Klima-Kolumne: Mangroven – die unterschätzten Klimaschützer
Mangroven binden CO₂, reinigen Wasser, schützen Küsten – doch sie sind bedroht. Eine neue Studie zeigt, warum sich ihre Wiederaufforstung lohnt und wie jeder Einzelne helfen kann, sie zu schützen. Eine Kolumne.
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Seit ich vor 12 Jahren zum ersten Mal in Thailand Mangroven gesehen habe, bin ich fasziniert von den Bäumen, die mit ihren stelzenartigen Wurzeln wie auf Zehenspitzen im Wasser zu stehen scheinen. Sie wachsen unter extremen Lebensbedingungen, die für andere Bäume tödlich wären: im Salzwasser, bei tropischer Hitze und bei regelmäßigen Überschwemmungen. Mangroven sind Überlebenskünstler.
Mangroven als Klimaschützer
Die meisten Mangroven wachsen in Asien, Afrika, Südamerika, Nord- und Zentralamerika sowie Ozeanien. Sie sind Teil der natürlichen Küstenvegetation und wahre Alleskönner: Mangroven reinigen das Wasser und erhalten so nahegelegene empfindliche Ökosysteme wie Korallenriffe. Sie spielen eine wichtige Rolle als Küstenschutz: Ein Streifen von nur 100 Metern kann laut WWF die Wellenhöhe um bis zu zwei Drittel senken. Als Kinderstube für Fische, Krebse und Garnelen bieten sie zudem Tausenden von Lebewesen eine Heimat. Für viele Küstenbewohner:innen bietet sich dadurch eine Lebensgrundlage, denn sie sammeln bei Ebbe Muscheln und Krabben oder fangen Fische im Schatten der Mangrovenwälder.
Die Bäume sind außerdem Klimaschützer. Durch Photosynthese binden sie große Mengen CO₂ aus der Atmosphäre und speichern diesen Kohlenstoff in ihrem Holz und den Böden – und zwar viel effizienter als die meisten anderen Bäume. Mangroven speichern bis zu viermal mehr Kohlenstoff pro Hektar als tropische Regenwälder. Dies macht sie zu unschätzbar wertvollen Verbündeten im Kampf gegen die Erderwärmung. Daher betont auch der IPCC-Bericht des Weltklimarats die Bedeutung der Mangroven.
Doch die Überlebenskünstler sind in Gefahr. Laut WWF wurden in den letzten Jahrzehnten bereits über 40 Prozent der weltweiten Mangroven-Bestände für Bau- und Brennholz abgeholzt. Sie weichen der Aquakultur, Landwirtschaft oder auch städtischen Projekten. Reisfelder und Soja- oder Palmölplantagen tragen erheblich dazu bei, besonders in Indonesien, dem Land mit den meisten Mangroven. Dazu kommen der steigende Tourismus, Müll und Schadstoffe, die das Wasser verschmutzen und die Mangroven zusätzlich belasten. Nicht zu vergessen: Extreme Wetterereignisse und die Erosion setzen den Wäldern stark zu. Wenn wir Menschen so weitermachen, verlieren wir eines der wichtigsten Ökosysteme der Erde.
Mangroven wiederaufzuforsten, lohnt sich
Aber wir können aktiv etwas dagegen tun - mit guten Erfolgsaussichten. Eine aktuelle Studie des Leibniz-Zentrums für Marine Tropenforschung (ZMT) zeigt, warum wir neue Mangroven anpflanzen sollten. Ein internationales Team von 24 Forschenden aus 12 Ländern hat dabei untersucht, ob angepflanzte Mangroven den Kohlenstoffbestand natürlich vorkommender Bäume erreichen können und wie lange dies dauert. Die Forschenden analysierten Datensätze aus vier Jahrzehnten und verglichen den Kohlenstoffbestand in der ober- und unterirdischen Biomasse (Wurzeln, Stämmen, Ästen und Blättern) sowie im Sediment von angepflanzten Mangroven mit den Werten in natürlichen Beständen.
Das Ergebnis der Studie: Es lohnt sich, Mangroven an tropischen Küsten anzupflanzen – sei es zur Renaturierung oder im Rahmen von Restaurierungskampagnen. „Angepflanzte Mangroven können innerhalb von 20 bis 40 Jahren drei Viertel des Kohlenstoffgehalts natürlicher Wälder erreichen und so einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten“, sagt Mitautor Tim Jennerjahn, Leiter der Arbeitsgruppe Ökologische Biogeochemie am ZMT.
Anpflanzung ist kein Ersatz für die Erhaltung intakter Bestände
Besonders gut klappt es, wenn man verschiedene Mangrovenarten mischt. Manche Arten wie die Rhizophora-Mangroven können nach rund 40 Jahren sogar mehr Kohlenstoff binden als natürliche Bestände. Die Forschungsergebnisse könnten sich positiv auf Bemühungen zur Wiederherstellung von Mangroven weltweit auswirken, schreiben die Forschenden. Sie betonen, dass der Erhalt und die Wiederaufforstung von Mangrovenwäldern für den Klimaschutz, den Küstenschutz und als Lebensraum für verschiedenste Arten enorm wichtig sind. Trotzdem bleibt das Pflanzen von Mangroven nur eine Ergänzung - es bietet keinen Ersatz für die noch intakten Mangrovenwälder.
Auf Garnelen verzichten, Palmöl meiden
Doch wir können auch im Alltag viel tun, um Mangroven zu schützen. Hilfreiche Tipps bietet zum Beispiel der Verein für Mangrovenschutz. Eine einfache Möglichkeit: weniger Garnelen und Shrimps essen. Denn laut WWF geht ein Drittel der Mangroven-Rodungen auf die Garnelenzucht zurück. Es gibt übrigens schon vegane Ersatzprodukte für Garnelen, die gar nicht mal so schlecht schmecken. Auch für Palmölplantagen werden Mangrovenwälder gerodet. Es lohnt sich also, generell ein kritischer Kunde zu sein, Produkte mit Palmöl zu meiden oder auf nachhaltig zertifiziertes Palmöl zu achten. Ein weiterer Punkt ist das Mangrovenholz. Es ist beliebt in der Aquaristik, wird aber auch in Grillkohle aus Übersee verarbeitet und in der Papierherstellung genutzt. Wenn wir den Kauf solcher Produkte vermeiden, reduzieren wir die Nachfrage nach Mangrovenholz und tragen zum Schutz dieser wertvollen Wälder bei.
Wer Mangroven aktiv unterstützen möchte, kann außerdem Organisationen fördern, die sich für deren Schutz einsetzen – durch Spenden, freiwillige Hilfe oder indem man das Wissen weitergibt. Schon ein bewusster Konsum von nachhaltig gefangenem Fisch und Meeresfrüchten kann einen Unterschied machen. Fest steht: Auch wenn die Mangrovenwälder weit von Deutschland entfernt wachsen, sollten wir diese wertvollen Ökosysteme wertschätzen. Sie sichern nicht nur die Lebensgrundlagen für die lokale Bevölkerung und bewahren die Artenvielfalt, sondern sind ein extrem effektiver Speicher von CO2 – und sind damit ein Klimaschützer für uns alle.
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