Mehr als 60 deutsche Hochschulen verlassen Musks Plattform „X“ in konzertierter Aktion

„Nicht mit den Werten Weltoffenheit, wissenschaftliche Integrität, Transparenz und demokratischer Diskurs“ zu vereinbaren. Aktionsbündnis plädiert für Mastodon und das Fediverse als neue Basis der Wissenschaftskommunikation

6 Minuten
Schwarz-Weiß-Bild von Musk mit Display eines Smartphones, auf dem X steht.

Zahlreiche deutschsprachige Hochschulen haben in einer konzertierten Aktion bekanntgegeben, dass sie in ihrer Kommunikationsarbeit die Social-Media-Plattform „X“ nicht länger nutzen und ihre Konten dort aufgeben werden. In einer gemeinsamen Mitteilung schreiben die mehr als 60 Hochschulen, der Rückzug sei „Folge der fehlenden Vereinbarkeit der aktuellen Ausrichtung der Plattform mit den Grundwerten der beteiligten Institutionen: Weltoffenheit, wissenschaftliche Integrität, Transparenz und demokratischer Diskurs.“

Die Hochschulen berichten, dass sich die Plattform X unter ihrem Eigentümer Elon Musk im Vergleich zum früheren Twitter grundsätzlich verändert habe. Die Algorithmen seien darauf programmiert, rechtspopulistische Inhalte zu verbreiten, während die sogenannte „organische Reichweite“ für die Wissenschaftskommunikation eingeschränkt werde. Unter organischer Reichweite versteht man die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer, die ein Social-Media-Beitrag von selbst erreicht, ohne dass der Kontoinhaber für einen Boost bezahlt.

„CEO will Rechtsextreme an die Macht bringen“

Der Austritt der Institutionen unterstreiche ihren Einsatz für eine faktenbasierte Kommunikation und gegen antidemokratische Kräfte, heißt es in der Mitteilung: „Die Werte, die Vielfalt, Freiheit und Wissenschaft fördern, sind auf der Plattform nicht mehr gegeben.“ Einer der Initiatoren des koordinierten Ausstiegs, Achim Zolke, der Kommunikationschef der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, erklärte: „Die Anbindung (Anm.: der deutschen Wissenschaft) an eine Plattform, deren CEO Rechtsextreme in unsere Parlamente beziehungsweise an die Macht bringen will und das Nazi-Regime relativiert, ist mit Demokratie und Faktenorientierung völlig unvereinbar. Wir konzentrieren uns auf Plattformen, die faire Bedingungen für Wissenschaftskommunikation bieten.“

Die Nachricht vom Ausstieg der Hochschulen fiel zeitlich mit einem Gespräch zusammen, das Musk mit der AfD-Vorsitzenden und Kanzlerkandidatin Alice Weidel führte. Darin konnte diese unwidersprochen behaupten, Adolf Hitler sei ein Kommunist gewesen und an deutschen Schulen und Universitäten würden ausschließlich „Gender Studies“ unterrichtet, also die kritische Auseinandersetzung mit kulturellen Geschlechterbildern. Musk hatte zuvor die britische und die deutsche Regierung massiv beschimpft und zur Wahl der beiden rechtspopulistischen Parteien AfD und Reform UK aufgerufen.

Zahlreiche große Hochschulen verlassen die Plattform

Die direkte Kommunikation von Hochschulen und Forschungseinrichtungen sowie von einzelnen Forschenden ist in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Richtete sie sich früher fast ausschließlich an Journalistinnen und Journalisten, um Neuigkeiten an die Öffentlichkeit zu bringen, so nutzte die Wissenschaft schnell die Möglichkeiten direkter Kommunikation über Social Media.

Zu den Hochschulen, die nun den sogenannten „eXit“ vollziehen, gehören die Bauhaus-Universität Weimar, die FU Berlin, die Hochschule München, die Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, die Technische Universität Dresden und die RWTH Aachen.

Sie haben Feedback? Schreiben Sie uns an info@riffreporter.de!