisen, Blaukehlchen, Rallen und Rohrdommeln entdecken.
Logistik: Im Beltringharder Koog gibt es mehrere Beobachtungshütten. Vor Ort werden auch Vogelexkursionen und Wattwanderungen angeboten. An der Badestelle Lüttmoorsiel, ganz am Ende des Lüttmoordamms, findet sich eine Einkehrmöglichkeit (Außerhalb der Sommerzeit am besten vorab Öffnungszeiten checken) und die neue „Integrierte Station Westküste“. Dort informiert seit 2022 eine Ausstellung Besucherïnnen über Natur im Koog und im Wattenmeer. Der Koog lässt sich auch gut mit dem Fahrrad erkunden. Wer mit dem Auto kommt: Ins Navi am besten die Badestelle Lüttmoorsiel als Ziel eingeben. Auf dem Weg dahin bieten sich diverse Haltemöglichkeiten zum Genießen dieses Vogelparadieses.
Westerhever: Der Leuchtturm wacht über Brutgebiete und Gänseschwärme
Im Norden der Halbinsel Eiderstedt, und damit nördlich vom beliebten Strandort St. Peter-Ording, liegt der Leuchtturm Westerheversand. In den Salzwiesen rund um den Leuchtturm brüten unter anderem Rotschenkel, Säbelschnäbler und Austernfischer.
Im Winter schwirren Schneeammern umher, auf der Suche nach Nahrung. Auch für die Gänsebeobachtung ist Westerhever ein idealer Ort. Die Weißwangengänse halten sich gern zu Tausenden auf den Schafweiden innerhalb des Deichs auf. Die dunkleren Ringelgänse sind eher auf der Seeseite des Deichs anzutreffen.
Vor dem Strand von Westerhever liegt eine Sandbank, die bei Niedrigwasser (Gezeiten und Regeln zum Verhalten im Watt beachten!) entlang einer Pfahlreihe zugänglich ist. Auf der Sandbank rasten zur Zugzeit viele Zugvögel, unter anderem Alpenstrandläufer und Knutts. Im Bereich Westerheversand brüten außerdem See- und Sandregenpfeifer sowie Zwerg- und Küstenseeschwalben.
Logistik: Die Landzunge von Westerhever lässt sich sehr gut mit dem Fahrrad erkunden, darüber hinaus führen Fußwege zum Leuchtturm und zur Sandbank. Wer nicht nur Vogelfotos, sondern auch Leuchtturmbilder im Sinn hat: Für den Rest des Sommers 2023 wird der Leuchtturm selbst etwas weniger malerisch aussehen als sonst: Er ist eingerüstet für Renovierungsarbeiten. Im südlichen Leuchtturmhaus gibt es eine kleine Ausstellung der Schutzstation Wattenmeer mit einem Gäste-WC, aber keinen Kiosk. Einkehroptionen und weitere WCs finden sich eine halbe Stunde Fußweg entfernt, hinterm Deich am Parkplatz Ahndelweg. Die Schutzstation Wattenmeer bietet auch in Westerhever Wattwanderungen und Vogelzug-Führungen an.
Katinger Watt: Hier sind auch Seeadler zuhause
Das Katinger Watt entstand nach der Eindeichung der Eidermündung und liegt direkt nördlich der Eider. Hier kann man Uferschnepfen und Säbelschnäbler beim Brüten beobachten, außerdem die „üblichen Verdächtigen“ wie Grau- und Brandgänse sowie Silberreiher. Über allen kreist der Seeadler.
Logistik: Direkt am Katinger Watt hat der NABU eine Station, die auch regelmäßig Führungen anbietet. Dort gibt es auch Parkplätze für einige Autos (Navi: Katingsiel 14, Tönning). Das Naturschutzgebiet besteht aus Wasserflächen, Wiesen und Wäldern. Von einem ausgedehnten Wegenetz durchzogen, bietet es ein abwechslungsreiches Wandererlebnis. Da manche Wege dichter bewachsen sein können, empfehlen sich auch im Hochsommer lange Hosen und geschlossenes, wasserdichtes Schuhwerk. Auch die Inland-Deiche direkt nördlich des Katinger Watts und südlich entlang der Eider lassen sich gut erwandern. Der Seedeich zum Wattenmeer hin wird allerdings aktuell erhöht, Wandern ist dort zurzeit nur eingeschränkt möglich. Im Naturschutzgebiet selbst gibt es Bänke zum Rasten. Kioske und Cafés mit hausgemachten Torten finden sich am Eidersperrwerk bzw. an der Landstraße, die südwärts nach Wesselburen führt.
Lachmöwen, Seeschwalben und Watvögel am Eidersperrwerk
Das Eidersperrwerk reguliert den Wasserstand an der Mündung des Flusses Eider. Das Sperrwerk wurde 1973 fertiggestellt. Mit dem Bau zum Schutz vor Sturmfluten wurde ein weiteres Stück Küste der natürlichen Dynamik von Ebbe und Flut entzogen.
An beiden Enden des Eidersperrwerks befinden sich Brutgebiete von Lachmöwen, Küsten- und Flussseeschwalben. Die Vögel sind im Frühsommer nicht zu überhören und -sehen. Wer nur auf der Durchreise ist: Auch ein Zehn-Minuten-Stopp auf dem Parkplatz am Südende des Sperrwerks lohnt sich – normalerweise. Treppen führen auf den Deich, und oben angekommen öffnet sich der Blick auf die brütenden Vögel. Allerdings hat die hochpathogene aviäre Influenza im Sommer 2023 leider die Situation vor Ort drastisch verändert.
Es lohnt sich auch ein Blick auf die ausgedehnten Wattflächen der Eider auf der Landseite des Deichs. Je nach Wasserstand und Jahreszeit sind dort Rotschenkel, große Brachvögel, Sandregenpfeifer und etliche andere Watvögel unterwegs. Deswegen ist das Eidersperrwerk auch außerhalb der Brutsaison einen Besuch wert.
Logistik: Ein Besuch des Eidersperrwerks lässt sich gut mit einer Wanderung oder einem Beobachtungsstopp am Katinger Watt kombinieren. Viele Ausflügler sind hier mit dem Rad unterwegs, aber es gibt auch einen Parkplatz für motorisierte Besucherïnnen.
Speicherkoog Dithmarschen: Löffler, Bekassinen, Kiebitze und Flussseeschwalben
Südlich der kleinen Stadt Büsum liegt der Speicherkoog Dithmarschen, auch Meldorfer Speicherkoog genannt. Vor der vollständigen Eindeichung im Jahr 1979 dehnten sich hier zum Teil noch Wattflächen aus. Heute umschließen die Deiche ein Mosaik aus Wasserflächen, Weideland, Feuchtwiesen und Sumpfgebieten. Diese verschiedenen Habitate ziehen das ganze Jahr über viele Vogelarten an. Die gefiederten Besucher tummeln sich auf den Wasserflächen und Wiesen, auch nah an den Straßen und Wegen.
Unweit des Yachthafens liegt das Kronenloch, ein ausgedehntes Flachgewässer, an dem ein Beobachtungsturm und eine Beobachtungshütte zum Vogelgucken einladen. Zum Beispiel auf Flussseeschwalben, die auf einem künstlichen Nistfloß im Wasser brüten – weit genug vom Ufer entfernt, um vor vierbeinigen Beutegreifern geschützt zu sein. Das Floß soll natürliche Sand- oder Kiesbänke ersetzten und ist entsprechend mit Kies ausgelegt. Kleine „Zelte“ bieten Küken Deckung vor Greifvögeln. Im Frühsommer lassen sich die eleganten Flieger gut beim Aufziehen der Küken beobachten. Auf der Brutinsel ging es im Juni 2023 noch hörbar lebhaft zu. Doch leider ist diese Flussseeschwalben-Kolonie inzwischen auch von der Vogelgrippe in Mitleidenschaft gezogen.
Auf dem Kronenloch lassen sich außerdem Kormorane, Eisvögel, Hauben- und Zwergtaucher, Reiher-, Schnatter-, Tafel- und Schellenten beobachten – neben anderen Arten. Wer sich von dort gen Norden wendet, kann unserer eigenen Spezies bei Aktivitäten auf dem Wasser zusehen – das Miele-Speicherbecken zieht vor allem Surfer an. Von dort gelangt man zum Odinsloch, das aus zwei Wasserflächen an der Straße besteht. Auch darauf schwimmen Nistflöße mit Flussseeschwalben, die nach aktuellem Stand im Juli 2023 offenbar nicht von der Vogelgrippe betroffen sind. Nördlich davon schließt sich das Wöhrdener Loch mit Wassergräben und offenen Wiesen an.
So grell die Sonne im Hochsommer auf Wasser und Wiesen strahlt (Hut nicht vergessen!), so sanft und weich erhellt sie die Landschaft des Speicherkoogs im Winter. Das fahle Nachmittagslicht erzeugt eine ganz besondere Stimmung! Vor allem, wenn man vor sich Tausende von Weißwangengänsen sieht, die auf den Wiesen im Koog grasen.
Leider wurde die Beobachtungshütte am Wöhrdener Loch vor einiger Zeit abgebaut, auch die Herde von Konik-Pferden, die früher durch das Naturschutzgebiet zog, ist verschwunden. Die robusten Pferde sollten – neben Rindern und Schafen – die Feuchtwiesen beweiden und offenhalten. Doch nach dem Tod einiger Pferde wurde diese Naturschutzmaßnahme 2020 beendet.
Logistik: Zur Erkundung des gesamten Speicherkoogs bietet sich ein Fahrrad an. Zu Fuß kann der Autoverkehr (Tempo 50) im nördlichen Teil etwas stören, da es dort keinen separaten Fußweg neben der Straße gibt. Im Koog bieten während der Sommersaison Kioske Stärkung für zwischendurch. Und auf der anderen Seite des Deichs laden Badestellen zur Abkühlung im Wattenmeer ein. Schatten gibt es allerdings nur in Form von kostenpflichtigen Strandkörben.
Das Wattenmeer und die Küste von Schleswig-Holstein lohnen sich das ganze Jahr über zum Vogelgucken
Nordlichter wissen das: In Nordfriesland kann man quasi überall und jederzeit mit besonderen Sichtungen rechnen – selbst mitten in der Stadt. Manchmal verrät eine große Traube aus Menschen mit Kameras und Spektiven schon von weitem, wo sich ein spontaner Stopp lohnt. So hatte sich im Januar und Februar 2022 eine Sperbereule entschieden, im Stadtgebiet von St. Peter einen längeren Zwischenstopp einzulegen.
Diese Eulenart lebt sonst in den Nadel- und Gebirgswäldern, unter anderem in Skandinavien und Sibirien; sie jagt tagsüber – so wie ihre bei uns heimische Verwandte, die Sumpfohreule. Das machte den seltenen Gast aus dem ganz hohen Norden zum beliebten Fotoobjekt. Zum Glück tat der menschliche Andrang ihrem Jagderfolg offenbar keinen Abbruch. Beim Anblick einer solchen Rarität kann es leicht sein, zu vergessen, dass das Überleben des Vogels sicherlich nicht durch eine Traube von Fans gefördert wird, die dem Tier tage- oder wochenlang auf Schritt und Tritt folgt. Deswegen ein kleiner Hinweis zum Schluss: Abstand halten und die Privatsphäre respektieren – das sollte auch für Vögel gelten.