„Jeder Kohlmeisenpapa muss damit leben, dass er nicht mit allen Küken im Nest verwandt ist“

In seinem Buch „Das Liebesleben der Vögel“ führt Autor Ernst Paul Dörfler auch Laien auf unterhaltsame Weise in die Welt ornithologischer Beziehungskisten ein

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Bienenfresser sind sehr bunte, tropisch anmutende Vögel mit grell gelb-rot-blauem Gefieder. Neben einem kopulierenden Paar versucht ein dritter Vogel zu intervenieren.

Beim flötenden Werben von Vogelmännchen im Frühjahr und beim Anblick von Vogelpärchen, die später gemeinsam ein Nest bauen und sich um ihren Nachwuchs kümmern, werden manche Menschen neidisch: Treue und gegenseitige Fürsorge scheinen für diese Tiere ganz natürlich zu sein, ob es sich nun um Amseln, Schwäne oder Bussarde handelt. Was für ein Kontrast zu modernen Menschen mit ihren endlosen Variationen von Täuschung, Betrug und Trennung?

Wer an dieser romantischen Feststellung festhalten will, sollte einen weiten Bogen um „Das Liebesleben der Vögel“ machen, das neue Buch des Natur- und Vogelliebhabers Ernst Paul Dörfler. Zwar führt der Autor die Vogelwelt als deutlich paar- und familienorientierter ein als etwa Hirsche, Hasen oder Mäuse, bei denen es mit Beziehungen nach schnellem Sex gleich wieder vorbei sei. Vögel hätten sich „so eindeutig wie keine zweite Tierklasse für Partnerschaften zum Nutzen für die ganze Familie“ entschieden, säuselt Dörfler in der Einleitung, nur um das Stereotyp gleich mit einem Beispiel selbst zu konterkarieren: „Jeder Kohlmeisenpapa muss damit leben, dass er nicht mit allen Küken im Nest verwandt ist.“

Die Weibchen schauen genau hin

So beginnt ein ganzes Buch, das mit der menschlichen Sehnsucht nach Treue und Beständigkeit spielt, indem es zuerst darlegt, warum „Menschen den Vögeln viel näher stehen, als wir bislang glaubten“ – nur um den Wunsch, in der Natur ein Vor- oder gar Idealbild für treue menschliche Liebe zu finden, dann Vogelart für Vogelart als weitgehend unnatürlich zu entblößen.

Dörfler, Jahrgang 1950, ist zuerst als Mitglied der Umweltbewegung in der DDR bekannt geworden und später als einfühlsamer Naturautor. Er verwertet im Buch zahlreiche wissenschaftliche Studien, bietet seinen Stoff aber ohne Fachbegriffe in einem plaudernden Schreibstil, der Tierisches durchaus vermenschlicht und manche komplexe Datenlage vereinfacht. Dazu steht der Autor im Dienst der Verständlichkeit. Es gelingt ihm, Wissen eingängig zu bieten, unterhaltsam zu sein und obendrein allerlei smalltalktaugliche Anekdoten aufzutischen.