COP29 in Baku: Die wichtigsten Fragen und Antworten zur Weltklimakonferenz
Derzeit findet die 29. Internationale Klimakonferenz (COP29) in Baku statt. Hier hat RiffReporter die wichtigsten Hintergrundinformationen für Sie zusammengefasst. 10 Fragen – 10 Antworten.
Dieser Text ist Teil unserer Berichterstattung zur COP29 in Baku. Wie wird das neue gemeinsame Finanzierungsziel zur Unterstützung von ärmeren Ländern im Kampf gegen die Klimakrise aussehen? Welche Verpflichtungen geben sich die Staaten, um ihre Emissionen zu reduzieren?
1. Warum heißt die Klimakonferenz eigentlich COP?
Die Abkürzung COP steht für „Conference of the Parties“, was so viel wie Konferenz der Vertragspartner:innen bedeutet. Hier finden sich die Vertragsstaaten des UN-Rahmenübereinkommens über die Klimakrise zusammen. Das United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC) ist ein internationales Umweltabkommen mit dem Ziel, die menschengemachte Erwärmung zu verlangsamen sowie ihre Folgen zu mildern. Die Statuten des UNFCCC sehen jährliche Treffen der 197 Vertragsstaaten vor.
2. Wer nimmt daran teil?
Die erste COP fand 1995 in Berlin statt. Die COP29 ist nun die 29. Weltklimakonferenz. Jedes Jahr nehmen bis zu 20.000 Vertreter:innen der 197 Vertragsstaaten teil. Für die technischen Verhandlungen in der ersten Woche entsendet jeder Staat seine Verhandler:innen, diese kommen meist aus dem Umfeld von Umweltministerien. Sie handeln die Beschlusstexte aus. In der zweiten Woche reisen dann die Staatschef:innen oder einzelne Regierungsmitglieder an, die wiederum die ausformulierten Entscheidungen der COP offiziell absegnen. Neben den offiziellen Regierungsvertreter:innen nehmen auch rund 10.000 Vertreter:innen von NGOs und andere Beobachter:innen teil. Anders als in den Vorjahren bleibt Bundeskanzler Scholz der diesjährigen Konferenz fern. Er sagte seine Teilnahme wegen des Auseinanderbrechens der Ampel-Koalition ab. Ebenfalls nicht teilnehmen werden Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und Brasiliens Präsident Luiz Inácio Lula da Silva, in dessen Land die nächste Weltklimakonferenz stattfinden wird.
3. Was steht im Mittelpunkt der diesjährigen COP29?
Auf der COP29 wird das neue gemeinsame Finanzierungsziel zur Unterstützung von ärmeren Ländern im Kampf gegen die Klimakrise, das „New Collective Quantified Goal on Finance“ (NCQG) verhandelt. Außerdem werden erste Staaten ihre nationalen Klimaschutzbeiträge (NDCs) für 2035 vorlegen – dies gilt als wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg zur Klimaneutralität bis spätestens 2050.
Die COP29 begann nicht mit einem historischen Paukenschlag wie bei der letzten Konferenz vor einem Jahr in Dubai. Damals war in der größten Streitfrage, der Finanzierung des sogenannten „Loss and Damage“-Fonds, gleich am ersten Tag eine Einigung verkündet worden.
Am Montag verabschiedeten die Teilnehmerstaaten aber erste Regeln für Emissionsgutschriften. Demnach können Länder oder Unternehmen künftig für Projekte auf der ganzen Welt bezahlen, die CO₂-Emissionen reduzieren. Die durch diese Projekte erzeugten Gutschriften können sie wiederum zum Ausgleich ihrer eigenen Emissionen verwenden – etwa über Projekte von CO₂-absorbierenden Mangroven oder ähnlichem. Allerdings wird es auf die genauen Formulierungen der finalen Regeln ankommen. Denn der globale Emissionshandel ist alles andere als transparent: In der Vergangenheit sind immer wieder Firmen mit Betrügereien im Zusammenhang mit organisierten Zertifikatehandel aufgefallen.
4. Wie wird auf einer COP verhandelt?
Um handlungsfähig zu sein, verhandeln Untergruppen, die so genannten Blöcke, die zuerst versuchen, unter sich einen Kompromiss zu finden. Auch innerhalb dieser Blöcke kann in noch kleineren Gruppen verhandelt werden. Als entscheidend gelten die so genannten informal informals, bei denen sogenannte Schlüsselländer (Key Player) in Gruppen von rund zehn Personen einen Konsens erarbeiten. Haben sich die einzelnen Blöcke auf ihre Positionen geeinigt, werden diese in das gesamte Plenum getragen. Diese Blöcke haben sich aus gemeinsamen geografischen, wirtschaftlichen oder politischen Interessen gebildet. Zu den großen Blöcken zählen unter anderem die „G77 und China“, die „African Group of Negotiators“ (54 afrikanische Staaten), die EU, die sogenannte „Umbrella Group“ (unter anderem USA, Kanada, Japan, Australien, Ukraine und seit 2023 Großbritannien), die „Environmental Integrity Group“ (Schweiz und weitere unabhängige Staaten), oder die „Small Island Developing States“, die aus 40 Inselstaaten besteht und durch ihre geografischen Gegebenheiten besonders vom ansteigenden Meeresspiegel als Folge der Klimakrise betroffen sind. Neben diesen großen Blöcken gibt es auch eine Vielzahl kleinerer Gruppen und auch Länder, die eigenständig agieren. Die gemeinsame Entscheidungsfindung kann manchmal langwierig sein. Denn: Jeder Vertragsstaat hat eine Stimme und kann ein Veto einlegen. Entscheidungen werden einstimmig getroffen.
5. Lobbyinteressen, Konflikte und Kriege – beeinflusst das die Klima-Verhandlungen?
Sicher ist: Sowohl der ausrichtende Staat als auch das aktuelle internationale Umfeld macht die Klima-Verhandlungen nicht gerade einfacher. Aserbaidschan ist ein umstrittener Gastgeber, da das Land viel Öl und Gas produziert und 90 Prozent seiner Exporterlöse damit macht. Zivilgesellschaftliche Gruppen befürchten, dass fossile Interessen die Verhandlungen beeinflussen könnten.
Der neu gewählte Präsident der Vereinigten Staaten Donald Trump, bekannt als notorischer Klimaleugner, hat angekündigt, abermals aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszutreten, so wie schon in seiner ersten Amtszeit. Auf dem Klimagipfel in Baku wird zwar noch die vom amtierenden Präsidenten Joe Biden entsandte Delegation verhandeln – doch vor der Amtsübernahme von Trump im Januar kann diese kaum mehr seriöse Zusagen treffen.
Auch das Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition hat Folgen für die Verhandlungen in Baku. Deutschland, eine der führenden Industrienationen, galt auf den COPs der vergangenen Jahre stets als wichtiger Akteur in der Klimapolitik. Die innenpolitischen Unsicherheiten könnten die Verhandlungsposition nun schwächen. David Ryfisch von der Nichtregierungsorganisation Germanwatch beschreibt das Problem so: „Der Spielraum für konkrete deutsche Finanzzusagen für die nächsten Jahre wird in der aktuellen Konstellation wohl kleiner.“ Andererseits könnten in manchen Punkten Einigungen auch leichter werden, „da die ständige Blockade sinnvoller europäischer Verhandlungspositionen durch einen Bundesfinanzminister Christian Lindner wegfällt.“
6. Was sind die bisher wichtigsten Errungenschaften in der Geschichte der COP?
Anfang der 1990er Jahre sahen die Entscheider:innen staatenübergreifend dringenden Handlungsbedarf, gegen die sich zuspitzende Klimakrise aktiv zu werden. Das Rahmenübereinkommen UNFCCC von 1992 bildete die Basis für nachfolgende Klimaschutz-Verträge. Dazu gehört zum Beispiel das Kyoto Protokoll (1997) oder das Pariser Abkommen (2015).
7. Pariser Klimaschutzvertrag: Was ist der aktuelle Stand?
Das Pariser Klimaschutzabkommen ist die erste weltweite Vereinbarung zum Klimaschutz von 195 Vertragsparteien, darunter auch Deutschland und die Europäische Union. Sie einigten sich während der Weltklimakonferenz (COP21) am 12. Dezember 2015 in Paris darauf, ihren Treibhausgasausstoß zu verringern. Alle Vertragsparteien müssen nationale Klimaschutzpläne („Nationally determined contributions“, NDCs) erarbeiten und umsetzen. Das Übereinkommen von Paris trat im November 2016 in Kraft. Das grundlegende Ziel des Übereinkommens ist, die durchschnittliche Erderwärmung auf deutlich unter 2 Grad zu begrenzen und einen Anstieg von weniger als 1,5 Grad anzustreben. Allerdings reichen die bisherigen Zielsetzungen der Staaten nicht aus, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dazu kommt, dass die Staaten ihre selbstgesteckten Ziele im Moment verfehlen, sodass die Projektionen ohne drastische Maßnahmen derzeit einen Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um 3,1 Grad ausweisen. Selbst wenn alle aktuellen Klimapläne (NDCs) vollständig umgesetzt würden, läge die Erwärmung voraussichtlich immer noch bei 2,6 Grad bis 2,8 Grad, wie der jährliche Emissions Gap Report des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) hervorhebt. Diese Szenarien liegen weit über den Zielen des Pariser Abkommens und wären mit katastrophalen ökologischen und wirtschaftlichen Folgen verbunden.
8. Hat die Weltgemeinschaft die 1,5-Grad-Grenze verfehlt?
Das aktuelle Jahr wird laut des Erdbeobachtungsprogramms der EU Copernicus mit hoher Wahrscheinlichkeit das erste Jahr seit Aufzeichnungsbeginn werden, in dem es im Durchschnitt mehr als 1,5 Grad wärmer als im vorindustriellen Mittel war, also im Zeitraum zwischen den Jahren 1850 und 1900. Damit werde es auch das wärmste Jahr seit dem Start der Messungen. Dennoch gilt die Pariser 1,5-Grad-Grenze noch nicht als verfehlt, da hierfür längerfristige Durchschnittswerte bewertet werden.
9. Wie ist die Klimapolitik der EU zu bewerten?
Die EU und alle ihre Mitgliedstaaten haben das Übereinkommen von Paris unterzeichnet und ratifiziert. Dadurch sind die EU und ihre Länder rechtlich dazu verpflichtet, das darin definierte Ziel einzuhalten, die globalen Temperaturen innerhalb sicherer Grenzen zu halten. Zur Verwirklichung dieses Ziels hat die EU unter anderem den europäischen Green Deal auf den Weg gebracht, mit dem Maßnahmen und Vorschriften eingeführt werden, um Emissionen drastisch zu senken und die Wirtschaft umzugestalten. Das Ziel der EU lautet, bis 2050 klimaneutral zu werden. Allerdings sind vor der diesjährigen Europawahl wichtige Umwelt- und Klimagesetze, etwa zur Renaturierung, aufgeweicht worden. Auch scheiterte die EU-Kommission mit dem Ziel, den Einsatz von Pestiziden bis 2030 drastisch zu reduzieren.
10. Was passiert mit den Ergebnissen der Klimaschutzkonferenz?
Bei jeder COP werden Fortschritte überprüft und Maßnahmen besprochen, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen. Auf den COPs werden regelmäßig die nationalen Klimaziele (Nationally Determined Contributions, NDCs) überprüft. Die Staaten verpflichten sich, ihre NDCs alle fünf Jahre zu aktualisieren und ambitionierter zu gestalten. Diese Verpflichtungen werden im Rahmen der COPs besprochen, die Länder legen Rechenschaft über ihre Fortschritte ab.